von Colin Ernst
Hier ein wenig weitere Gedanken zum Thema
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Nach der Bekanntgabe der Startoreros Morante de la Puebla, El Juli, Manzanares, Perera und Talavante, dass sie nicht in Sevilla auftreten, solange der Betreiber Pages, die Real Maestranza managet, fragt man sich vielleicht, welche Bedeutung hat die An und Abwesenheit einer „figura“ für eine plaza? Und welche Bedeutung hat eine plaza für einen torero?
Bei meinen Gesprächen mit novilleros konnte ich feststellen, das sich viele eine alternativa in der Real Maestranza de Sevilla wünschen. Und wenn ich mich nicht täusche, gab es 2013 keine alternativa dort und Pages hat auch keine für 2014 vorgesehen.
Soweit so schlecht für den Toreronachwuchs. Eine alternativa in einer plaza der ersten Kategorie ist für eine Karriere wichtig, das liest sich anders als eine alternativa in Kleinkleckersdorf. Auch sind die ersten plazas für die novilleros generell wichtig, aber diese reduzieren ihre novilladas auf ein Minimum. Auch für die „ausgelernten toreros“ sind die führenden plazas der ersten und zweiten Kategorie ein wichtiger Faktor. Nicht nur finanziell, sondern allein die Präsens in einer großen Arena, einer großen Feria in einer großen Stadt, ist beinahe existenziell wichtig. Der Name auf dem cartel, mit anderen figuras, trägt zur Bekanntheit bei und somit kann man mehr Fans bekommen. Wäre ein Manzanares bisher nur in dritt und viertklassigen plazas aufgetreten, würde, bei aller Kunst, kaum ein Hahn nach ihm krähen (von seinem berühmten Namen mal abgesehen). Hat man es, auf Grund eines guten apoderados und genügend Geld im Rücken geschafft, regelmäßig auf den carteles der ferias wie Pamplona, Madrid, Sevilla etc. zu stehen, läuft alles wesentlich besser, man ist bekannt, die aficionados wollen einen sehen. Stellen sich nun, diese Startoreros quer, aus welchem Grunde auch immer, ist das eine großartige Chance für die nachrückenden Talente. Wie sieht es der empresario? Gibt er viel Geld aus, für drei bis vier corridas mit den Stars, kann er die Arena füllen. Ob dies gelingt, wenn er auf die weniger bekannten toreros zurückgreift, die nur auf eine oportunidad warten? Am Ende entscheidet der aficionado!
Für ihn reist die afición sehr weit, der matador de toros José Tomás (Foto: mundotoro) |
Und wie sieht der die Sache? Mit einigen habe ich gesprochen und auch hier ist es eine Frage des Preises und der Sichtweise. Eine „Dauerkarte“ ein abono für eine feria kostet oft mehr als einen Durchschnittslohn. Dafür erwartet der aficionado Qualität. Was die toros angeht und die toreros. Wenn eine feria drei corridas de toros, eine novillada picada und eine corrida de rejones anbietet, ist das recht schön. Wenn alle drei corridas de toros mit kleinen ganaderías und unbekannten toreros besetzt sind, ist das schlecht. Dafür kauft man keine Dauerkarte. Ist natürlich ein Morante angesagt, nimmt man alles andere lächelnd in Kauf. Mit einer figura tritt auch meist eine gehobene ganaderías auf den Plan, ein Grund mehr, hin zu gehen. Als torista gehe ich am liebsten zu corridas, wo ich Stiere finde wie die Santa Colomas, Miuras, Albaserradas und Saltillos. Da ist es mir sogar egal wer dann im ruedo steht. Als Morantista lockt mich keiner mit einem abono, wo nicht wenigstens eine figura mit einer namhaften ganadería zu finden ist. Viele aficionados können sich nur eine Eintrittskarte leisten, die für den Auftritt der Startoreros ist meist die teuerste. Also schaut man sich die novillada an, zum halben Preis. Die professionellen aficionados, gut situiert, die ihren toreros um den halben Erdball nachreisen, sind eine Seltenheit, aber für einen José Tomás fliegen viele mal eben nach Málaga, Nîmes oder Valencia. Selbst wenn man innerhalb Spaniens anreist, kostet der Spass noch genug Geld: Anreise, Hotel, Eintritt, Essen, da gehen mal schnell 300.-€ und mehr drauf, die keiner zahlt um einen Nobody zu sehen. In der Weigerung der Stars, in Sevilla aufzutreten, liegt ein klarer Vorteil, für andere plazas, die nicht in der ersten Reihe stehen… Bei gutem Management könnten sie ihre Arenen füllen und vielleicht zwei, anstatt nur ein festejo veranstalten. Die plazas wie Sevilla, bei einer 1/3 Besetzung der tendidos, hätte dann das Nachsehen. Einen Spruch, den ich derzeit oft höre ist: Die fiesta brava braucht keine antitaurinos, die Gegener sitzen in den eigenen Reihen, sie richten die fiesta ganz von alleine zu Grunde“ – da steckt ein großes Körnchen Wahrheit drin …