von Colin Ernst
(Fotos: 
mundotoro)
Logroño, der zweite Tag, ein Wettbewerb der Stierzuchten
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Spannung pur in der halb vollen 
plaza von 
Logroño, dem 
coso La Ribera, so zumindest, hatte ich mir die Überschrift gewünscht. Wann hat man schon mal die Gelegenheit, sechs verschiedene 
ganaderías, die alle auf der gleichen Zuchtbasis züchten, zu sehen. Und mit sechs verschiedenen 
toreros, von denen einige als Spezialisten bekannt sind. 
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| Wenn die toros im Mittelpunkt stehen | 
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| Misterio, 515 Kilo | 
Den ersten 
toro, 
Misterioso, 515 Kilo schwer, 
negro (
entrepelado, 
bragado, 
meano, was heißt er ist schwarz mit weißen Stichelhaaren und weißen Flecken unter dem Bauch) aus der 
ganadería José Escolar, wurde dem 
matador de toros Luis Bolivar zugelost. Der Stier erfüllte alle Anforderungen im 
tercio de varas. Anfangs noch etwas 
suelto, mit erhobenem Kopf unruhig umherstreifend im Part der 
banderillas, bot er sich doch im letzten 
tercio dem 
matador an. Mit gutem Schwung und schönem Rhythmus ergab er sich seiner Aufgabe. 
Bolivar konnte besonders über die linke Seite eine schöne, in die Tiefe führende 
faena herausarbeiten. Ein guter Stier, trotz seiner züchterisch bedingten Eigenarten. Leider hatte der 
diestro Probleme mit dem Abschluss, was eine Trophäe ausschloss. 
Ovación für den 
toro der 
ganadería José Escolar, 
silencio für 
Luis Bolivar. Dieser 
Misterioso war mein Favorit und hätte die 
estocada gesessen, wäre ein 
oreja für 
Bolivar sicher gewesen. Ich erlaube mir sogar zu sagen, das dieser Stier für zwei Trophäen gut war. 
Toro bravo!
 
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| Pajarito, 468 Kilo | 
Pajarito, aus der 
ganadería La Quinta, 
cárdeno (grau) war mit 468 Kilo der der leichteste in der 
corrida und der 
matador de toros Paco Ureña hatte es nicht immer einfach, typisch für diese 
encaste. Am Pferd machte sich der 
toro ausnehmend gut, während er bei der 
faena mit der 
muleta nicht immer mitspielte. Die teilweise wütenden Attacken ließ der erfahrene 
Ureña über sich ergehen, sicher führte er den Stier und tötete 
recibiendo. Auch wenn der Stier etwas 
soso war,  kommt Unverständnis auf wenn man die Bewertung dieses Paares sieht. 
Silencio für 
toro und 
torero. Ein geiziges Publikum. 
Paco Ureña hätte sein 
oreja mehr als verdient, denn der Stier senkte nicht allzu demütig das Haupt, sondern agierte in der Mehrzahl der 
faena mit halbhohem Kopf. Um dann trotzdem so eine gediegene Vorstellung abzuliefern erfordert es Intelligenz, Wissen und Können. Obendrein das Risiko, 
recibiendo zu töten, bei solch einem Exemplar … 
oreja de ley, meines achtens, für diesen bemerkenswerten 
torero.
 
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| Mercedario, 563 Kilo | 
Mercedario aus der 
ganadería Flor de Jara, mit 563 Kilos der schwerste 
toro aus der 
ganadería Flor de Jara machte es dem Mexikaner 
Joselito Adame nicht einfach. Wie beinahe alle 
toros, die auf dieser Basis gezüchtet werden (
Santa Coloma-Albaserrada), bestand er die Prüfung des 
picadores ohne Probleme, allerdings ließ sein Eifer bald nach. Auf der rechten Seite gelangen 
Adame einige schöne aber kurze 
muletazos, aber die Chemie schien nicht zu stimmen, was keine Höhepunkte bescherte. Gute 
estocada.  Silencio für 
toro und 
torero  Das Ganze wirkte etwas abgehackt und langweilig. Es wäre ein halbherziges 
oreja gewesen.
 
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| Madrono, 513 Kilo | 
Madrono, 
cárdeno aus der Zucht 
Adolfo Martín, war der 513 Kilo schwere Gegner von 
Rubén Pinar. Ein komplizierter Vertreter seiner Zucht. Dieser Stier hinterfragte alles. Dies erfordert große Erfahrung. Auch ließ er sich leicht ablenken, was bei diesen wachen Gesellen typisch ist. Auch 
Madrono zeigte seine ganze Stärke im 
tercio de varas  aber es war ersichtlich das 
Pinar mit diesem Exemplar wenig anzufangen wusste. Jede Wette, ein 
El Cid hätte ihm ein 
oreja abgetrotzt. So gab es 
silencio für beide Protagonisten.
 
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| Huesino, 548 Kilo | 
Huesino, der 
toro für 
Antonio Nazaré aus 
Sevilla, gezüchtet von 
Ana Romero, bot ein beeindruckendes Schauspiel am Pferd, aber dann war der 548 Kilo Stier auch schon geschafft. 
Nazaré bot wirklich sein ganzes Können auf, aber es war einfach kein Weg zu finden, den 
toro zu animieren. Auch dieses Paar wurde durch Schweigen gestraft.
 
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| Barrabasillo, 527 Kilo | 
Barrabasillo, 527 Kilo, 
negro aus der 
ganadería Juan Luis Fraile war der letzte 
toro des Nachmittags. 
Esaú Fernández, der für 
Martin Escudero einsprang, hatte sich wohl vorgenommen diese Chance zu nutzen. Gestärkt durch die gute Erfahrung mit dem 
Victorino den er vor kurzem 
indultiert hat, verstand er es, Tier und Publikum zu berühren. Empfing vertrauensvoll den 
Fraile Stier mit der 
porta gayola, auf den Knien vor dem Tor des 
torils. 
Esaú Fernández verstand den 
toro vorzüglich. Nach zwei 
picotazos des 
picadores, war 
Barrabasillos Mütchen etwas gekühlt und der junge 
torero belohnte ihn mit weichen, nach vorne führenden 
muletazos, die dem Stier wieder Vertrauen einflößten und so die 
faena zu einem flüssigen 
toreo machte. Auch dieser 
toro trug den Kopf meist hoch erhoben, was die Trophäe, welche das strenge Publikum am Ende gewährte, noch wertvoller macht. Eine Demonstration des „
suerte“, denn 
Esaú Fernández vertrat 
Escribano, der bestimmt auch gut ausgesehen hätte mit diesem guten Exemplar de 
Frailschen Zucht. Ein 
torero der, wie sich zeigt viel Verständnis für diese schwierige 
encaste hat, sensibel mit dem Stier umzugehen weiß. Und auch kein Risiko scheut, wie er bewiesen hat. 
En hora buena – Glückwunsch!
 
Fazit: Für 
aficionados wie mich, die sich sehr für Stiere und deren Zucht interessieren, ein interessanter Event. Für 
toreistas nicht unbedingt ein künstlerischer Hochgenuss, eher gediegene Arbeit. Aber grade diese Arbeit fordert vom 
torero ein hohes Maß an Sensibilität, Einfühlungsvermögen Intelligenz, Flexibilität und Konzentration. Nicht jeder 
torero verfügt über diese Qualitäten, manche machen es sich mit den sogenannten Designerstieren zu einfach. Wenn sie dann mal einem 
toro bravo gegenüber stehen, geben sie mitunter ein trauriges Bild ab. Die 
ganaderos, die Züchter dieser speziellen Zuchtlinien, die sich heute präsentierten, dürfen auch ohne großen Applaus zufrieden sein. Was nämlich fehlt, sind 
toreros  die mit diesen 
toros umzugehen wissen. Diese Stiere wurden seit Jahrhunderten selektiert, ähnlich wie die Rennpferdezucht. Es ist etwas Besonderes, Erhaltenswertes. Vor allem haben sie trotz aller Selektion durch den Menschen nicht ihre Ursprünglichkeit verloren, ihre Angriffslust und Härte, wie sich besonders im 
tercio de varas zeigt. Und sie sind intelligenter geworden – sie gehen nicht grundlos auf alles los, sie wägen ab, bevor sie ihren Gegner attackieren. Sie geben nicht demütig auf, nein, die meisten tragen den Kopf hoch, das Maul geschlossen, bis zum Ende. Für mich war der 
toro der 
ganadería Escolar der Beste und der Name 
Esaú Fernández wird in meinem Gedächtnis bleiben.