Montag, 31. März 2014

In Kastilien und León wird der Stierkampf zum Kulturerbe erklärt




von Philip de Málaga


Eine der grössten Regionen erklärt die toros zum Kulturgut
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Die Stiere expandieren weiter. Die nordspanische Region Kastilien-León (grösser als Portugal) wird in den kommenden Tagen die mundo de los toros zum regionalen BIC, zu einem Kulturerbe erklären lassen. Dieses verkündete der dazu speziell gegründete Mesa de la Tauromaquia, welcher sich aus politischen, wirtschaftlichen und natürlich taurinischen Fachleuten zusammensetzt. Auffallend dabei der Einsatz des Ministeriums für Kultur und Tourismus. Um den entsprechenden Schutz zu gewährleisten, sind ebenfalls die Guardia Civil und die Agentur für Zivilschutz in das Projekt mit eingebunden. Auch das lokale Fernsehen RTVCyL beteiligt sich daran.

Um die taurinos zu fördern und zu motivieren wird vom Mesa de la Tauromaquia parallel zum BIC ein neuer Preis vergeben, der Premio Tauromaquia Castilla y León, mit dem Ziel taurinische Werte zu erkennen und sie so einem breiten Publikum zugänglicher zu machen.

Mesa de la Tauromaquia (Foto: mundotoro)
Auch wenn ein wenig unbekannt, die toros haben schon länger auch in Kastillien-León eine gewisse Tradition. Seit 1834 wurden in der Hauptstadt Valladolid corridas veranstaltet. In dem damaligen quadratischen Bau befand sich ein rundes ruedo von 42 Metern und acht burladeros traten am 29. September die matadores Paquiro und Salamanquino an. Fünfzig Jahre später wurde eine barrera eingefügt und das ruedo verkleinerte sich auf 39 Meter. Schon damals boten die tendidos Platz für knapp 10.000 Zuschauer. Heute misst das redondel 50 Meter und bietet Platz für 11.542 Zuschauer.

Valladolid heute (Foto: mundotoro)
Zahlreiche spanische Poeten waren von den toros in Kastillien angetan. Unter anderem Luis López Álvarez, Rafael de la Serna, Joaquín Fernández, Victoriano Crémer, Jorge Guillén, León Felipe, Ramón de Garcisol, Santos Amestoy oder Eladio Cabañero, um nur einige zu nennen. 

Sonntag, 30. März 2014

Sanlúcar (7. Teil)

Wieder auf den Spuren der toros . . .
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von Colin Ernst


Letzter Teil der Reise nach Andalusien


Nun sind die schönen Tage vorbei, wir verlassen unsere zweite Heimat, Sanlúcar de Barrameda, schweren Herzens. Wir hatten diesmal nicht nur das schöne Wetter an unserer Seite, sondern auch die Menschen in dieser Stadt, die eigentlich ein Dorf ist. Wir hatten Einblicke in das Leben von Menschen, die sich einer Profession verschrieben haben, die einem, im 21. Jahrhundert etwas seltsam, beinahe zeitverloren vorkommen mag. Tatsächlich ist vieles im Leben der toreros, irgendwie zeitlos. 

Uns hat es die Zeit vergessen lassen. Stundenlang haben wir die Schwünge der capas auf uns wirken lassen, die Pinselstriche der muletas im Sand, mit den Augen nachgezogen. Es war faszinierend. Das Auge, bald geschult, erkennt Unterschiede in den Pinselstrichen… Unterschiede, in den zeitlupenartig ausgeführten Schwüngen der capa. Wer bewegt die Handgelenke eleganter? Welche Konsequenzen hat das Bewegen eines Stofffetzens, vor den Augen und Hörnern eines Stieres? Das Beobachten des Trainings, besonders wenn man es Wochenlang verfolgen kann, lässt einen viel über die Menschen kennen lernen, die sich den Stieren stellen. Man lernt einzuschätzen, wer sich eifrig dem Training hingibt, wer sich nur in Form hält, für einen Anruf der nicht kommt, wer eine corrida zu bestreiten hat. 

Man bekommt einen tiefen Einblick in das tägliche Leben dieser besonderen Menschen, in deren Freunde und Familien. Für mich sind diese Menschen mit nichts zu vergleichen, es ist eine andere Welt. 
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Wenn ein junger Torerolehrling, einen maestro grüsst, 
das gleicht einem lässigen Staatsakt. 
Respekt liegt in der Luft. 
Ordentlich gekleidete junge Menschen, 
zollen Respekt, bis zu den Haarspitzen. 
So etwas sieht man in der heutigen Zeit selten. 
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Die Freude, auf den Gesichtern aller aficionados und auch anderen Menschen, wenn sie merkten, dass wir wirkliches Interesse an ihnen und ihrem Leben zeigten, ist etwas ganz besonderes. Dort im Süden Andalusiens ist man sehr gläubig, und bei den Menschen, die Flamenco und Stierkampf verbindet, um so mehr. Auch dort hat man uns Einblicke gewährt. Der Glauben an Gott und seine Heiligen wird zelebriert, das Pilgern zum Rocío (Wallfahrtsort in der Provinz Huelva), die Semana Santa, die Osterwoche, wird gelebt, mit Herz und Seele ist man dabei. Später wird die Freude über diese Erlebnisse fröhlich gefeiert. Flamencotanz und Gesang, wird mit dem gleichem Enthusiasmus zelebriert. Auch uns hat es ergriffen, mit Haut und Haaren. Und der Familienzusammenhalt. Wie liebevoll Söhne mit ihrer Mutter, Väter mit ihren Söhnen umgehen, alles ein sehr positives Beispiel. 

Ein anderes Kapitel ist für viele toreros in der plaza, der ständige Balanceakt, zwischen Freundschaft und Rivalität. Man trainiert täglich, oft seit Jahren zusammen. Man hilft sich gegenseitig. Beim toreo de salón simuliert einer den Stier und greift den anderen an, dann wird sich abgewechselt.  Es bilden sich gewisse Duos, während andere ständig wechseln. Aber dies tut dem Eifer keinen Abbruch. 


Dann gibt es die Truppe der „Lehrer“, die jedem mit Rat und Tat zur Seite stehen, überhaupt, hört fast jeder jedem zu, wenn es um Verbesserungsvorschläge geht. Ist ein erfolgreicher torero anwesend und trainiert, hört einer nach dem anderen auf, um den maestro zu zusehen. Um zu lernen und zu bewundern, neidlos. Dies ist auch etwas, was uns auffiel. Auch wenn einer den anderen manchmal beneidet, weil er eine sich eine schönere traje leisten kann, wird den maestros nichts geneidet, es ist überhaupt nicht relevant, ob dieser ein neues Auto, oder ein tolles Haus hat. Hier zählt allein das, was dieser Mensch in der plaza geleistet hat. Verónicas werden bewundert, das Dominieren eines schwierigen Stieres förmlich in sich aufgesogen. Tagelang spricht man von nichts anderem. 

Torero zu werden, zu sein, erfordert die Geduld eines Engels. Für viele heisst es lange Durststrecken zu überwinden. Wenn ein kleiner Junge mit zehn Jahren anfängt, ist er oft mit 25 Jahren immer noch novillero, Torerolehrling. Wer sich das Trainingsprogramm ansieht und die Fitness all dieser Menschen dort, der beginnt sich zu schämen. Wir sitzen zu gern auf dem Sofa. Wenn sie von einem toro verletzt wurden, sprechen sie darüber, als hätten sie eine Medaille bekommen. Wir würden höchstens verschämt darüber sprechen. Aber es ist keine Angabe, oder ein nach Mitleid heischen, es ist ein Stolz, so wie es vielleicht, zu antiken Zeiten üblich war, seine Kriegsverletzungen mit Stolz zu zeigen. Bedenkt man, das die Tradition des Stierkampfes, die Verehrung des Stieres, wenn auch in ganz anderer Form, schon in der Antike bestand. Bedenkt man die Lebensumstände und alles was drum herum geschieht, beginnt man zu verstehen. 

Ich habe das Gefühl erst am Anfang des wirklichen Verstehens der tauromaquia und dieser Kultur zu stehen. Gracias, Dank Sanlúcar und den Menschen dort kann ich nun noch tiefer in dieses Mysterium eintauchen. Und vieles Gesehene, Gelernte und Empfundene, wird mich ein Leben lang begleiten, mir helfen und mich anspornen. Wir werden Eloy Hilario unterstützen. Er hat uns gezeigt, dass er es wert ist. Er unterscheidet sich in Vielem, von seinen Kollegen, was nicht heissen soll, dass er viel besser ist. Aber sein ganzes Benehmen, uns gegenüber, im Miteinander mit den anderen im Training, seine Einstellung zum Leben und zum Stierkampf, machen den Unterschied aus. In seinem Leben spielen I-Pad und Facebook kaum eine Rolle. Alles was er macht und tut, hat irgend etwas mit seinem Wunschziel zu tun, ein „Torero de verdad“, ein wirklicher torero, zu werden. Ein torero, der nicht nur aus künstlerisch schönen Schwüngen mit der muleta besteht, sondern einem, der kämpfen kann. Eleganz bewundert er, aber er sieht die Kunst als schöne Beigabe, ein „Extra“ für das Publikum. Eine schöne faena, welcher selbst geniessen kann, wenn er den Stier dominiert und der Stier es ihm erlaubt. Eloy hat noch dieses alte Kämpferblut in den Adern, was ich mitunter bei den modernen, gefeierten figuras vermisse.

Adiós Sanlúcar . . . bis zum nächsten Mal.


Samstag, 29. März 2014

Eloy Hilario: Der schönste Moment war ...





mit Eloy Hilario


Der novillero aus Sanlúcar stellt sich den Fragen von Colin Ernst
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Eloy kennen wir nun seit drei Jahren und er war keiner von denen, die einem gleich ins Auge fallen. Allerdings fiel er uns im Training auf, durch seine Art die banderillas zu setzen. Im Vorjahr konnte man erkennen, dass er eine positive Entwicklung im Gebrauch mit der capa und der muleta gemacht hatte und in dem Benefitzfestejo zeige er sich von seiner besten Seite, besonders im tercio de banderillas, gefiel er dem Publikum. Damals bekam er zwei Trophäen zugesprochen und ich beschloss diesen sympathischen Jungen im Auge zu behalten. So kam es, dass wir ihn bei der Vorbereitung für die novillada in Utrera begleiteten. Danach nahm er sich Zeit, mir Fragen, zu seinem Leben als angehender torero, zu beantworten. Wir treffen uns am Nachmittag nach der novillada auf den tendidos des Cosos del Pino, der plaza von Sanlúcar.                           


SfA: Eloy, in deiner Familie hat es gewissermaßen Tradition, etwas mit Stierkampf zu tun zu haben, wie bist du dazu gekommen?   

Eloy Hilario: Mein Großvater war ein großartiger aficionado, der meinen Vater schon unterstützt hat, als dieser novillero war. Später wurde mein Vater  banderillero und mozo de espada. Ich habe schon als Kind „ torero“ gespielt, das Küchentuch war meine capa, meine muleta, mit Stöckchen habe ich den „ banderillero“ nach gemacht. So bin ich quasi dort hinein gewachsen. Mit zehn Jahren habe ich meine Eltern gebeten, mich in einer escuela taurina ein zu schreiben. So kam ich in die escuela taurina de Jerez.  

SfA: Wann wurde dir bewusst das du torero, nicht banderillero sein wolltest? 

Eloy Hilario: Ich hatte immer Spass am tercio de banderillas, aber ein matador de toros zu sein ist etwas Grossartiges, etwas, was mich schon immer faszinierte und anzog. 


SfA: Du bist ein Schüler der escuela taurina de Jerez, warum bist du nicht in die näher liegende Schule in El Puerto eingetreten.?  

Eloy Hilario: Als ich anfing, gab es die Schule von maestro Galloso noch nicht, später gab es die Altersbegrenzung dort. In Jerez könnte ich drei Mal in der Woche zum Unterricht gehen, aber da es zu weit entfernt ist, komme ich nur einmal in der Woche dorthin.  

SfA: Wie hast Du dich später gefühlt, bei deiner ersten novillada

Eloy Hilario: Natürlich war ich aufgeregt, es kam sehr überraschend, das ich auftreten durfte. Aber ich freute mich auch sehr, das ich diese Chance bekam. Der schönste Moment war, als ich mich dann zum ersten Mal in der traje de luces sah. Ich wusste gar nicht, das ich in der traje der toreros auftreten sollte und war verblüfft, als ich mich dann im Spiegel sah. Das war ein großer Moment für mich. Auf einmal wird aus dem Jungen in Trainingshosen ein richtiger torero. Das war sehr bewegend, ein Moment, den ich nie vergessen werde. Obendrein hatte ich das Glück, dos orejas zu bekommen, ich konnte alles kaum fassen. Auch für meine Familie war dies ein großer Augenblick.   

SfA: Wie hast du dich gefühlt, als es dann, später, zum ersten Mal nicht so gut lief? 

Eloy Hilario: Das hat mir eigentlich nicht so viel ausgemacht, denn aus Fehlern lernt man. Und ich wusste schon immer, das es im Leben eines toreros Momente gibt, wo einem nichts gut genug gelingt, das muss man akzeptieren und nach vorne schauen, weiter an sich arbeiten. Natürlich ärgert man sich, über seine Fehler. Aber wir sind auch abhängig vom toro, wenn dieser nicht mitarbeitet, oder wir ihn nicht verstehen, können wir mitunter nichts besehen. Das Ganze ist sehr komplex und man muss zuerst seine eigenen Fehler sehen.   


SfA: Letztes Jahr, in El Puerto de Santa Maria, hat dich ein Stier erwischt, wie fühlt man sich nach einer cornada und wie ist der Moment, wenn man danach wieder vor den Hörnern eines toros steht? 

Eloy Hilario: Natürlich ist da zunächst ein großer Schreck, all das Blut und so…, aber als ich dann im Krankenhaus aufwachte, war ich stolz, denn ich hatte die Bluttaufe erhalten, die jeden torero erwartet. Das ist mein Leben, dafür lebe ich. Das „Bautizo de sangre“ ist für uns alle ein spezieller Moment, eine Prüfung, der man sich bei jeder corrida stellt. Das erste Mal ist die große Prüfung, die man besteht, etwas, wofür wir leben. Wir gehen gestärkt aus dieser Prüfung hervor, denn wenn wir unser Blut geben, wird uns etwas gegeben, eine Stärke kommt daraus hervor, die uns auf dem Weg hilft, diesen weiter und weiter zu gehen. Als ich dann die nächste novillada bestritt, hat dies mir eben diese Stärke, die Kraft gegeben, es wieder zu tun. Angst hatte ich keine, sondern eine innere Sicherheit, das ich es kann. 

SfA: Was sind die Schwierigkeiten, die sich einem novillero in den Weg stellen, wenn er voran kommen will? 

Eloy Hilario: Da sind zum einen die stark reduzierte Anzahl der novilladas, besonders die ohne picador. Wir sind zu viele novilleros für die wenigen freien Plätze in den carteles. Hat man aber wenige Auftritte, wird man kaum bekannt, so beisst sich der Fisch quasi in den Schwanz. Ist man nicht bekannt, erregt man weder das Interesse bei einem möglichen apoderado, noch beim Publikum. Dann ist vieles auch eine Frage des Geldes. Ein apoderado finanziert die Karriere, so kann man öfters mit den Tieren trainieren, für die man bezahlen muss. Für unsere Auftritte bekommen wir kein Geld, oft muss man welches mitbringen. Irgendwie dreht sich alles im Kreis. Ist man erst einmal bekannt, wird man zu tentaderos eingeladen, oder darf an der Seite eines maestros trainieren. Die Mehrzahl von uns hat all diese Gelegenheiten nicht und so ist es sehr schwer, aus der Masse hervor zu stechen. Dadurch sind wir, bei aller Freundschaft zu Rivalen geworden, jeder kämpft um die wenigen Chancen, die sich bieten. 

SfA: Die novillada am vergangenen Wochenende war der erste Auftritt in diesem Jahr, warst du nervös? 

Eloy Hilario: Nein eigentlich nicht, ich habe in den letzten Jahren gut 30 novilladas bestritten, da hat man schon etwas Routine. 


SfA: Ich konnte sehen, das dem Publikum dein toreo gefallen hat. Mit der capa, mit den banderillas und der muleta, hast du die tendidos erreicht. Warum hast du dich entschlossen alle tercios selbst zu bestreiten?  

Eloy Hilario:  Zum einen hat mir das Setzen der banderillas schon immer Spass gemacht, zum Anderen für das Publikum. Ich möchte ihnen etwas Besonderes bieten, damit sie Freude an der corrida haben, denn sie sind es, die dafür bezahlen. Und wenn es ihnen gefallen hat, kommen sie wieder. Und das ist es, was zählt, das Publikum, welches den Stierkampf besucht und uns die Trophäen schenkt. Ist es gelangweilt, kommen sie vielleicht nie wieder zu einem Auftritt. Und das ist für mich sehr wichtig. Es ist doch wunderbar, wenn ich selbst genauso viel Spass an der Darbietung habe, wie sie, wenn wir alle Freude daran haben. Wenn ich mich umschaue, die weißen Tücher sehe, den Applaus höre, sie auf den tendidos lachen und klatschen, das ist unbeschreiblich schön und ich gebe alles, damit ein Auftritt so endet.  

SfA: Was war denn bisher dein bewegendster Auftritt? 

Eloy Hilario: Das war die novillada in Sevilla. Ortega Cano hat mich damals unterstützt, ihm verdanke ich viel. Und er hat dies möglich gemacht. Es ist nämlich nicht so einfach, an eine novillada sin picadores in der Real Maestranza zu kommen. Es war beeindruckend, in dieser plaza der ersten Kategorie zu stehen. In dieser Kapelle zu beten, durch das Tor zu schreiten, die Puerta de Principe zu sehen, das ist unbeschreiblich. Das Publikum hat am Ende sogar ein oreja gefordert. Leider hat der Präsident es nicht gewährt. Aber diesen Moment werde ich nie vergessen.  


SfA: Hast du für diese Saison schon novilladas in Aussicht? 

Eloy Hilario: Unterschrieben ist noch nichts, aber eine Zusage habe ich aus Marbella und eine novillada in Frankreich wurde mir in Aussicht gestellt. Ich hoffe, Ende der Saison mit picador debütieren zu können. Aber solange nichts unterschrieben ist, bereite ich mich im täglichen Training vor, denn wenn der entscheidende Anruf kommt, muss man auf den Punkt fit und präpariert sein, das ist sehr wichtig. 

SfA: Zum Abschluss habe ich noch eine Frage… Wer ist dein Idol und wie wünschst du dir das cartel deiner alternativa

Eloy Hilario: Natürlich klingt es sehr vermessen, heute schon von so etwas zu sprechen, aber Träume hat unsereins natürlich. Mein Idol ist maestro Morante de la Puebla und so natürlich die erste Wahl für meine Traum alternativa. Als testigo wäre José Mari Manzanares gewünscht. Und mit toros der ganadería Juan Pedro Domecq.  

SfA: Ich danke Eloy Hilario, dem novillero aus Sanlúcar de Barrameda für seine Zusammenarbeit, wir hatten viel Spass zusammen und ich wünsche ihm alles Glück der Welt, das er beständig ist und weiter kommt, auf seinem Weg, ein matador de toros zu werden.

Seine Statistik liest sich im Übrigen nicht schlecht: 30 novillada sin picadores, also ohne den Mann mit Pferd. Gesamtergebnis: 46 orejas, 4 rabos, 3 vueltas al ruedo. Ovación in Sevilla und eine cornada in El Puerto de Santa María. Für einen Jungen, der so gut wie keine Unterstützung hat, ein sehr gutes Resultat.

Freitag, 28. März 2014

H & M und die Stiere




von Philip de Málaga



Das schwedische Textilunternehmen Hennes & Mauritz 
hat sich von der mundo de los toros inspirieren lassen
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Das die mundo de los toros mit ihrer Farbenvielfalt und den prunkvollen trajes de luces oder auch nur den einfachen trajes camperos, die Spiele zwischen sol y sombra, überhaupt der optisch glanzvolle Auftritt eines toreros erlauben den Modedesignern eine fantasievolle Interpretation und Neugestaltung ihrer Mode. Giorgio Armani hat es vorgemacht und die digitale Fototechnik macht eine gute Präsentation doch gleich viel attraktiver.

Der matador de toros Alejandro Talavante in einer Photopräsentatión im Portal mundotoro
Nun hat der schwedische Textilkonzern H & M sich der mundo de los toros genähert. In seiner jüngsten Kollektion präsentiert einer der grössten Modekonzerne der Welt seine jüngste Serie ECO. Kleidungsstücke wie Jacken und Westen und Accessoires wie Handtaschen oder Schmuck, alle inspiriert von der mundo taurino.


In an die 150 ausgewählten Filialen von H & M wird diese Serie weltweit angeboten.

Donnerstag, 27. März 2014

Sanlúcar (6. Teil)

Wieder auf den Spuren der toros . . .
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von Colin Ernst

Von Sanlúcar nach Utrera


Heute steht das festejo in Utrera an, eine novillada sin picadores, welche Carmelo Garcia, der empresario von Sanlúcar, organisiert. Utrera hat er neu übernommen und es treten neben drei novilleros aus Utrera auch einer aus Sevilla, aus Huelva und Sanlúcar an. Die Jungstiere, novillos, kommen von den ganaderías Conde de la Maza und Guardiola. Am frühen Morgen treffen wir uns mit einem banderillero, der Eloy Hilario, dem novillero aus Sanlúcar begleiten wird, vor dem Coso del Pino. Eloys Vater, Miguel Ángel Hilario, will uns dort abholen. Die Wartezeit verkürzen wir uns mit regem Austausch über Morantes Auftritt in Valencia und Ruiz Miguels Auftritt in Puerto Serrano, wo dieser zwei Trophäen errang. 

Die ersten Besucher in den tendidos
Eloy und sein Vater sind pünktlich zur Stelle. Elegant sieht er aus, der angehende torero und nervös erscheint er uns auch nicht. Auf dem Weg zum Treffpunkt des Autobusses, wird gescherzt und gelacht, als ginge es zu einem Picknick und nicht zum Stierkampf. Wir werden abgesetzt, um mit den aficionados aus Sanlúcar nach Utrera zu fahren, während ein weiterer Mitstreiter Eloys, sein zweiter banderillero, seine trastos ins Auto bringt. Die cuadrilla und ihr novillero werden gut zwei Stunden vor uns an Ort und Stelle sein. An der Bushaltestelle finden sich einige alte Bekannte ein, die wir aus der plaza von Sanlúcar kennen. Auch hier hecheln wir die corrida von Valencia durch, kommentieren, warum uns der eine oder andere torero gefällt, oder eben auch nicht. Die Meinungen sind, abgesehen von Morante, sehr unterschiedlich, jeder hat so seinen Geschmack. Endlich kommt der Bus und wir fahren in Richtung Algaida um die restlichen aficionados abzuholen. Der Bus füllt sich nicht nur mit fröhlichen Menschen sondern auch mit jede Menge Gefriertaschen, in denen sich bocadillos, Käse und Manzanilla befinden. Geht es doch zum Picknick? Das Geschnatter, welches einem Deutschen etwas befremdlich vorkommen mag, amüsiert uns. Neugierig werden wir in Augenschein genommen. Ausländer kennt man als Kunden in Restaurants, aber nicht als Stierkampfbegeisterte. Dazu kommt noch, das wir allein reisende Frauen sind, für die traditionellen Sanlúceños etwas ungewöhnlich. 

Die novillos können kommen
Nach gut zwei Stunden sind wir an Ort und Stelle. Die plaza von Utrera ist ein Neubau, in unseren Augen ein hässliches Gebäude, was kaum taurino Atmosphäre ausstrahlt. Die ankommenden aficionados allerdings lassen kaum Zweifel aufkommen. Gut gekleidet, mit dem Cordobeshut auf dem Kopf, schreiten sie genauso auf die plaza zu, als wären sie in Madrid. Unsere Freunde haben uns Plätze freigehalten, damit wir mit ihnen, möglichst nah am Geschehen sein können. Überrascht stellen wir fest, das bei diesem festejo nicht in traje corto, sondern in traje de luces toreriert wird. Meine Mutter freut es, denn oft bekommt sie die wunderschöne traje nicht zu sehen. Die plaza füllt sich gut zur Hälfte, die banda de musica nimmt Platz. Kaum haben sie sich eingerichtet werden Rufe laut – Música! Alguasillios mit guten Pferden, führen den paseillo an. Überrascht stellen wir fest, das Eloy Hillario eine ähnliche traje trägt, wie Fran Rivera, der Sohn von Paquirri, bei seiner confirmación. Anthrazit und Silber. Alle anderen tragen das populäre Gold. Einige haben schon prächtige Paradecapas, andere sind eher im Stil der einfachen capas de novilleros gehalten. 

Die toreros betreten das ruedo
Nach der Zeremonie macht man sich etwas warm, mit den capas. Gespannt verfolgen wir das Geschehen und versuchen auszumachen, wer sicher, wer nervös wirkt. Nun wird der erste novillo angekündigt und das Tor geöffnet. Ich muss zweimal hinsehen, denn das Tier ist sehr klein, kleiner als bei den novilladas die man in den großen plazas sieht. Munter galoppiert das erste Exemplar der ganadería Guardiola herein und dreht zwei Runden, ohne sich an den capas der toreros zu stören. Es folgt eine lidia, die, wenig glanzvoll für den ersten novillero endet. Israel Dianez aus Utrera wirkt etwas unsicher, was sich im Resultat widerspiegelt. Kein oreja

Auch Fernándo González, ebenso aus Utrera, ist seinem kleinen Stier nicht unbedingt gewachsen. Vor allem der schlechte Gebrauch der espada, verhindert die Vergabe der ersehnten Trophäe. Emotion kommt kaum auf. Immer wieder rufen wir uns ins Gedächtnis, das hier keine Morantes oder Padillas am Werk sind, sondern Torerolehrlinge. Die Tiere sind nicht gross, aber sie greifen schön an, senken in ehrlichster Weise den Kopf in die Tücher der toreros. Im Grunde, genau das, was diese jungen toreros brauchen, um in die Sache hinein zu wachsen. 

Eloy Hilario ist nun an der Reihe und ich bemerke wie die Stimmung umschlägt. Aufgeregtes Gemurmel ist zu hören. Anscheinend kennt man ihn hier. Tatsächlich hat er hier schon zwei Mal die puerta grande geöffnet. Auch sein novillo ist nicht der Grösste, aber flink und wendig. Eloy empfängt ihn auf den Knien, die capa um sich herum über den Kopf schwingend. Die ersten „Ole’s“ sind zu hören. Beim zweiten Mal, muss er sich schnell auf die Seite retten, sonst hätte der kleine Stier ihn umgerannt. Der quite ist etwas hastig, denn das Kerlchen ist wirklich flink auf den Beinen, lässt keine Zeit für mehr künstlerische Einlagen. Zum tercio de banderillas lädt er seinen Kollegen, Pablo Aguado aus Sevilla ein, der in den letzten Wochen auch in Sanlúcar trainiert hat. Eine großzügige Geste. Denkwürdiger brindis gen Himmel, zu Ehren seines kürzlich verstorbenen Großvaters, der Sohn und Enkel Hilario immer unterstützt hat. In der muleta zeigt sich, dass der kleine novillo richtig Energie hat. Immer wieder greift er blitzschnell an, senkt aber artig den Kopf ins Tuch. Eine voltereta sorgt für ein besorgtes Luftschnappen beim Publikum. Eloy hat keine Zeit sich den Staub von der traje zu klopfen, schon greift das Tier wieder an. Es gelingen schöne muletazos en redondo, sieben, acht muletazos in schöner Folge, die mit begeisterten Olé-Rufen belohnt werden. Die aficionados auf den tendidos sind ganz dabei. Nun kommt der Moment der Wahrheit, die estocada. Ich bitte, im Geiste, die Schutzheilige der toreros, die heilige Esperanza Macarena, um Beistand. Es scheint zu helfen, denn der Degenstoss sitzt im ersten Hieb und schnell fällt der tapfere kleine Conde de la Maza um. Der Kreuzdegen kommt nicht zum Einsatz. Stolz präsentiert sich der Torerolehrling der escuela taurina aus Jerez dem Publikum, welches mit Nachdruck dos orejas fordert. Sie werden gewährt. Wir „Sanlúceños“ sind stolz und erleichtert, klopfen uns auf die Schultern. Seine Ehrenrunde gleicht denen der figuras, von überall fliegen Blumen, Hüte und andere Dinge in den Sand der Arena, welche die banderilleros aufheben, weiterreichen oder zurück werfen. 

Eloy Hilario
Nun ist die Reihe an einem weiteren novillero aus Utrera. Daniel Araujo. Er hat ein wirklich schönes Exemplar, grösser und wohlgenährt, mit ruhiger, rhythmischer Galoppade, lädt er zur Kunst ein. Daniel hat Gelegenheit ein paar schöne muletazos mit gutem Handwechsel und tiefer linker Hand anzubringen. Allerdings ist der füllige novillo bald ausser Puste. Eine gute estocada beschert dem Jungen aus Utrera zwei Trophäen, dem Jungstier, gewährt der Präsident eine vuelta al ruedo, indem er neben den beiden weissen Tüchern, auch das blaue zückt. 

Ein muletazo
Nun ist es an dem Trainingsgefährten von Eloy, Pablo Aguado (escuela taurina de Sevilla), das Ergebnis zu toppen. Er hat ein launisches Exemplar aus der Zuchtstätte Guardiola erwischt, der weit ausladende Hörner hat. Die im Training gut gelungenen veronicas, gelingen nicht und das Tier verschanzt sich an den tablas. Kaum ein muletazo gelingt so, aber dafür ist die estocada gut, was mit zwei Trophäen gewürdigt wird. 

Als letzter ist Emilio Silvera aus Huelva, an der Reihe, der auch einen schwierigen Guardiola zu meistern hat. Ich finde, dass er seine Sache recht gut macht, aber dafür ist der Abschluss schlecht, höflicher Applaus, von den, sich schnell leerenden Rängen. Müssen alle schnell zum Sonntagsessen? 

Daniel Araujo
Wir bleiben noch bis zur Preisverleihung, die erwartungsgemäss der Sohn der Stadt, Daniel Araujo aus Utrera erhält. Sein novillo, von der ganadería Conde de la Maza wird als bestes Exemplar ausgelobt. 

Wir begeben uns zum Bus, wo wir erfahren, dass es erst um siebzehn Uhr zurück geht. Im Schatten des Busses packen die ersten ihre Gefriertaschen aus. Nach einigem Zögern suchen wir eine der kleinen Bars neben der plaza auf. Hier sitzen andere Sanlúceños bei Manzanilla im Schatten, man erkennt uns wieder und fordert uns auf, sich dazu zu setzen. Neugierig werden wir befragt, wie es uns gefallen hat, woher wir kommen und ob wir Flamenco mögen. Aber sicher mögen wir Flamenco, besonders die Sevillanas mag ich. Hochgezogene Augenbrauen…, habe ich etwas Falsches gesagt? Ganz im Gegenteil! Eine Frau beginnt mit palmas, eine andere fängt an Sevillanas zu singen. Die Männer imitieren die passenden Geräusche, die wie Hufgeklapper klingen. Im Nu ist Stimmung aufgekommen, der Kreis wird größer, man beginnt Flamenco zu tanzen, im besten Sonntagszwirn, auf offener Straße. Eine Frau singt wunderschön Fandango, herzergreifend. Wir sind mit einem Bus voller Zigeuner angereist, nun leben wir ein wenig „La vida gitana“ und sind ergriffen und begeistert. Später im Bus geht es weiter. Sevillanas, die ich mitsingen kann, nur zu klatschen traue ich mich nicht. Anerkennend nickt man uns zu, sie sehen, das wir mit dem Herzen dabei sind und das ich die Lieder kenne, freut sie. Als wir in Aglaida ankommen, werden wir von allen verabschiedet wie alte Freunde und ich habe das Gefühl, das es ehrlich gemeint ist. Ein denkwürdiger Tag, den ich nicht mit dem Besuch einer corrida in Valencia tauschen würde. Stolz sind wir auch auf Eloy Hilario, der, obwohl er seit Monaten keinem novillo gegenüberstand, eine super estocada und eine gute lidia geboten hat. Das Publikum ist zufrieden nach Hause gegangen, was das Wichtigste ist. Denn so, werden sie wiederkommen, wenn er wieder eine novillada bestreitet.

Dienstag, 18. März 2014

Sanlúcar (5. Teil)

Wieder auf den Spuren der toros . . .
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von Colin Ernst


Von Sanlúcar nach Sevilla
Und wie sich die toreros kleiden, wenn sie den toros gegenüberstehen

Wie immer bei unseren Besuchen in der Provinz Cádiz, besuchen wir natürlich auch Sevilla. Mit dem Bus dauert die Fahrt gut zweieinhalb Stunden. Eine wunderschöne Stadt, mit viel Torerogeschichte. In den Tapasbars in der Altstadt, rund um die berühmte Giralda, dem Real Alcazar im Barrio Santa Cruz und El Arenal, gibt es viele Details zum Thema toro und toreros zu sehen. 

Berühmte toreros, wie Belmonte oder Curro Romero stammen aus Sevilla. Stadtviertel, wie Triana und Santa Cruz haben seit ewigen Zeiten bekannte Stierkämpfer, Flamencosänger und Tänzer hervorgebracht. In den zahlreichen Souvenirgeschäften bekommt man alles was irgendwie mit Flamenco oder toros zu tun hat. Man kann das museo taurino der Real Maestranza besuchen, wo man viele interessante Dinge zu sehen bekommt. Alte traje de luces, aus vergangenen Zeiten, capas de paseo bekannter maestros, ein Besuch lohnt sich. Mein Besuch führt mich, vorbei an Curro Romero und Pepe Luis Vazquez, zum sastre taurino Pedro Algaba, dem Schneider der toreros. Hier werden, wie zu alten Zeiten, die traje de luces, das Lichterkleid, per Hand geschneidert. 


Die figuras lassen sich ihre trajes anpassen, geduldig stehen sie still, wenn der Meister der Nadel Mass nimmt. Wer es sich leisten kann, bestimmt die aufwendigen Details der traje selbst. Hier ein Paar goldene Pailletten in Form eines Blattes, oder phantasievolle Ornamente, eingefasst in weißem oder schwarzen Borde, die Schulterkappen, bestickt oder mit bulto…, jede Einzelheit zählt. Vieles ist mit der Hand genäht oder gestickt. Natürlich gibt es auch die capotes, die capas de paseo und die muletas hier. Sogar die Silberbecher und die Strümpfe kauft der torero hier. Das Haus verfügt auch über einen Verleih von trajes und verkauft gebrauchte Anzüge. 

Das kann sich nicht jede torero leisten.
Wer die Preise kennt, kann sich vorstellen, das sich nicht jeder torero eine traje schneidern lassen kann. 2.000 bis 4.000 Euro und mehr muss man schon auf den Tisch legen. Auch die trastos, so nennt man die capas und muletas haben einen hohen Preis, 200 bis 400 Euro im Schnitt. Und wer schon mal einen Stierkampf gesehen hat, weiss, dass es oft vorkommt, das am Ende die traje nicht nur voller Blut, sondern auch zerrissen ist, die capa zerfetzt und die muleta durchlöchert. Selten kann der matador seine traje auf Kredit kaufen, weiß der Schneider doch, das der Träger mitunter nach der corrida vom empresario nicht, oder schlecht bezahlt wird und dieser so das Geld für den Lichteranzug schuldig bleibt. Wohlhabende maestros lassen sich für jede Saison neue Anzüge schneidern, ein Luxus, von dem ein torero, der nur fünf corridas im Jahr bestreitet, nur träumen kann. Für den Toreronachwuchs, den novilleros ist das lange ein Traum, eine eigene traje zu besitzen. Ist diese dann zerfetzt, kostet es viel Geld, diese flicken zu lassen. 

Die puerta grande von Sevilla, fast alle grossen maestros waren hier
Auf der Rückfahrt von Sevilla komme ich ins Grübeln… Wie schafft es eine Familie in diesen Zeiten der Krise, einen Sohn zu unterstützen, der torero werden will? Die escuela taurina ist selten umsonst, das Handwerkszeug, capa und muleta sind noch der geringste Posten. Wer kann es sich leisten, dem jungen Talent, mal eben eine traje de luces zu kaufen? Und damit nicht genug, die becerrasvacas, die er braucht um am lebenden Objekt zu üben. Die Eltern dieser jungen, enthusiastischen Torerolehrlinge, sind die ersten, die unter großen Opfern, ein Talent fördern. Findet sich dann ein Gönner oder apoderado, sehen sie ihren geliebten Sohn mitunter vom Horn durchbohrt in der Arena liegen. Ich weiß nicht, ob ich dies als Mutter oder Vater aushalten könnte…

Montag, 17. März 2014

Sanlúcar (4. Teil)

Wieder auf den Spuren der toros . . .
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von Colin Ernst



In der ersten Woche konnten wir reichlich „Toreroluft“ schnuppern und hören nicht auf zu lernen, in dem wir die toreros beim Training beobachten und zuhören, wie sie sich gegenseitig korrigieren. 

Novilleros bei Training in Sanlúcar de Barrameda
Auch wenn Rivalität herrscht, hilft einer dem anderen, sich zu verbessern. Jedes Detail zählt. In welchem Winkel man den Zipfel der muleta vor den Stier herführt, um ihn passieren zu lassen oder um sich herum zu lenken. Wie die capa benutzt wird um den toro vom picador weg zu locken, im Unterschied zum quite

Training, wie man die capa führt
Wir beobachten, wie ein banderillero den Gebrauch der puntilla, dem kurzen Messer, welches den Stier kurz und schmerzlos erlöst, übt. Heute haben wir eine „Meisterstunde“. Maestro Juan José Padilla und seine cuadrilla sind aus Südamerika zurück. Manuel Rodriguez „Mambru“, einer seiner banderilleros kennen wir gut und so werden wir begrüsst und bekommen seine frische cornada zu sehen. Unglaublich, eine gut 30 Zentimeter lange Narbe zieht sich vom inneren Oberschenkel bis fast zum Knie. Aber das tut Mambrus Arbeitseifer keinen Abbruch, er trainiert eisern mit der capote de brega – unsereins wäre wochenlang außer Gefecht. 

Maestro Padilla ist in Top Form. Auch ihn hat ein Stier erwischt, er hat eine neue Narbe im Mundbereich. Ein Genuss, den durchtrainierten Mann vor unseren Augen mit capa und muleta arbeiten zu sehen. Auch im Training schenkt er sich nichts. Verschiedene pases werden mit der gleichen Eleganz ausgeführt, wie bei einer corrida, nur das wir hier, alles aus nächster Nähe zu sehen bekommen – für uns unbezahlbar. 

Der maestro Padilla mit einer becerra (Foto: mundotoro)
Für den Toreronachwuchs wird es ernst. Am Wochenende steht das festejo in Utrera (bei Sevilla) an, wo auch Eloy Hilario einen Auftritt hat. Zusammen mit seinem Vater, dem ehemaligen banderillero trainiert er eifrig alle tercios einer corrida. Mit der capa übt er die verschiedenen Schwünge, während sein Vater, die Hörner in den Händen, den Stier spielt. Später wird die gehörnte Karre geholt, an der Eloy das Setzen der banderillas trainiert. Sein Vater ist auch hier unermüdlich dabei und simuliert mit dem Karren den angreifenden Stier. Dem novillero kommt die Erfahrung seines Vaters zu Gute, der ihm wertvolle Tipps geben kann. 

Die plaza von Utrera ist im September 2010 eingeweiht worden
und bietet Platz für knapp 5.000 Zuschauer.
(Foto: mundotoro)
Aber auch andere, wie der torero El Califa de Aragua aus Venezuela, schauen zu und geben Ratschläge. Auch für uns ist dies sehr interessant, um die Details zu begreifen, die so wichtig sind für das toreo. Zum Abschluss wird der schwierigste Moment durchgespielt, das Töten mit der espada, dem Degen. Auch hier ist es ein gehörnter Karren, auf dem sich ein Heuballen befindet. Der Torerolehrling stellt sich auf, hebt den Degen in Augenhöhe und visiert die zu treffende Stelle an. Dann schiebt sich der Wagen auf ihn zu, während er versucht, ihn, volapie zu treffen. Hört sich einfach an, ist es aber nicht, besonders wenn er am Sonntag dem lebendigen Objekt gegenüber steht. Das geplante Training mit einer becerra im campo bravo fand am Ende nicht statt. Zum einen war es zu kurzfristig und zum anderen schraubten einige Züchter die Preise dermassen hoch, dass es nicht einzusehen war. So etwas unterstützt man nicht. So nimmt das Vater-Sohn Gespann die Benefiznovillada in Utrera als Trainingseinheit. Die Nerven möchte ich haben! Eloy wirkt kein bisschen nervös, unsereins macht sich Gedanken, ob das alles so gut geht. Am Vortag, Samstag, werden die zwei nochmals für sich alleine trainieren, während wir uns noch einmal nach El Puerto begeben, um bei und mit unseren Freunden im „Sol y Sombra“ die corrida aus Valencia im Fernsehen anzusehen: Finito de CordobaMorante de la Puebla und José Mari Manzanares, mit den toros von Juan Pedro Domecq. Das lassen wir uns nicht entgehen. Und dann geht es am Sonntag, in einem gemieteten Bus voller fröhlicher aficionados zum festejo nach Utrera.