Sonntag, 28. März 2010
Doch so viele oder nur so wenig?
Der 28. März 2010 sollte der Startschuss einer grossen Kampagne der antitaurinos für ein Verbot von Stierkämpfen werden. Dazu haben sie zu einer Grosskungebung in Madrid aufgerufen. Und damit es der Demonstranten nicht zu wenige werden, haben sie vorsichtshalber mit Bussen ordentlich Unterstützung aus der katalanischen Region in die spanischen Hauptstadt gekarrt. Viele sollten es sein, sehr viele, so viele wie möglich!
Und da ist es nicht verwunderlich, dass auch die Welt der Stierkämpfe sich einen Moment von ihrem Domingo de Ramos mit den Prozessionen abwendete um einen Blick in die Metropole zu werfen. Schliesslich wollte man doch auch wissen, was da auf einen zukommen könnte. Während die taurinos sich fragten, welche Zahl an Demonstranten zum Nachdenken anrege, beschäftigte die Veranstalter eher die Frage nach dem Minimum an Beteiligung um überhaupt irgendetwas in Bewegung setzen zu können. Und schon lesen wir bei der antitaurinisch eingestellten Zeitung Público, dass die Organisatoren eine Beteiligung von an die 25.000 Personen angeben. Um dem nicht zu widersprechen bezifferte man dann im selben Blatt die Beteiligung als “Miles de personas” (Tausende von Menschen), ohne dabei irgendwie konkret zu werden.
Doch die grösste spanische Tageszeitung, EL PAIS sah es nach eigenen Recherchen ein wenig anders. Zwischen 2.000 und 3.000 Demonstranten sollen sich mit Pappschildern bewaffnet und viel Geschrei zur Puerta del Sol begeben haben. Lautstark schrien sie “Esperanza, te gusta la matanza” (“Esperanza, dir gefällt das Gemetzel"), in Anspielung auf Esperanza Aguirre, der Chefin der Regionalregierung von Madrid, die mit als erste Person des politischen Lebens den antitaurinos Kontra bot und verkündete, den Stierkampf zum regionalen Kulturerbe erklären zu lassen. Denn dass die afición es nun wagt ihre afición zu verteidigen, stösst bei den Tierschützern auf allerhöchste Empörung.
Zwei- bis dreitausend Demonstranten! Was sagt uns diese Zahl? Doch so viele oder nur so wenig? Vergleicht man diese Zahlen mit den Zuschauerzahlen von Stierkämpfen in Madrid ist die Erkenntnis eindeutig. In den Monaten Mai und Juni gibt es allein in der plaza de toros von Madrid 36 Stierkämpfe. Bei einer Kapazität von 24.000 Zuschauern käme man auf die stolze Zahl von über 850.000 verkauften entradas. Natürlich, nicht alle Tage sind gut besucht, aber auf eine Zahl kann man sich sicherlich einigen. Denn mehr als eine halbe Million werden es schon sein. Wahrscheinblich an die 700.00'0. Und wenn man dann dieses, man kann ruhig sagen, etwas grössere Häufchen an antitaurinos gegenüberstellt, liegen die Demonstranten bei weit unter einem Prozent. Das ist weder genug noch politisch gesehen irgendwie relevant.
“Nicht umsonst sprechen die Veranstalter von 25.000 Teilnehmern”, erklärt mir ein Freund, “denn mit dieser Zahl wollten sie die 24.000 Zuschauer, die so eine corrida an einem Nachmittag in Las Ventas verfolgen, übertreffen.” Das leuchtet ein. Aber selbst ein solches Ziel scheint in ziemlich weiter Ferne zu liegen; fehlen da noch weit mehr als 85 Prozent!
Man kann die Zahlen drehen und wenden wie man will, man kann vergleichen oder Statistiken erstellen, den Gegnern von Stierkämpfen bleibt nur die traurige Erkenntnis, dass es einfach nicht gereicht hat. Es waren halt nur so wenig! Und die afición erinnert sich irgendwie an das Jahr 1600, wo William Shakespeare die Feder zur Hand nahm und schrieb:
Montag, 15. März 2010
Schlafende Stiere sollte man nicht wecken!
Mittwoch, 10. März 2010
Von der Sinnlosigkeit eines Boykotts
In der Allgemeinen Erklärung für Menschenrechte vom 10. Dezember 1948 ist zu lesen: “Jeder hat das Recht auf Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung; dieses Recht schließt die Freiheit ein, Meinungen ungehindert anzuhängen sowie über Medien jeder Art und ohne Rücksicht auf Grenzen Informationen und Gedankengut zu suchen, zu empfangen und zu verbreiten.” Dabei findet der letzte Teil, “ohne Rücksicht auf Grenzen” beim Tierschutz sicherlich seine eigene Interpretation.
Um ihr Ziel eines europaweiten Verbotes von Stierkämpfen näher zu kommen, scheint den antitaurinos fast jedes Mittel recht. Gerade am Dienstag dieser Woche konnten wir beim Internetportal von SOS Galgos einen Boykottaufruf spanischer Waren zur Kenntnis nehmen. Als Erklärung heisst es, “das Land steckt in der Krise, das Gesundheitssystem ist schlecht, Kranke warten monatelang auf einen Operationstermin, für jedes “OLÉ” welches man schreit, bleibt ein weiterer Patient ohne Operationssaal und vielen spanischen Familien steht das Wasser bis zum Hals.” Mit anderen Worten, durch den Boykott wird letztendlich dem Patienten geholfen. Dies zu glauben sei einem jeden selbst überlassen.
Die Organisation tierdach.de ruft zum Boykott spanischer Sponsoren auf. Hier wird die Liste allerdings lang (siehe Stierkampf in der Werbung). Besonders bezieht man sich da auf IBERIA, weil sie mit dem torero El Juli werben sowie die Firmen Volkswagen, Cadillac, Renault, Daimler Chrysler, Easy Jet, Jim Beam und Lidl. Auch Bücher und Touristenführer stehen im Schussfeld, die nur andeutungsweise neutral über den Stierkampf berichten.
Die Tierrechtsbewegung Flensburg zielt auf die Reisebranche: Boykott von Reisebüros, Reiseveranstaltern, Hotels und Restaurants. Dabei soll man sich auch die Mühe machen den jeweiligen Institutionen mitzuteilen, warum man deren Dienstleistung nicht in Anspruch nimmt. Die deutschen Organisationen animal 2ooo und die Initiative Anti-Corrida haben per Internet zu einem generellen Tourismusboykott aufgerufen, wie auch die Arbeitsgemeinschaft Tier & Welt von einem konsequenten Boykott der Luftlinien und der Touristikbranche spricht.
Bei Foren zum Tierrechtsdiskurs wird generell gefordert Spanien konsequent zu boykottieren. Dieser allgemeine Spanienboykott findet sich allerdings auch auf anderen Anti-Stierkampf-Portalen.
Vor einem Jahr wurde ich von einer lokalen Anti-Stierkampf-Organisation sogar zu einem Boykott einer Picasso & Goya –Ausstellung in Fuengirola aufgefordert, weil es dort Exponate mit Stierkampfmotiven zu sehen gab.
Diese Aufzählung könnte sicherlich noch unentwegt fortgesetzt werden. Souvenirläden, Kunstobjekte, Museen, Theater und Opernhäuser etc.. Alles sei radikal zu boykottieren. Den Empfehlungen eines Boykotts scheinen keine Grenzen gesetzt zu sein. Und was ist mit dem Danach? Dem Fleisch der toros nach einer corrida? Den Verzehr auch boykottieren?
Glauben überzeugte Tierschützer wirklich, mit diesen Boykottmassnahmen nur annähernd etwas erreichen zu können? Besinnen wir uns, die Welt der Stiere lebt nicht vom Tourismus (Der grosse Irrglaube: Stierkampf sei für den Tourismus). Auch fügt ein Boykott anderer ökonomischer Betriebe dieser Branche keinen finanziellen Schaden zu. Mal ehrlich, ob nun eine Fluglinie wie IBERIA wirtschaftliche Verluste erleidet, das interessiert aus dem Umfeld der tauromaquia doch wirklich keinen. Und grosse Konzerne wie Daimler, Volkswagen, Lidl und Co. werden bei Umsatzverlusten ganz bestimmt nicht in der Welt der toros die Schuldigen suchen oder gar vermuten.