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von Philip de Málaga
Man stösst beim Umgang mit sensiblen, sprich schwierigen Themen nicht selten auf angebliche Sachverhalte, auf diverse Beschreibungen oder irgendwelche statistischen Erfassungen, durch die das Phänomen weder erklärt noch gelöst werden konnte. So haben wir schon zu Beginn des letzten Jahrhunderts lesen können:
Und um jenen Niederfall in die Quantität bewerten, gar verhindern zu können benötigen wir sie: die Zahlen. Bereits der griechische Philosoph Phytagoras erkannte, dass die Zahl das Wesen aller Dinge sei. Aber die Bewertung liegt nun mal bei den Menschen selbst. Eine rein subjektive Entscheidung. Es ist wie mit dem halb vollen Wasserglas. Freuen wir uns über den Inhalt, kritisieren wir den fehlenden Teil oder stellen wir lieber trocken fest, dass das Glas einfach nur doppelt so gross ist?
Bei der taurinischen Betrachtungsweise wird besonders flexibel mit der Analyse von Zahlen umgegangen. Ob antitaurinos oder die aficionados, jeder versucht allein schon mit irgendeinem Kontingent an Ziffern seine Existenz zu rechtfertigen, bzw die der Gegenseite zu schwächen. Objektivität scheint dabei alles andere als angesagt zu sein. Und trotzdem gibt es sie, auch in der tauromaquia, die Zahlen, die Daten und die Fakten:
2006, das grosse Jahr der toros
Gehen wir zurück in das Jahr 2006. Ein Jahr der taurinischen Rekorde. Es gab so viele corridas wie noch nie. Ein schlagkräftiges Argument für die mundo de los toros. Doch die wahre afición begutachtete diese Entwicklung ziemlich differenziert. Beim deutschen Portal La Tauromaquia konnte man nachlesen dass hier die Quantität über die Qualität siege und die ganderías schon lange nicht mehr mit der Zucht von geeigneten toros nachkommen würden. Eine traurige und vor allem wahre Erkenntnis.
Noch im selben Jahr erschien die legendäre Gallup-Umfrage. Bei dieser gaben 26,7 Prozent an, sich für die tauromaquia zu interessieren. Und schon konnte man in zahlreichen nicht-spanischen Medien und Tierschutzportalen lesen, dass 72,1 Prozent den Stierkampf ablehnen. Dabei ist dieses nirgends so festgehalten. Der richtige Wortlaut wäre gewesen, 72,1 Prozent interessieren sich nicht für die toros. Wohlgemerkt, fordern keine abolición, sondern der Stierkampf erregt bei ihnen einfach nur keine Aufmerksamkeit. Dagegen stehen 12 Millionen Spanier hinter ihrer afición. Diese Erkenntnis wurde in den ausländischen Medien nicht einmal erwähnt, geradezu totgeschwiegen.
Hinzu kam das Fernsehen
Viel magischer aus dieser Zeit war die Zahl der 218 Liveübertragungen von corridas im spanischen Fernsehen. Im Sommer 2006 gab es toros fast täglich im spanischen TV live zu sehen. Dann meldeten sich die Sozialisten unter Zapatero zu Wort und unternahem alles um die Stierkämpfe erst einmal im staatlichen Fernsehen zu verbieten. Mit Erfolg.
Und nun nach sechs Jahren kamen sie wieder auf den Bildschirm. Am 5. September 2012 verfolgten 1.154.000 Zuschauer die corrida de toros in Valladolid. Sind das nun viele oder nur wenige? Immerhin eine Einschaltquote von 12,7 Prozent. Für antitaurinos eine geradezu lächerliche Zahl. Aber im Vergleich zu den Vorabenden waren es zu dieser Stunde ganze 43 Prozent mehr Zuschauer!
Katalonien, jene Region die sich gegen alles Spanische zu wehren versucht, wollte die Ausstrahlung der Liveübertragung in Catalunya verhindern. Vergebens, und schliesslich kamen immerhin 126.000 aficionados und andere Interessierte in den Genuss der taurinischen Übertragung von katalanischem Boden aus.
Dann kam Europa
Schliesslich versuchten, Anfang 2007, Abgeordnete des Europäischen Parlamentes ein europaweites Verbot von Stierkämpfen zu bewirken. Doch die Schriftliche Erklärung wurde zu 73 Prozent abgelehnt. Viel erstaunlicher dabei war die Erkenntnis, dass von den 74 Abgeordneten, die sich mit Agrar- und Tierangelegenheiten auseinandersetzten nur 53 Prozent den Antrag unterstützten. Mit anderen Worten, 47 Prozent der Tierschützer waren gegen ein Verbot von Stierkämpfen! Keine andere Statistik zeigt deutlicher auf, dass selbst im Lager der Tierschützer das Thema der tauromaquia vollkommen differenziert betrachtet wird. Das Wasserglas ist eben nur halbvoll oder halbleer.
Aber zu Hemingways Zeiten war alles anders ...
El mundo de los toros kam vor allem durch die Bücher Fiesta (1926) und Tod am Nachmittag (1932) von Ernest Hemingway zu weltweiter Popularität. Zu jener Zeit also, wo nach allgemeinem Verständnis die tauromaquia im spanischen Leben integriert war wie noch nie. Ein Blick auf die Zahlen konfrontiert den verblüfften Leser mit der Erkenntnis, dass es damals eigentlich doch recht wenige corridas de toros gab.
Die Zahl der Veranstaltungen, als Hemingway Spanien bereiste und seine taurinischen Werke niederschrieb, betrug an die 250 corridas de toros, mit sinkender Tendenz. Mitte Ende der dreissiger Jahre sank, vor allem wegen den politischen Unruhen die Zahl sogar auf 68 festejos. In dem schon oben genannten Jahr 2006 waren es 1.010 corridas de toros. Und selbst jetzt in Zeiten der Krise pendelt sich die Zahl bei 700 ein.
Und sie ist es doch, eine Kultur
Auch wenn antitaurinos andere Meinungen vertreten, die tauromaquia ist nun mal Teil der spanischen Kultur. Und ohne Frage, im Anspruch auf einem höheren Niveau angesiedelt als andere Veranstaltungen. Man geht nicht eben mal zu einer corrida de toros und versteht sofort um was hier eigentlich geschieht. Es ist hier nicht wie beim Fussball, wer Tore schiesst gewinnt. Nein, der Weg zum Tod des Stieres, der in einer plaza de toros vollführt wird, unterliegt Regeln und Gesetzen, begleitet von Emotionen und Passionen. Mit Mut, Einfühlungsvermögen und mit Eleganz vollführen die toreros ihre Arbeit.
Um unter anderem dieses zu erkennen verlangt es eine Erkenntnisfähigkeit, einen taurinischen Sinn, ein Feingefühl für diese naturalistische Begegnung zwischen Mensch und Tier. Und so erhebt sich die tauromaquia in den Kreis der sublimen Kulturgüter.
Dementsprechend finden sich die toros auch in den Statistiken der kulturellen Veranstaltungen des spanischen Ministeriums für Kultur wieder:
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"Der sicherste Maßstab der Kultur eines Menschen
ist ihr Sinn für Wertunterschiede,
ihr Sinn für Formen und die Verachtung der Mengen."
Graf zu Coudenhove-Kalergi
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Und um jenen Niederfall in die Quantität bewerten, gar verhindern zu können benötigen wir sie: die Zahlen. Bereits der griechische Philosoph Phytagoras erkannte, dass die Zahl das Wesen aller Dinge sei. Aber die Bewertung liegt nun mal bei den Menschen selbst. Eine rein subjektive Entscheidung. Es ist wie mit dem halb vollen Wasserglas. Freuen wir uns über den Inhalt, kritisieren wir den fehlenden Teil oder stellen wir lieber trocken fest, dass das Glas einfach nur doppelt so gross ist?
Bei der taurinischen Betrachtungsweise wird besonders flexibel mit der Analyse von Zahlen umgegangen. Ob antitaurinos oder die aficionados, jeder versucht allein schon mit irgendeinem Kontingent an Ziffern seine Existenz zu rechtfertigen, bzw die der Gegenseite zu schwächen. Objektivität scheint dabei alles andere als angesagt zu sein. Und trotzdem gibt es sie, auch in der tauromaquia, die Zahlen, die Daten und die Fakten:
2006, das grosse Jahr der toros
Gehen wir zurück in das Jahr 2006. Ein Jahr der taurinischen Rekorde. Es gab so viele corridas wie noch nie. Ein schlagkräftiges Argument für die mundo de los toros. Doch die wahre afición begutachtete diese Entwicklung ziemlich differenziert. Beim deutschen Portal La Tauromaquia konnte man nachlesen dass hier die Quantität über die Qualität siege und die ganderías schon lange nicht mehr mit der Zucht von geeigneten toros nachkommen würden. Eine traurige und vor allem wahre Erkenntnis.
Noch im selben Jahr erschien die legendäre Gallup-Umfrage. Bei dieser gaben 26,7 Prozent an, sich für die tauromaquia zu interessieren. Und schon konnte man in zahlreichen nicht-spanischen Medien und Tierschutzportalen lesen, dass 72,1 Prozent den Stierkampf ablehnen. Dabei ist dieses nirgends so festgehalten. Der richtige Wortlaut wäre gewesen, 72,1 Prozent interessieren sich nicht für die toros. Wohlgemerkt, fordern keine abolición, sondern der Stierkampf erregt bei ihnen einfach nur keine Aufmerksamkeit. Dagegen stehen 12 Millionen Spanier hinter ihrer afición. Diese Erkenntnis wurde in den ausländischen Medien nicht einmal erwähnt, geradezu totgeschwiegen.
Hinzu kam das Fernsehen
Viel magischer aus dieser Zeit war die Zahl der 218 Liveübertragungen von corridas im spanischen Fernsehen. Im Sommer 2006 gab es toros fast täglich im spanischen TV live zu sehen. Dann meldeten sich die Sozialisten unter Zapatero zu Wort und unternahem alles um die Stierkämpfe erst einmal im staatlichen Fernsehen zu verbieten. Mit Erfolg.
Und nun nach sechs Jahren kamen sie wieder auf den Bildschirm. Am 5. September 2012 verfolgten 1.154.000 Zuschauer die corrida de toros in Valladolid. Sind das nun viele oder nur wenige? Immerhin eine Einschaltquote von 12,7 Prozent. Für antitaurinos eine geradezu lächerliche Zahl. Aber im Vergleich zu den Vorabenden waren es zu dieser Stunde ganze 43 Prozent mehr Zuschauer!
Katalonien, jene Region die sich gegen alles Spanische zu wehren versucht, wollte die Ausstrahlung der Liveübertragung in Catalunya verhindern. Vergebens, und schliesslich kamen immerhin 126.000 aficionados und andere Interessierte in den Genuss der taurinischen Übertragung von katalanischem Boden aus.
Dann kam Europa
Schliesslich versuchten, Anfang 2007, Abgeordnete des Europäischen Parlamentes ein europaweites Verbot von Stierkämpfen zu bewirken. Doch die Schriftliche Erklärung wurde zu 73 Prozent abgelehnt. Viel erstaunlicher dabei war die Erkenntnis, dass von den 74 Abgeordneten, die sich mit Agrar- und Tierangelegenheiten auseinandersetzten nur 53 Prozent den Antrag unterstützten. Mit anderen Worten, 47 Prozent der Tierschützer waren gegen ein Verbot von Stierkämpfen! Keine andere Statistik zeigt deutlicher auf, dass selbst im Lager der Tierschützer das Thema der tauromaquia vollkommen differenziert betrachtet wird. Das Wasserglas ist eben nur halbvoll oder halbleer.
Aber zu Hemingways Zeiten war alles anders ...
El mundo de los toros kam vor allem durch die Bücher Fiesta (1926) und Tod am Nachmittag (1932) von Ernest Hemingway zu weltweiter Popularität. Zu jener Zeit also, wo nach allgemeinem Verständnis die tauromaquia im spanischen Leben integriert war wie noch nie. Ein Blick auf die Zahlen konfrontiert den verblüfften Leser mit der Erkenntnis, dass es damals eigentlich doch recht wenige corridas de toros gab.
Entwicklung der corrida de toros im letzten Jahrhundert |
Die Zahl der Veranstaltungen, als Hemingway Spanien bereiste und seine taurinischen Werke niederschrieb, betrug an die 250 corridas de toros, mit sinkender Tendenz. Mitte Ende der dreissiger Jahre sank, vor allem wegen den politischen Unruhen die Zahl sogar auf 68 festejos. In dem schon oben genannten Jahr 2006 waren es 1.010 corridas de toros. Und selbst jetzt in Zeiten der Krise pendelt sich die Zahl bei 700 ein.
Und sie ist es doch, eine Kultur
Auch wenn antitaurinos andere Meinungen vertreten, die tauromaquia ist nun mal Teil der spanischen Kultur. Und ohne Frage, im Anspruch auf einem höheren Niveau angesiedelt als andere Veranstaltungen. Man geht nicht eben mal zu einer corrida de toros und versteht sofort um was hier eigentlich geschieht. Es ist hier nicht wie beim Fussball, wer Tore schiesst gewinnt. Nein, der Weg zum Tod des Stieres, der in einer plaza de toros vollführt wird, unterliegt Regeln und Gesetzen, begleitet von Emotionen und Passionen. Mit Mut, Einfühlungsvermögen und mit Eleganz vollführen die toreros ihre Arbeit.
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"Tapferkeit ist die letzte Waffe,
die die Natur dem Menschen gelassen hat,
gegen die Leiden des Lebens und Sterbens"
Graf zu Coudenhove-Kalergi
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Dementsprechend finden sich die toros auch in den Statistiken der kulturellen Veranstaltungen des spanischen Ministeriums für Kultur wieder:
Personen die mindestens eine Veranstaltung besuchten, 2010/2011 (Angaben in Prozent) |
Es ist nicht zu übersehen, wie sich die Welt der Stiere im Mittelfeld der Bildenden Künste etabliert hat. Mehr noch, denn mit 8,5 Prozent sogar noch vor der Oper (6,1%) und der klassischen Musik (7,7%). Die fiesta de toros scheint in Spanien sogar Vorrang vor einem Besuch in der Zirkusarena (8,2%) zu haben. Was die Differenzierung der Geschlechter angeht, so besuchten 10,2 Prozent der caballeros im vergangenen Jahr mindestens einmal eine corrida. Bei der weiblichen Bevölkerung waren es 6,4 Prozent.
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"Das sicherste Zeichen für Barbarei und Primitivität
ist der Kult der Zahl und der Quantität."
Graf zu Coudenhove-Kalergi
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Ob es nun so viele oder so wenige sind, spielt in der Bewertung der tauromaquia überhaupt keine Rolle. Auch wenn es antitaurinos sich so gerne wünschten, das Mehrheitsprinzip kann nicht zum Tragen kommen, denn kulturelle Veranstaltungen wie die Oper, der Tanz oder auch der Zirkus würden ihre Rechtfertigung verlieren.
Viel schlimmer für die überzeugten Retter der Tierwelt ist jedoch der intellektuelle Widerstand. Philosophen, Künstler, Professoren, Schriftsteller und andere Meinungsbildner der Gegenwart bringen Argumente auf den Tisch mit denen sie nichts anfangen können, nichts anfangen wollen, mehr noch, sie können damit nicht einmal umgehen.
Samstag, den 8. September 2012 um 21:45 Uhr:
Auch das ist nur eine Zahl, die ohne inhaltlicher Substanz vollkommen irrelevant wäre.
________________________________________Samstag, den 8. September 2012 um 21:45 Uhr:
Quellennachweise
Richard Nikolaus Graf zu Coudenhove-Kalergi, japanisch-österreichischer Schriftsteller und Politiker (1894 bis 1972)
Phytagoras von Samos, griechischer Philosoph (570 v. Vhr. bis 510 v. Chr,)
La Tauromaquia, führendes deutsches Internetportal über den Stierkampf
Gallup Umfrage, Befragung von 1.016 Personen im Zeitraum vom 1. bis zum 14. Oktober
Mediasetespaña, Telecinco S.A. 2012
Europäisches Parlament, Schriftliche Erklärung 0002/2007 vom 7.1.2007
Ministerio de cultura, Estatística 10/11, Encuesta de hábitos y prácticas culturales en España 2010 -2011.
Juan Medina, 110 años de toros en España,