Donnerstag, 16. Juni 2016

Ferdinand der Stier - die wahre Geschichte

Was kaum einer weiss, der Kinderbuchlassiker "Ferdinand
ist fast genauso alt wie Hemingways "Tod am Nachmittag"
und er ist keine Erfindung von Walt Disney
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von Philip de Málaga


Gerade in diesen Tagen widmete sich die spanische Tageszeitung EL MUNDO dem amerikanischen Filmproduzenten Walt Disney und seiner Beziehung zu der mundo de los toros. Ja mit den Tieren hat er sich gut verstanden. Er mochte sie und wollte sie auf humorvolle Art und Weise den Menschen näher bringen. Auch die toros. Und so wurde in den Augen der spanischen Presse Walt Disney zum torero: Walt Disney, `the toreador´

EL MUNDO vom 13. Juni 2016
Da ist unter anderem die Rede von seinem erfolgreichsten toro. Dem toro mit dem Namen  Ferdinand. Fälschlicherweise halten viele Ferdinand für eine Erfindung von Walt Disney. Sprechen sogar von "seinemtoro. Was nicht stimmt, und auch in dem o. g. Artikel von Robert Ryan wird darüber aufgeklärt. Das Missverständnis liegt vor allem wohl darin, dass Walt Disney für den Kurz-Film "Ferdinand the bull" 1939 mit einem Oscar ausgezeichnet worden ist. Aber die wahre Geschichte von Ferdinand begann  schon vier Jahre vorher.



Im  Jahr 1932 erschien das bekannte Werk von Ernest Hemingway „Tod am Nachmittag“. Jenes Buch, welches die mundo de los toros einem internationalem Publikum näher brachte. Nur drei Jahre später schrieb in nur vierzig Minuten der Englischlehrer Munro Leaf (1905 - 1976) in Massachusetts (USA) „The Story von Ferdinand“. Damit wollte er seinem arbeitslosen Freund dem Kinderbuch-Illustrator Robert Lawsen (1892 - 1957) einen Job verschaffen.

Munro Leaf und Robert Lawsen
Die Handlung ist kurz und einfach. „Es war einmal in Spanien ...“ Ferdinand ist ein junger toro der den Frieden wie die Blumen liebt und gerade in dem Moment wo die empresarios aus der plaza de toros von Madrid kamen um toros für die corridas zu kaufen, stach ihn eine Biene. Da wurde er ganz wild und die Herrschaften aus der spanischen Hauptstadt sahen in ihm den richtigen wilden und schnellen toro, kauften ihn ein und brachten ihn nach Madrid. Doch bei der corrida dachte Ferdinand gar nicht daran zu kämpfen und blieb einfach in der Mitte des ruedos sitzen. Da er so gar nicht auf die Provokationen der toreros einging, schickte man ihn wieder zurück auf die Weide.

1936 als amerikanische Erstausgabe
Bei diesem Werk fallen einem zwei Dinge auf. Zum einen ist es technisch falsch wiedergegeben. Zum Beispiel treten beim paseillo die toreros in der falschen Reihenfolge ein: „Zuerst kamen die banderilleros .... Darauf kamen die picadores .... dann erschien der matador“. Es war schon immer so, dass die matadores nach den alguaciles als erste das ruedo betraten. Aber warum findet Ferdinand den Weg zu Weide wieder? Auch das entspricht nicht dem reglamento taurino. Ein toro kann nur dann begnadigt werden, also ein indulto erfahren, wenn er sich als besonders bravo, also mutig und angriffsfreudig gezeigt hat. Dies war hier aber nicht der Fall. Normalerweise wäre Ferdinand ausgetauscht worden und im Schlachthof gelandet.

Der falsche Aufmarsch der toreros, die banderilleros zuerst.
Zum anderen war das Werk recht umstritten denn es kam genau zur Zeit des spanischen Bürgerkrieges 1936 auf den Markt und wurde als "subversives Kinderbuch" abgestempelt. Denn man warf dem Autoren Propagandazwecke vor, gerichtet an die Kommunisten, Faschisten wie auch Pazifisten. Munro Leaf winkte diese Vorwürfe einfach ab, sein toro Ferdinand sei einfach nur ein Philosoph mit einem höheren Geist, der guten Geschmack und Charakter bewiesen habe.

Der toro Ferdinand auf dem Weg zu seinem Baum ... bevor ihn die Biene sticht.
Wie dem auch sei, dieses Kinderbuch wurde ein Weltbestseller, ist in mehr als fünfzehn Sprachen erschienen und ist nun seit beinahe 80 Jahren auf dem internationalen Markt erhältlich. Auch gibt es mittlerweile dieses Werk von verschiedenen Illustratoren:



Zwei Jahre nach der Erstveröffentlichung wurde es von Walt Disney verfilmt. Dieser Verfilmung wurde 1939 mit dem Oscar für den bestanimierten Kurzfilm ausgezeichnet.


Auf der Insel Helgö in Schweden, setzte man Ferdinand im Jahr 2008 eine Skulptur:


Der toro Ferdinand in Schweden

Und Ferdinand soll noch eine Zukunft haben. Schon im Jahr 2011 hat die 20th Century Fox Animation die Lizenzrechte von dem toro Ferdinand von Walt Disney erworben. Und nun soll für den Juli 2017 in Connecticut (Unites States), in den Blue Sky Studios, welche auf Computeranimationen spezialisiert sind, ein neues taurinisches Werk entstehen. Unter der Leitung des bekannten portugiesischen Regisseurs Carlos Saldanha, der schon als Regisseur und Produzent für die populären Produktionen wie Ice Age oder Robots Pate stand, wird Ferdinand mit optischer Grafik neu erfunden. Man kann gespannt sein.
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Literaturhinweise:

FERDINAND THE BULL, Munro Leaf, Viking Press, 1936
FERDINAND, Munro Leaf, Diogenes Verlag Zürich, 1993