Samstag, 18. Mai 2013

Mit den Victorinos nach Madrid (1. Teil)


SfA begleitet einer der berühmtesten Stierzuchten nach Las Ventas
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von Colin Ernst 


Als ich mit den Reportagen für dieses portal taurino begann, wollte ich auch einen ganadero, einen Züchter interviewen. Also setzte ich mich auf "gut Glück" mit dem bekannten Züchter, Victorino Martin, in Verbindung. Zu meiner Überraschung erhielt ich schon bald eine positive Mail, von Señor Martin persönlich, der sich meine Artikel im SfA angesehen hatte. Er lud mich ein, seine ganadería zu besuchen und und das Interview dort zu führen. Welche Ehre für einen kleinen Schreiberling. Leider lies mein Terminkalender dies nicht zu und zu einem späteren Zeitpunkt hatte Sr. Martin zuviel zu tun. Wir einigten uns auf ein online geführtes Interview und ich schickte ihm meinen Fragenkatalog zu. Wieder machte uns die Zeitknappheit der angehenden Saison des Stierkampfes einen Strich durch die Rechnung, wieder vertagten wir die Geschichte. 

Der ganadero Victorino Martín (Foto: mundotoro)
Nach Wochen erhielt ich die beruhigende Antwort, das man mich nicht vergessen hätte und man sich bald mit mir in Verbindung setzen würde. Am 1. Mai klingelte mein Telefon, die Mitarbeiterin von Victorino Martin, Marlen, fragte an, ob ich am 18. Mai nach Madrid kommen könne. Normalerweise kann ich das, als Angestellter nicht so einfach, aber dies war eine Chance, die ich mir nicht entgehen lassen wollte. Welcher aficionado lässt sich schon die Möglichkeit entgehen, auf Einladung Victorinos, die wohl wichtigste corrida des Jahres, in Las Ventas in der spanischen Hauptstadt zu sehen? Der matador de toros Talavante und sechs Victorinos, ich mitten im Geschehen, im Tempel der afición, in Las Ventas  - ein Traum! Ein aficionada trifft Vorbereitungen, wie ein torero, wenn es nach Las Ventas geht. Kameras, aufgeladen und mit Munition bestückt, capa und muleta, in dem Sinne. Das weiße Stofftaschentuch, mit dem ich hoffendlich für orejas plädieren darf. Die Kleiderfrage..., man ist in Las Ventas ... Mehrere Variationen, die Wettervorhersage ist noch nicht ganz klar - Kältewelle, mit Regen oder Sonne und es geht aufwärts. "Nur kein Regen" schicke ich meine Bitte an Petrus. Meinen Fragenkatalog habe ich zig mal studiert, blieben noch eintausend nicht erfasste Fragen und ich hoffe Victorino Martin hat Zeit und Geduld mit mir. Das Programm ist eng, ich denke an die toreros  die mit den Wagen, quer durch Spanien reisen, um jeden Tag in einer anderen plaza, präsent zu sein, - welch Marathon! Kurz vor der corrida werde ich in Madrid ankommen, wenig Zeit um etwas von der Stadt zu sehen. Mir bleibt der" tarde", der Nachmittag, in Madrid, am nächsten Morgen werde ich mit dem Züchter nach Talavera de la Reina (Toledo) fahren. Dies ist die plaza de toros, wo der große Joselito, sein Leben ließ... 6 Victorinos 6 für El Cid, Uceda Leal, Ivan Fandiño. Ein Luxuscartel für aficionados. El Cid wird mit seiner Erfahrung glänzen können. Leal könnte überraschen und ich bin besonders gespannt auf Ivan Fandiño, der in den letzten 2 Jahren einen fulminanten Aufstieg erfahren hat, Montag geht es auf die finca, für mich, das Sahnehäubchen. Zu sehen wo und wie, die Victorinos, aufwachsen. Die großen Herden, die ich bisher nur auf Fotos, oder im Internet gesehen habe, diese schönen, intelligenten Gesichter. Dies in purer Natur zu erleben, dürfte meinen Ausflug auf den Olymp der tauromaquia krönen. Den geneigten Leser, werde ich in den folgenden Tagen auf dem Laufenden halten.

6 toros 6 - Zwei Events - Zwei Blutproben

Wie bekannt, wird sich Morante de la Puebla, in Ronda allein sechs toros stellen. Er wünscht sich sechs verschiedene ganaderías. Der empresario von Ronda, Fransisco Rivera Ordoñez, "Paquirri", überlässt dem Sevillaner die Wahl! Nach ihren Differenzen wegen der Auszeichnung Riveras, mit der Medalla de belles artes, im Jahr 2008, hatte Morante diesen heftig kritisiert. Seit dem herrschte Funkstille, die erst mit dem " brindis von Sevilla", ein Ende fand. Auch bekannt, das Alejandro Talavante, am 18. Mai, allein , sechs Victorinos in Las Ventas gegenüber tritt. Beide Events sind fraglos DIE corridas der Saison 2013 - No hay billetes - garantiert. Doch was macht grade diese corridas so interessant? 

Der matador de toros Morante de la Puebla (Foto: mundotoro)
Nun, da ist Morante de la Puebla, el duende, wenn er will, das Phänomen, wenn der Stier ihm gefällt, die "illustre figura", der Künstler, der mehr broncas und pitos zu hören bekommt, als orejas. Aber die Menge tobt, bei jeder gelungenen media veronica. Unberechenbar, wie die toros de verdad, wenn er ihnen gegenüber tritt. Was hat er in Ronda, bei der traditionellen Goyesca zu gewinnen? Als einer der beliebtesten und umstrittesten matadores Spaniens, Viel und Nichts! Zunächst die traje goyesca, Morante hat einen eigenwilligen Geschmack, was Mode betrifft. Ich bin ein Fan von seinen modischen Ausflügen. Er wird sich zweifelos Mühe geben mit der Auswahl dieser historischen traje. Nun kommt die Essens des Ganzen, die Auswahl der Stiere, b.z.w., der ganaderías. das macht die Geschichte richtig spannend! Welche wird er auswählen? Wahrscheinlich die, welche er am besten kennt. Mir würde ein bunter Mix, wo ein torero zeigen kann, das er alles beherrscht, am besten gefallen, damit wären die toristas und die toreistas befriedigt und er könnte glänzen - heller geht es nicht. Trifft er aber die falsche Wahl, wird es wieder broncas und pitos hageln. Das Genie hat sich zu zahme, dicke, langsame Stiere ausgesucht, die nicht angreifen, es gab keine traumhaften veronicas, die muletazos waren brusco, heftig und ohne Kunst. Der Morantista weint, die aficionados schimpfen, Morante wird die Backen aufblasen, weil der Stier nicht hielt was er versprach, die Züchter sind blamiert, der empresario hat zwar eine volle Kasse, aber angesichts des Dramas, rauft er sich die Haare. Für Morante, wie für die Züchter, ist es eine Blutprobe. Der torero muss in Bestform sein, körperlich, wie mental, um einen langen Nachmittag, durch zu stehen. Schwächelt er, kann jede falsche Bewegung tötlich sein. Er wird unter der schön gestalteten traje schwitzen, die Arme werden schwer, bei den schönen Schwüngen der capa, wenn er den fünften oder sechsten Stier zum Pferd geleitet. Die Handgelenke schmerzen, von den Drehungen beim natural. Die Schultermuskeln zicken auch. Und dann die nervliche Belastung, der ein torero zweifellos in dieser Situation ausgesetzt ist. Jeder Stier ist bekanntlich anders. Der eine wirft den Kopf hoch, der andere will dem Tuch so gar nicht folgen. Von dem Verhalten des Tieres hängt der matador vollkommen ab, wenn sich ein Stier verweigert, kann man sich auf den Kopf stellen. Wenn ein Tier seinen wahren Gegner ausgemacht hat, spielt man mit seinem Leben. Alle fünfzehn Minuten einem anderen Individium gegenüber zu stehen, eine Komunikation auf zu bauen, eine schwere Aufgabe. Am Ende gibt es nur eine Wahrheit - puerta grande oder Nichts, der Ausweg..., die enfermería. Bei ersterem wird Morante der begehrteste torero sein. Im schlechtesten Fall, wird er weiterhin die plazas füllen, weil es aficionados gibt, die an ihn glauben und sein "Versagen", den Züchtern zuschieben. Der Ausweg durch die enfermería .., nicht wünschenswert, aber es ist bekannt, das einige torero  nach einer cornada, gefragter waren, als jemals zuvor. Die Sensationsgierigen, wollten sehen, ob der torero nach seiner "Blutprobe", noch den Mut hat, sich den Stieren zu stellen. Die einzelnen Züchter, die diese Goyesca beschicken, können sich, je nach dem  damit entschuldigen, das die eines der seltenen Exemplare war, welches nicht hielt, was es versprach. Der Schaden ist da, aber nicht mit großen Konsequenzen, Übermorgen wird ein anderer toro bravo dieser Zucht, seinem matador einen Triumph schenken. So gesehen, liegt die Hauptlast dieser corrida goyesca in Ronda, auf den Schultern Morantes. Mir persönlich würden toros aus der Zucht von Nuñez de Cuvillo, Parladé, Miura, Jandilla, Victorino Martin, Frailé gefallen. Lo desea fuerza y suerte Morante!
Der matador de toros Alejandro Talavante (Foto: mundotoro)
Die corrida Talavantes in Las Ventas, präsentiert sich in anderem Licht. Eine ganadería tritt gegen einen torero an. Alejandro Talavante, hat auch viel zu verlieren, der Züchter aber auch. Sind die Victorinos in Form, Talavante aber nicht gut auf sie eingestellt, kann sie nicht "lesen", werden viele denken, das es zu früh für ein solches Event war. An seiner Qualität gibt es keinen Zweifel, aber sechs Victorinos im fünfzehn Minuten Wechsel, ist heftig. Zumal die Victorinos einen normalerweise in Atem halten. Der junge Mann hat sich keine leichte Aufgabe gesucht - das gefällt mir. Und das in Las Ventas .., das Publikum ist immer sehr kritisch, Trophäen werden nicht verschenkt. Die plaza de toros ist gigantisch, Talavante muss die obersten Ränge mit seiner Kunst erreichen. Was veranlasst den Züchter, auf so einen "Deal" ein zu gehen? Natürlich ist Madrid ein Argument, aber eben auch ein enormes Risiko. Schneiden die Victorinos schlecht ab, was ich nicht hoffe, wird man sich in der nächsten temporada noch daran erinnern. Weniger empresario werden Stiere ordern, weniger toreros der ersten Kategorie, werden um Victorinos bitten, wenn sie contratos schließen. Und die toristas werden enttäuscht sein, denn ein Victorino ist ein Versprechen. Kein Versprechen auf einen Bilderbuchkampf, sondern auf Leistung. Das heißt, diese Stiere sind keine Komparsen, sondern Akteure. Gleich sechs Victorinos dem Vergleich zu stellen, ist ein hohes Risiko, man stelle sich vor, keiner der sechs toros erreicht das Klassenziel... Halten sie ihr Versprechen, kommt kein empresario  kein matador an ihnen vorbei! Die Arenamanager werden nächstes Jahr zu Victorino Martin pilgern, um toreros und dem Publikum diese toros zu bieten, wollen sie ihre plaza de toros füllen. Genau wie Talavante, werden die Victorinos unter die Lupe genommen, von den sechs Stieren wird man Höchstleisung erwarten, Talavante wird man eine unspektakuläre faena verzeihen. Auch Victorino wird man einen Stier verzeihen, der nicht hielt was er versprach, aber die toristas werden mit der Lupe auf die toros schauen. 

Was macht diese beiden encierros so spektakulär? Morante, der sich seine Stiere aussucht, Talavante, der sich auf eine ganadería einlässt? Die Züchter die Morante auswählt, haben es einfacher, als Victorino Martin, auf den sich Talavante festgelegt hat. Letzteres setzt großes Vertrauen voraus - der torero vertraut auf die toros dieser ganadería  und der ganadero  auf den matador der die corrida bestreitet. Beide Seiten wissen, was für sie auf dem Spiel steht. Triumphiert Talavante, rennt man auch ihm die Türen ein, er ist ganz oben, ein Triumph in Las Ventas mit Victorinos, katapultiert ihn in die erste Reihe. Geht in die Geschichte der tauromaquia ein. Fuerza y suerte para Alejandro Talavante y los Victorinos!!!