von Philip de Málaga
Korida: Der Dokumentarfilm von Siniša Vidović
Ein Stierkampf für den Frieden?
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Über den Stierkampf in Bosnien Herzegowina hatte SfA schon im August letzten Jahres berichtet. Nun gibt es über dieses doch besondere Ereignis der Stiere einen Dokumentationsfilm, der in der letzten Woche offiziell vorgestellt worden ist.
Pressemitteilung
Korida begleitet mehrere Protagonisten auf ihrer bewegenden Reise durch die Welt der bisher kaum filmisch festgehaltenen bosnischen Stierkämpfe, der Koridas. Der Dokumentarfilm nähert sich dem Phänomen Korida und eröffnet uns neue Blickwinkel auf fremde Strukturen und althergebrachte Vorstellungen.
Was macht sie so anziehend, dass sie eine derartige Faszination auslösen? Warum vergessen gerade hier die drei ehemals Krieg führenden jugoslawischen Ethnien ihre Differenzen und lassen stattdessen die Stiere kämpfen? Stimmt es, dass Koridas dem bosnischen Volk mehr Frieden gebracht haben als die Europäische Union?
Korida widmet sich der weitgehend unbekannten aber jahrhundertalten Tradition des bosnisch-herzegowischen Stierkampfes und seiner völkerverbindenden Wirkung.
Die Hauptprotagonisten sind nicht die kämpfenden Stiere selber, sondern die Menschen, die hinter ihnen stehen sowie ihre Gesellschaft. Eine Gesellschaft, die sich im Wandel befindet und mit ihrer Vergangenheit und um einen positiven Blick in die Zukunft.
Die Welt der Stierkämpfe des bosnischen Hinterlandes bietet auf Grund seiner gesellschaftspolitischen Brisanz und der immens spannenden und bisher nie portraitierten Charaktere die Möglichkeit einen ungeschönten Blick auf ein Land zu werfen, das sich auch nach über zwei Jahrzehnten noch nicht von den Auswirkungen des Krieges erholt hat. Alte Wunden bluten immer noch unter der Oberfläche und Politiker unterschiedlichster Parteien führen Stellvertreterkriege auf dem Rücken der Bevölkerung.
Eine Bevölkerung, die wie so oft im friedlichen Miteinander schon viel weiter ist, als viele Politiker wahrhaben wollen. Der Film zeigt zudem die universelle Verbundenheit von Mensch und Natur und der kathartischen Wirkung dieser Verbindung. Korida ist ein Dokumentarfilm von archaischer Poesie, ein Film über das ewige Wechselspiel zwischen Mensch und Natur, Jung und Alt und der der Vergangenheit, die in der Zukunft sichtbar wird.
Der Regisseur Siniša Vidović über seinen Film
"Wer sind die Menschen, die in diesem Kosmos leben? Und warum scheint es einer der wenigen Massenevents der Region zu sein, bei dem es keine ethnischen Konflikte gibt? Diese Fragen beschäftigten mich und führten mich zu einer mehrjährigen Reise, die nun in diesem Dokumentarfilm mündet.
Der Zuschauer bekommt nicht nur einen Einblick in das ihm weitgehend unbekannte bosnische Stierkampf-Milieu, sondern auch in die Menschen und ihre Konflikte. Die Protagonisten sprechen oft darüber, dass trotz des Krieges zwischen den Ethnien aktuell keine Probleme vorherrschen, zumindest nicht in der ländlichen Welt der Koridas. Zugleich zeigt der Film jedoch, wie eine der wichtigsten Koridas des Jahres auf Grund eines ethnischen Konflikts nicht stattfinden kann. Dieser Bruch zwischen den Behauptungen der Protagonisten und der harten hier dokumentierten Realität erlaubte mir einen einen Blick jenseits der Welt der Koridas: Er gab mir einen neuen Blick auf die fragilen, zwischenmenschlichen Beziehungen einer krisengeprägten Nachkriegsgesellschaft. Und diesen Blick möchte ich nun mit dem Kinopublikum teilen und diskutieren."