Über eine ungewöhnliche Taufe
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von Philip de Málaga
Keine Frage, die mundo de los toros und die Welt des Flamencos gehören in Andalusien zusammen. Dabei verkörpert der Flamenco nicht einfach nur Musik und Tanz, sondern eine Lebensphilosophie. Und nicht selten wird dort der Tod selbst oder in ihn hinein getanzt vielleicht aber auch in literarischem Gesang interpretiert. Vor diesem Hintergrund ist es naheliegend, dass die beiden Welten, die toros und der Flamenco irgendwie eng verschmolzen sind. Der Tod, als Ende eines Mysterienspiels verbindet sie.
Und so ist es bei einer corrida flamenca vorgesehen, dass statt des legendären paso doble ein Flamencogesang ertönt, besonders wenn der matador im letzten Drittel den toro auf sein Ende vorbereitet.
Der wohl einer der populärsten matadores de toros Anfang des letzten Jahrhunderts war der maestro José Gómez Ortega mit dem Künstlernamen Joselito "El Gallo" (1895 bis 1920).
Auf der anderen Seite findet sich die Flamencotänzerin Carmen Gomez (1006 bis 1998). Eine Zigeunerin war sie keine, aber den Rhythmus wohl schon im Leibe der Mutter gespürt, so sagte sie. Ihr Vater Rodrigo Acensio hatte den grossen Wunsch ein richtiger torero zu werden, und so spendierte der Bürgermeister zwei kleine becerras, damit er und sein Freund Relampago auf dem Marktplatz üben konnten um Ihr Können unter Beweis zustellen. Doch seinen Freund erwischte es schwer, so schwer, dass er mit seiner zukünftigen Frau Carmen Gomez keine Kinder mehr bekommen konnte. Der Bürgermeister war schockiert und wütend und die torero-Anwärter gaben es auf. Relampago begleitete mit der Gitarre Carmen bei ihren Tänzen und ihr Vater wurde Fischhändler in Barcelona.
Sie trat zwar schon an vielen Stätten in Begleitung von grossen Tänzern wie La Macarrona, La Melena, Estampio oder La Tanguera auf, aber ihr fehlte immer noch ein richtiger Künstlername.
Carmen und Relampago besuchten häufig die corrida de toros. In den tendidos sahen sie auch oft den diestro Joselito als Zuschauer sitzen. Dieser steckte ihr manchmal Geld zu. Einmal besuchte er Carmen bei einem Flamencokonzert. Am Ende begab sich Joselito mit einem Sherryglas in der Hand auf die Bühne, leerte den Inhalt über ihren Kopf und sagte: "Du sollst meinen Namen tragen, denn du wirst eines Tages sehr berühmt werden". Ihr Freundin Consuela Reyes, welche sich auch der Kunst des Flamencos widmete reagierte sofort: "Hast du verstanden, du bist soeben auf den Namen Joselito getauft worden, und ab heute sollst du dich so nennen!"
Und so wurde sie getauft, geschaffen und berühmt. Das war 1917. Drei Jahre später wurde Joselito in der plaza de toros von Talavera de la Reina (Toledo) von dem toro Bailador getötet. La Joselito aber tanzte weiter, noch viele Jahre mit tiefer Transmision grösster Trauer um ihren Namensgeber.