Über die Wiederauflage eines Duells zweier maestros
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von Dominik Sachsenheimer
Das mano-a-mano zwischen El Juli und Morante de la Puebla heute am
Ostersonntag in Málaga wird als Wiederauflage des ersten Duells
Joselito-Belmonte vor 100 Jahren vermarktet. Hierzu einige Anmerkungen. Die
Rivalität zwischen José und Juan, die ausserhalb des Sandes eine Freundschaft
war, lässt sich so beschreiben: Joselito war ein begnadeter Athlet, der die
damals herrschenden Vorgaben des toreo in Perfektion darbot und Stiere wie kein
zweiter beherrschte, während Belmonte als kränkliches Genie die Technik des toreo durch seine Bewegungslosigkeit für immer revolutionierte und dadurch eine
vollkommen neue ästhetische Dimension schuf.
Auf den ersten Blick ist die Parallelle 100 Jahre später, Juli als den
Beherrscher aller Stiere im Lager Joselitos zu sehen und Morante als genialen Ästheten
als Erbe Belmontes, wie auf dem beigefügten cartel als Collage angedeutet.
Beide Aussagen sind fraglos richtig, greifen allerdings zu kurz, weil die
heutigen Heroen auch sehr viel mit ihrem vermeintlichen historischen Gegenpol
verbindet.
Belmonte |
Joselito El Gallo |
Ästhetisch ist das allerdings nicht jedermann’s Sache und Morante berührt
die Zuschauer auf einer vollkommen anderen Ebene. Dabei bewegt er sich zwischen
den pases deutlich mehr als viele seiner heutigen Zeitgenossen, erinnert also eher
an den barocken Ansatz des grossen Joselito El Gallo und besitzt wie dieser in
seinem Tanz mit dem Tier eine schwer beschreibbare natürliche Eleganz, was sich
vom eher hölzernen Belmonte kaum sagen liess. Wie einst Joselito gilt auch
Morante als Vertreter der Tradition gegen die neuen Moden dank technischer
Revolutionäre. Die ernsthafteren solcher Kritiker wendeten und wenden sich dabei
nicht gegen Ausnahmetoreros wie Belmonte oder Juli, sondern streichen lediglich
die Bedeutung des Bewährten gegenüber dem reinen Thrill eines bewegungslosen
Mannes im Angesicht der Bestie heraus.
El Juli und Morante de la Puebla |
Vor allem aber sind beide Akteure “komplette” matadores: Beide haben
schon zu novillero-Tagen in den 90ern alte capa-Figuren in ihr Programm
eingebaut und so das erste und zweite tercio an Bedeutung gewinnen lassen. Juli’s
Repertoire ist bis heute unerreicht und Morante’s verónicas gelten als die besten
seit Antonio Ordoñez. Juli war bis in die Nuller-Jahre ein sehr spektakulärer banderillero und auch Morante hat über die Jahre hinweg immer wieder zu den Stöcken
gegriffen. All dies Indizien für die breitere Sicht der lidia beider toreros im
Gegensatz zum verbreiteten Fokus auf möglichst aufregende Einzelmomente, obgleich
gerade die populärsten Manöver dem Stier oft schaden und für die lidia kontraproduktiv sind. Mithin stellen Morante und Juli trotz
unterschiedlicher Schwerpunkte nicht nur als “máximas figuras” sondern gerade
wegen ihrer Interpretation der corrida als Gesamtwerk eine tatsächliche
Verbindung zu ihren Vorvätern von vor 100 Jahren dar.
Hoffen wir auf einen interessanten Nachmittag, gutes Wetter und vor allem
tolle Stiere!