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von Colin Ernst
(Fotos: La Tauromaquia, mundotoro, SfA)
Benachteiligt von den Vorlieben der toreros und empresarios, sind die ganaderías, deren Zucht man als die encastes duras bezeichnet. Der Begriff duro, bedeutet: hart, zäh, schwierig, widerstandsfähig und trifft den Nagel auf den Kopf. Denn genau dass sind die Stiere dieser ganaderías und das macht sie für einige toreros zu unbequem und auch so mancher aficionado kann wenig mit ihnen anfangen, denn beide verstehen diesen toro nicht. Die beiden wohl bekanntesten ganaderías die harte, zähe Stiere züchten sind die Miuras von Don Eduardo und die Victorinos von Victorino Martin.
Ein toro der Zucht Miura |
Um dieses zu verstehen, muss man etwas in der Zeit zurückgehen, zu den Anfängen der gezielten Zucht und den corridas der Vergangenheit. Damals war das Zuchtziel ein Tier, welches in einer corrida bis zu vierzig Pferde tötete. Desto mehr tote Pferde, desto besser die corrida. Heute nicht mehr vorstellbar, Gott sei es gedankt. Damals züchtete man also mit Schwerpunkt, unter anderem, auf Angriffslust, Stärke, Schnelligkeit, beim Angriff auf das Pferd. Mit Beginn der Epoche des Stierkampfes zu Fuss, änderte sich das Zuchtziel allmählich. Nun wurden ganz andere Dinge von einem Tier gefordert, welches in seiner Essence dazu gezüchtet wurde, um auf Pferde loszugehen und die Lanzenstiche der Reiter auszuhalten. Nun sollte es nicht nur auf das Pferd sondern auch noch auf ein Tuch reagieren. Nun schieden sich die Geister der Züchter. Die einen begannen mit der so genannten kommerziellen Zucht, die anderen behielten die alten Blutlinien und suchten ihren Weg über die Selektion. Es entwickelte sich ein breites Band an ganaderías und deren Zuchtversuchen, auf der Suche nach dem idealen Stier. Einige hatten Erfolg mit ihren Kreuzungen, andere verschwanden vollkommen. Das gleiche passierte bei den alten, traditionellen ganaderías, hatten sie falsch selektiert, drohte auch ihnen das Aus. Und so ist es bis heute geblieben.
Wo also liegt der Unterschied, zwischen den “duras“ und den Kommerziellen? Die duras sind die, aus Jahrhunderten langer Selektion einer Zuchtlinie, welche durch Auslese den Weg zum modernen Stierkampf gefunden hat. Und besonders diese Exemplare, haben auch viel von dem charakteristischen comportamiento ihrer Ahnen behalten. Grade die Miuras und die Victorinos sind im ersten tercio, am Pferd, meist aussergewöhnlich kraftvoll und tapfer. Dafür hat man schon mit der capa oft Probleme, den Stier zu zitieren, zu leiten und zu parieren. Wachsamkeit, Intelligenz, die diese encastes im Blut haben, lässt sie nicht so einfach blind drauf los stürmen. Auch zeigen sie ihre Absichten nicht besonders klar an, so das mancher torero böse überrascht wurde. Für das ungeübte Auge sieht dies oft so aus, als würde der Stier nicht angreifen. Aber dieser toro überlegt. Warum soll er sein Opfer, (das Pferd), aus den Augen lassen und auf weit entfernte Gegenstände losgehen, die „noch“ keine Bedrohung darstellen? Hat er sich dann entschieden, einem dieser Gegenstände (torero mit capa), den Garaus zu machen, hat er seine eigene Art, dies zu tun. Mitunter muss man sehr nah an den Stier heran, damit er reagiert. Oftmals reagiert er dann so schnell, das die Arbeit mit der capa nicht besonders schön aussieht. Für media veronicas oder chicuelinas bleibt keine Zeit. Dieser Stier lernt schnell, für viele toreros zu schnell. Der Instinkt der encastes duras ist ausgeprägt, schnell haben sie herausgefunden, wo ihr eigentlicher Feind steht. Und dann suchen sie ihn, den torero. Die Handhabung der capa oder der muleta verlangt in diesem Fall eine besondere Kunst. Dieser Stier muss anders gelenkt werden, als ein herkömmlicher toro. Das rote Tuch sollte am besten das ganze Gesichtsfeld bedecken. Die Linien, in dem man diesen Stier zitiert sind eher lang und grade, als rund, den jede Wendung bringt den torero in Lebensgefahr. Denn er ist schnell, wendig und sobald die muleta im Moment der Wendung von seinem Gesicht genommen wird, hat er seinen Gegner da hinter erspäht. Und sein schnelles Reagieren, hat schon viele Menschenleben gefordert. Berühmtes Beispiel, der matador de toros Manolete, wurde 1947 in Linares von Islero, einem Miura getötet.
Der matador de toros Manolete wird 1947 von einem Miura getötet |
Diese encastes duras, jede hat ihre Eigenarten, wie alle ganaderías, aber sie sind nicht leicht zu berechnen, nicht leicht zu nehmen und auch nicht leicht zu töten. Ihre Ahnen waren harte Kämpfer und sie sind es ebenso. Sticht der Degen nicht hundertprozentig dort wo er den unmittelbaren Tod bringt, kämpft dieses tapfere Tier weiter. Wo andere sich an die tablas zurückziehen und aufgeben, fällt die alte Rasse nicht, sie kämpft buchstäblich bis zum letzten Moment. Das ist oft nicht schön anzusehen. Daher ist es auch nicht einfach, selbst wenn man mit den „duras“ bestanden hat, Trophäen zu bekommen. Das Pferd hat der Stier fast zu Fall gebracht, wiederwillig, so scheint es, folgt er der capa, Die banderilleros setzten ihre Stäbe schlecht und hektisch, und der muleta folgte er auch nicht. Heftige Kurzangriffe auf den torero und wenig zu sehen von schönen pases…, denkt so mancher. Bei der estocada steht er nicht unbedingt demütig still und so misslang auch diese im ersten Anlauf. Und dann will er nicht fallen…, manch einer in den tendidos sieht es so. Der torero, hat in diesem Fall, den toro nicht verstanden. Denn diese Rassen, werden, mit herkömmlichem toreo nicht zum Ruhm verhelfen. Da braucht es toreros, die sich einbringen, auf die Eigenarten einlassen und sie zu nutzen wissen. Dann sieht die corrida ganz anders aus. Der Stier hat zweimal die vara empfangen, man belästigt ihn nicht gross mit der capa und wenn, legt man sie ihm quasi vor die Füße. Die banderillas setzt der maestro schon mal selbst, weil er weiss wie er sich ihnen nähert (z.B Padilla, Ferrera, Espla).
Wenn die maestros die banderillas selbst setzen: Padilla, Ferrera und Espla. |
Im letzten tercio gelingt es den maestros, den Stier vorzuführen, wie es im Buche steht, parar, templar, mandar. Aber wie? Mit ihrer Erfahrung, ihrem Einfühlungsvermögen und ihrem Mut. Die muleta beständig vor den Augen des Stieres, die Wendungen sorgfältig abgestimmt auf die Bewegung und den Rhythmus des Tieres, vorausschauend von einem muletazo zum übernächsten. Das erfordert vor allem ein Hineindenken in dieses besondere Exemplar. Voraussehen, wie lange es dauert, bis der Stier auch den maestro durchschaut hat. Nun kommt die Kunst des Stierkampfes zum Tragen. Ein sabio, wie Ponce, El Cid, ja auch Morante, erkennten diesen Moment und halten ihn aus. Diesen Moment, wo das Horn des Stieres nach innen stößt, in Richtung des toreros. Nun wissen sie, das es Zeit wird, den Degen zu holen, es bleiben nicht viele pases, muletazos, bis der Stier sein Ziel endgültig festlegt und direkt angreift. Nun ist es wieder die Kunst des toreo, welches uns noch ein paar letzte, sorgfältigste ausgeführte Bewegungen mit der muleta zeigt, bist der torero den toro aufstellt. All dies muss mit Ruhe und Selbstsicherheit ausgeführt werden, denn das Tier riecht Angst und Nervosität, reagiert dem entsprechend. Nun ist Sicherheit in der Ausführung der estocada gefragt, und das möglichst schnell, denn ein duro, wartet nicht lange. Am Ende hat der Zuschauer eine wirklich spannende, emotionelle corrida gesehen, welche sich nicht mit einer sogenannten kommerziellen vergleichen lässt. Diese corridas sind etwas Besonderes, aber eben auch duro, für den Stierkämpfer und auch für das Publikum.
Als encastes duras sind zum Beispiel diese ganaderías bekannt: Miura, Victorino, José Escolar, Adolfo Martin, Ana Romero, Prieto de la Cal und Samuel Flores. Mit vielen dieser ganaderías und encastes haben toreros mit Rang und Namen, triumphiert. Manolete, Joselito, Belmonte, Ponce, Padilla, Ruiz Miguel, letzterer ist ein Spezialist, genau wie heute Ferrera und Castaño, die sich ihren Weg nach oben, über die corridas duras suchen.