Dienstag, 17. Dezember 2013

Das Tercio de Banderillas und sein Zweck (4. Teil)







von Domingo Delgado de la Cámara eingeleitet und übersetzt von Tristan Wood entnommen aus La DivisaClub Taurino of LondonNumber 168 - January/February 2006, S. 29-33: The Tercio de Banderillas and Its Purpose
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Übersetzung von Dr. Andreas Krumbein



Die Bedeutung der brega

Wie hat sich die suerte de banderillas in den zeitgenössischen toreo eingefügt? In anderen Worten, wie wurden die banderillas durch die von José und Juan vollendeten Änderungen betroffen, oder welche Auswirkung hatte die gesteigerte Betonung des letzten tercios auf das tercio de banderillas? Lasst uns jetzt diese Fragen beantworten...
Es ist schon klar, dass das tercio de banderillas ohne eine genaue Zielsetzung geboren wurde. Ich habe auch gezeigt, dass die Theorie, die von so vielen Autoren verteidigt wird, dass nämlich die banderillas dem Stier helfen sich zu erholen, so ist, als würde man versuchen seinen Durst durch den Genuss von Stockfisch zu löschen. Nichtsdestotrotz traf das tercio de banderillas, seitdem José und Juan zu experimentieren begannen und anfingen den modernen toreo zu schaffen, auf einen neuen Zweck. Denn durch das Beobachten, wie der Stier gegen die Subalternos anläuft, kann der matador sich ein Bild von der Verfassung des toros machen, mit dem Gedanken an die faena mit der muleta im Hinterkopf. Wenn der Stier gegen die subalternos anläuft, kann er beobachten, ob er schnell und gerade, mit dem einen oder dem anderen Horn angreift. Wenn der für die lidia verantwortliche subalterno den Stier mit seinem capote annimmt, kann der matador die Fähigkeit des Stiers, gerade auf den Köder zu gehen und den Kopf zu senken, beurteilen.
Mit anderen Worten, zu der Zeit, zu der der matador zum Töten hinausgeht, sollte er schon eine genaue Vorstellung vom Verhalten des Stieres haben, denn er hat ihn mehrere Male mit jedem seiner Hörner angreifen sehen. Da er den Stier beobachtet hat und weiß, wie er ist, kann er sich in der Tat mit der muleta vom ersten Pase der faena an auf einen vorzüglichen toreo einlassen.
Trotzdem sehen wir viele faenas, die mit unnötigen pases zum Testen beginnen, mit muletazos de tanteo, die demonstrieren, dass der matador seinen toro immer noch nicht verstanden hat. Wenn wir einen matador sehen, der den Stier ausprobiert, während er der faena, die er gerade ausführt, Gewicht verleihen will, beschleicht uns der Zweifel auf zweierlei Art - entweder ist dem Stier im zweiten tercio die lidia nicht in geeigneter Form zuteil geworden und seine Qualitäten sind dem matador deshalb unbekannt, oder die lidia war korrekt, aber der matador hat nicht gesehen, was er hätte sehen sollen, was uns zu der Schlussfolgerung führt, dass er ein Mann ist, der nicht versteht, wie er arbeiten muss.

Wenn wir zur zweiten Schlussfolgerung gelangen, dass dem toro die lidia in korrekter Form zuteil geworden ist, der matador aber nichts daraus gelernt hat, wird es für den torero zu einem großen Risiko im Ring zu sein, denn seine Unwissenheit könnte sich als fatal erweisen. Das mag überraschend erscheinen, aber es gibt viele Ignoranten, die den Lichteranzug tragen. Nachdem ich mit einigen von Ihnen gesprochen habe, bin ich nicht überrascht, dass sie sich als katastrophale toreros erweisen...
Zu anderen Gelegenheiten weiß der matador, was er mit seinem Material tun sollte, aber er ist umringt von Unfähigen, die das zweite tercio in eine lächerliche capea verwandeln und die unfähig sind, den Stier zu schulen. In den Händen bestimmter cuadrilla-Angehöriger können alle Stiere schlecht aussehen. Das kann bedeuten, dass, wenn der matador Schwert und muleta nimmt, er sich tief auf pases zum Testen beider Hornseiten einlassen muss, um herauszufinden, wie das Tier wirklich ist. Sehr oft jedoch wird er auch gezwungen sein, die faena mit einer Serie mittelmäßiger muletazos zu beginnen, derart dass sie den Stier von Unarten befreien, die er sich im zweiten tercio angeeignet hat.
Wie schlecht nur, lieber Leser, ist die heutige lidia! Ich glaube trotz des Gesagten nicht, dass es derzeit sehr viele schlechte matadores gibt. José Tomás, Enrique Ponce oder El Juli sind so gut wie irgendeiner der Besten früherer Epochen. Aber unter den subalternos besteht totale Dekadenz. Es gibt keine Nachfolger von Leuten wie Blanquet oder Alfredo David. Ich kehre jetzt zurück zu einem der Leitmotive dieses Buches - der toreo mit der muleta hat eine spektakuläre Weiterentwicklung und Verbesserung erfahren, doch unglücklicherweise sind wir im Falle der ersten zwei tercios Zeugen einer deutlichen Rückentwicklung und eines klaren Verfalls. Nicht nur im ersten tercio, sondern ebenso im zweiten. Wenn wir nur das terciode banderillas in Betracht ziehen, ist es verblüffend wie die cuadrillas der berühmten matadores von komplett mittelmäßigen subalternos bevölkert sind. Natürlich gibt es Ausnahmen, aber das ist es, was sie sind - Ausnahmen.

José Tomás, Enrique Ponce, El Juli ... die grossen maestros
(Fotos: mundotoro & tauromaquia.de)
Deswegen bleibe ich ein Bewunderer der großen Würde, die von den heutigen toros an den Tag gelegt wird, und ihrer geringen Neigung zu lernen. Wären dieselben Tricks, die wir heute sehen, mit einem toro von vor 80 Jahren durchgeführt worden, wäre man nicht in der Lage gewesen, danach noch einen einzigen pase mit ihm auszuführen. Jene Hunderte von capotazos, die hin und her fegen, ein paar falsche, kleine Schritte hier, eine capea dort... und seht, ich spreche nicht über die cuadrillas eines becerista, vielmehr über die cuadrillas der großen matadores, die stoisch einen nutzlosen Pöbel unterstützen, nur um sich nicht mit den Führern der Unión de Picadores y Banderilleros konfrontiert zu sehen, die Stück für Stück durch Streikdrohungen die Bosse der fiesta werden.
Ich weiß nicht, wie ich die beginnen soll, das zweite tercio, so wie es heute ist, zu analysieren. Alles ist so zusammenhanglos; es ist schwierig, irgendeinen Sinn zu erkennen. Und in der Zwischenzeit steht der matador wie festgenagelt und betet zur Heiligen Rita, es möge nur so kurz dauern, dass es den Stier nicht ruiniert, oder er bittet den Präsidenten, das tercio früh zu beenden, damit der Stier die muleta erreichen kann, solange er noch etwas in sich hat.
Alle subalternos wiederholen aufs lästigste: "Die banderillas sind nicht wichtig. Was wesentlich ist, ist gut den capote zu führen." Dadurch dass sie das sagen, versuchen die meisten ihre armselige Arbeit mit den Stöcken zu rechtfertigen... Das Argument wäre vielleicht gerechtfertigt, wenn sie gut mit der capa kämpften, aber mit ihrer Capaarbeit wird es auch immer schlechter.