Dienstag, 17. September 2013

Indulto oder nicht

Über die Rechtmässigkeit der indultos zweifeln mittlerweile auch aficionados
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von Colin Ernst
Am Wochenende, begnadigte der matador de toros Rafaelillo OPERARIO in Murcia, vom Züchter Fuente Ymbro. (Der Vater von OPERARIO „ALMONTEÑO“ wurde 2006 von Pepin Lira begnadigt.) Auch dieser Stier wurde nur einmal vom picador geprüft. Ähnlich wie der indulto von Talavante mit dem toro TACO.

Wird ein Stier begnadigt wir der Todesstoss nur noch symbolisch, also ohne Degen ausgeführt.
El Cid wartet auf das indulto
In der letzten Woche hatte NADADOR, aus der ganadería Benjumea, das Glück, bei der Auslosung der toros an El Cid zu geraten, der mit seiner Erfahrung und seinem Können dem sehr guten Stier die Rückkehr auf heimische Weiden zu ermöglichte. Die ganadería beherbergt Stiere der Zuchtlinie Nuñez de Cuvillo, dem Vater des jetzigen Besitzers. Die ganadería gehörte  um 1919 dem matador de toros Joselito „El Gallo“ (1895 - 1920), vorher war sie Eigentum der Familie Benjumea und Doña Isabel Benjumea, die Mutter des aktuellen Besitzers kaufte das hierro im Jahr 2000. Seither residieren dort die Cuvillos.

Einen weiteren indulto gab es in Arganda del Rey bei Madrid. Der novillero José Garrido errang diesen Triumph mit einem novillo der ganadería Juan Pedro Domecq.

Wiedermal fragt sich der aficionado, ob diese Begnadigungen gerechtfertigt sind. Hier ein Auszug des reglamento taurino, welches die Normen für eine Begnadigung festlegt. In Arenen der ersten u. zweiten Kategorie, kann ein toro  oder novillo  begnadigt werden, wenn er seine Angriffslust und seine Bereitschaft zur Mitarbeit in allen Phasen der corrida ausnahmslos bewiesen hat. Der Präsident kann die Begnadigung gewähren, wenn die Mehrheit des Publikums und der torero dies fordern und der Präsident sich diesbezüglich mit dem anwesenden Züchter oder dem mayoral der ganadería besprochen hat. Vorausgesetzt, der Züchter will den Stier zur Zucht verwenden.

Hier ein Auszug aus dem reglamento taurino, in spanischer Sprache: "El comportamiento de la res y la calidad en la ejecución de la suerte de varas serán determinantes para la concesión de premios a la res y, en su caso, para la concesión del indulto." Der letzte Satz, sagt aus, was das reglamento taurino für das tercio de varas, also die Präsentation des toro am Pferd/picador verlangt. Das Tier soll sich entschlossen dem picador gestellt haben…, was ich bei einem halbherzigen, schonenden pinchazo, wie grade bei den letzten indultos sah, in Frage stelle.

Am Freitag in Villacarrillo (Jaen, Andalusien), lehnte der Züchter Victorino Martin den indulto ab, nach dem das Publikum die Begnadigung, den indulto forderte. Warum? Der ganadero selektiert seine Deckstiere bereits früh im campo, er bestimmt, welcher Stier durch seine Abstammung, Mut und Tapferkeit die Zucht verbessern kann. Selten entgeht dem geschulten Auge Victorinos eine Perle seiner Zucht. Grade sogenannte „geschlossene“ ganaderías, wie Miura, Victorino oder Prieto de Cal, können nicht jeden tapferen Stier für die Zucht gebrauchen, müssen sie doch zu starke Inzucht vermeiden. Anders sieht es bei der ganadería Juan Pedro Domecq aus. Neben den „Juan Pedros“ haben die zahlreichen Verwandten, Söhne und Neffen eigene ganaderías  die auf der gleichen Basis züchten. So kann man schon mal einen Deckstier untereinander tauschen. Oder verkaufen, denn weltweit werden toros aus dieser Blutlinie gezüchtet, oder eingekreuzt. 

Das der toro den picador angreift um seine bravura zu zeigen ist eines der Basiselemente für ein indulto
(Foto: mundotoro)
Was ich in Frage stelle, ist das Begnadigen eines toros  der sich nicht wie üblich, zwei Mal dem picador gestellt hat. Was ist denn mit der Ausdauer und Tapferkeit, wenn ein Stier das nicht durchhält? Schließlich sieht man oft genug, die unschönen Bilder eines toros, der nach zweimaliger Konfrontation mit dem picador und drei Paar banderillas nach Luft schnappt und sich kaum noch zur Mitarbeit mit der muleta aufrafft. Nun kann ihn zwar der künstlerisch veranlagte torero schön langsam zitieren und herrliche Figuren vorführen, aber von einem Stierkampf ist im Grunde keine Rede mehr. Anders mit den ganaderías  die auf Härte geprüft werden, wie eben Miuras oder Victorinos, die bis zum letzten Moment, mit geschlossenem Maul angreifen und versuchen ihrem Widersacher den Garaus zu machen. Da hat dann so mancher „Künstler“ seine liebe Mühe und Not, um ohne Verletzungen aus diesem Schauspiel hervorzugehen und Trophäen einzuheimsen. 

Ein Meister für die schwierigen Stiere, der matador de toros Enrique Ponce (Foto: mundotoro)
Zum Leidwesen vieler toristas und Züchter bevorzugen die sogenannten figuras, die Startoreros, eher die leichte Variante, die sie oft noch im tercio de varas schonen, um dann mit capa und muleta glänzen zu können. Nur wenige toreros sind heutzutage so gut, das sie einen Stier erziehen können oder schnell entscheiden können, ob sie mit dem Stier lange arbeiten können, ohne das er sich am Ende verausgabt hat. Maestros wie Enrique Ponce oder El Cid sind Profis, aber den jungen Nachwuchstoreros gelingen solche Meisterstücke selten. Das es vom Standpunkt der Züchter aus nicht grade zu empfehlen i schwächere Vatertiere zu verwenden, dürfte auf der Hand liegen. Sonst könnte man ja bald jedwede Milchrinderrasse in die Arena schicken, sofern sie denn Hörner hat. Oder man ändert die corrida gleich so, das man sich den Part des picadores und den der banderilleros spart – wobei wir wieder beim gewöhnlichen Rind wären. Ein toro bravo ist ein wildes Tier, ähnlich wie ein Tiger. Letzterer wird im Zirkus dressiert und von Privatbesitzern zahm gehalten (Krallen und Zähne gestutzt…). Aber er hat trotzdem nichts mit unserer Hauskatze zu tun… Um den toro bravo und damit die fiesta brava zu erhalten, sollten die Verantwortlichen, sowie auch die  anwesenden Zuschauer sich bewusst sein, das sie mit ihrer Petition auch eine Verantwortung tragen. Sie entscheiden mit, über Leben und Sterben, im wahrsten Sinne des Wortes.