Ist Italien wirklich ein Land der Stiere? Ja, aber nicht im ruedo!
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von Philip de Málaga
So versicherte Gianni Letta, Staatssekretär des Ministerpräsidenten, dass der Artikel 7.2.7. des italienischen Strafgesetzbuches jeden bestraft, der Veranstaltungen organisiert, wo Tiere misshandelt oder getötet werden. Mit anderen Worten, weder die corrida noch die Hahnenkämpfe wird es in Italien wieder geben.
Die Meldung kam überraschend und fast kaum einer hat sie zur Kenntnis genommen, obwohl es die Schlagzeile beim Il Messaggero war: "Die corrida kommt nach Italien". In der südeuropäischen Republik wurde am 4. August 1994 das Dekret 480 verabschiedet, welches die königliche Verordnung einer abolición de los toros vom 6. Mai 1940 ausser Kraft setzt. Theoretisch bedeutet dieses, dass es seit zwanzig Jahren wieder corridas de toros in der Repubblica Italiana geben könnte. Aber eben nur auf dem Papier.
Gianni Letta |
Silvio Berlusconi, ein heimlicher aficionado? |
Da fragt man sich, was denn dann dieser ganze Aufwand sollte? Die Antwort ist einfach. Dahinter verbirgt sich die Finanziaria Investimento (kurz: Fininvest), einer der wichtigsten Finanzholdings in Italien. Sie wurde von Silvio Berlusconi gegründet und wird derzeit von seiner Tochter geleitet. Zu jener Holding gehört ein Teil der italienischen Medienwelt, so auch das Fernsehen. Und es war Berlusconi, der die Rechte erwerben wollte, spanische corridas de toros im italienischen Fernsehen zu zeigen. Jedoch ist es bis heute noch nicht zur Ausstrahlung eines festejos taurinos gekommen.
Was bewegte Berlusconi damals dazu, diesen Schritt in die Wege zu leiten? Sicherlich versteckt sich dahinter bei ihm selbst eine gewisse afición. Zum anderen muss die Holding über bestimmte Informationen verfügt haben, dass beim italienischen Publikum ein gewisses Interesse dafür zu bestehen scheint. Und schliesslich kann man nicht behaupten, dass es in Italien keine Tradition zu den toros gab. Immerhin, in den letzten Jahrhunderten gab es einige corridas zu sehen, die letzte fand 1924 in Rom statt. Und auch das erste Vorführen und Töten eines Stieres vor öffentlichem Publikum gab es in Europa wohl auch in Italien, im römischen Circus, noch vor der Geburt des Herrn, um die 65 v. Chr.
Ernesto Elio Garberi, Präsident des Club Taurino de Milan äusserte sich wie folgt: "Italian ein Land der toros? Auf keinen Fall! Aber ein Land mit taurinischen Traditionen, welche uns erlauben die toros lieben und verstehen zu lernen, ihre Rituale, ihr Unglück aber auch ihre Grandezza."