Dienstag, 11. März 2014

Sanlúcar (3. Teil)

Wieder auf den Spuren der toros . . .
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von Colin Ernst



Zu Beginn unseres Besuches im Coso del Pino, in Sanlúcar, wurden wir wie alte Bekannte von einigen novilleros und toreros begrüßt. Zu meinem Bedauern haben viele von ihnen in der letzten Saison wenige Auftritte gehabt. Besonders die jungen Talente trifft dies hart, denn nur durch Praxis lässt sich dieses Handwerk erlernen. Einem lebenden Stier gegenüber zu treten ist eine ganz andere Sache, als mit dem gehörnten Karren die estocada zu üben. 


Mittlerweile trainieren gut zwanzig toreros hier, da kann man Unterschiede feststellen. Einer der novilleros, welcher mir im letzten Jahr erzählte, das die banderillas nicht sein Ding seien, versucht sich aus Spass mit ihnen. Er trifft noch nicht mal. Auch das elegante Rückwärtslaufen, a la El Fandi, muss er noch üben. Die professionellen banderilleros flitzen rückwärts über den Sand, dass man meint, sie berühren den Boden gar nicht. Wenn alle mit der capa trainieren, sieht man verschiedene Schwünge, meist die media veronica oder chicuelinas. In den letzten Tagen habe ich einen Jungen entdeckt, der die media veronica mit besonderer Eleganz hinbekommt, aber seine Arbeit mit der muleta fehlt Ausstrahlung. Ein anderer bewegt die muleta mit der Hand sehr elegant, aber seine Bewegungen mit dem Körper wirken sehr steif und eckig. Beim Training mit den banderillas, sind einige, wie man sagt „regular“, also das was ein banderillero ganz unspektakulär für seinen maestro in der corrida macht. Andere werfen sich in Pose, drehen und wenden sich, wie es Padilla oder El Fandi tun. Stellen sich auf den estribo, oder drehen Piruetten in der Luft wie maestro Espla


Eloy Hilario ist einer von ihnen und so ist er uns vor drei Jahren aufgefallen. Aber sein Vater war auch banderillero, so liegt es im Blut. Ihm gefallen ausgefallene quites mit der capa und Manöver mit der muleta. Als ich ihn darauf anspreche ist er erstaunt, das ich mich auch damit ein wenig auskenne. Gerne würde er diese verschiedenen Figuren in einer corrida zeigen, aber dafür ist nicht immer der Moment, erklärt er mir. Zunächst ist es wichtiger den toro zu dominieren, was mitunter schon schwer genug ist. Wenn der Stier dann willig mitmacht, kann man mit der Kunst, dem arte del toreo beginnen. Mit der capa und den banderillas, fällt ihm dies zur Zeit leichter, als mit der muleta. Aus dem einfachen Grund, da er fast keine Gelegenheit hat, am lebenden Objekt zu üben. Als Reiter kann ich das gut nachvollziehen, es ist ein riesen Unterschied, wenn man nur ein Mal im Monat auf einem Pferd sitzt, oder jeden Tag. Grade wenn man mit Tieren arbeitet, ist der ständige Kontakt mehr als wichtig, er ist existenziell. Nun hat er in gut einer Woche einen Auftritt in Utrera, wo er einem novillo gegenübersteht. Sein letzter Kontakt mit einem Jungstier ist Monate her. Also hat man Geld zusammengelegt, damit er vor dem festejo zumindest eine becerra vor die muleta bekommt. Wir dürfen ihn dabei begleiten. Eine große Ehre, denn so ein Training findet gewöhnlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Bekanntere novilleros werden schon mal zu tentaderos eingeladen, oder haben einen apoderado, der genügend Mittel hat um die becerras, vacas oder novillos zu bezahlen. In Sanlúcar hat kaum einer diese Möglichkeiten. Ein Trauerspiel, wenn man bedenkt, das hier mehr toreros leben, als in manch anderen Städten.