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von Dr. Andreas Krumbein
Wie in anderen Teilen Spaniens ist
auch in Andalusien neben den encierros eine weitere Art der
Stierspiele anzutreffen, so zum Beispiel den toro de cuerda (auch toro ensogado, enmaromado oder engalanado), wie zum Beispiel in Gaucín oder Grazalema vorkommt.
(Fotos: Federación Española Toro de cuerda, Paco R.M.) |
Oder der toro del Aleluva in Arcos de la
Frontera, der einfach in den Strassen losgelassen und frei gelaufen wird, so
wie es in vielen Gegenden taurinos in Süd-Frankreich üblich
ist (wie in der Camargue und Arles mit toros der Camargue oder auch in Aquitanien).
Selbst bei Regen stellt man sich der Gefahr |
Zu den Unfällen und den damit
einhergehenden körperlichen Schäden, hier ein weiteres Video, dessen Aufnahmen
wahrscheinlich in Portugal entstanden sind, deren Aussagekraft aufgrund der
Tatsache, dass es eine Dorfveranstaltung ist, allerdings auf die Verhältnisse
in Spanien übertragbar ist.
Häufig sind Missgeschicke,
Fehlleistungen und Fehleinschätzungen verantwortlich für das Eintreten eines
Unfalles.
Man kann aber auch deutlich sehen,
dass das Eingehen eines Risikos, das Zulassen eines möglichen Unfalles mit all
seinen Konsequenzen, die Möglichkeit vom Stier erwischt zu werden elementare
Bestandteile des Stierspiels sind. Man riskiert etwas, man setzt etwas ein; man
kann auch verlieren, doch man hat es versucht. Manchmal scheint es, als sei das
Erwischtwerden sogar erwünscht, zumindest das geringfügige Erwischtwerden: man
ist dem Tod von der Schippe gesprungen, man hat ihn besiegt. Das geht
allerdings nur, wenn man sich dem möglichen Tod stellt, und wenn man ihn vorher
herausgefordert hat.
Was die toreros, allen voran der matador,
während einer corrida de toros tun, das dortige Eingehen von Risiken, hat
seinen Ursprung in der ländlichen Bevölkerung und ihren althergebrachten Riten,
die in den Stierspielen roh und direkt umgesetzt werden. Die corridade toros bietet den Feinschliff und die Möglichkeit für die Unmutigen
jemanden aus ihrer Mitte, nämlich den matador mit seiner cuadrilla
dafür zu bezahlen, dass er das Risiko für den Zuschauer übernimmt.
Einmarsch der toreros vor dem Publikum ins ruedo um sich der Gefahr zu stellen (Foto: mundotoro) |
Dafür dass man sich der Gefahr
nicht mehr selbst stellt, das Risiko nicht selbst übernimmt, bezahlt man einen
Experten, der für einen selbst als Teil einer Gemeinschaft, zu welcher der matador selber gehört, das Risiko übernimmt und die Herausforderung des Todes meistert
und diesen (den Tod) abwehrt.
Toreros riskieren verletzt oder gar getötet zu werden. (Foto: mundotoro) |
Nicht umsonst sind Unfälle oder
Todesfälle während einer corrida so etwas besonders „Schlimmes“, etwas so enttäuschendes:
nicht der direkt Geschädigte, Verletzte oder Getötete, also der torero,
ist erster Adressat der Betroffenheit und des Mitgefühls, man ist es selbst.
Das Ritual ist fehlgegangen, der Ritus hat nicht zum Ziel geführt, der Einsatz
ist verloren, das Fest konnte nicht gefeiert werden. Man kann nicht erleichtert
und befreit heimgehen. Man muss weiterhin beschwert sein.
Man gehe so nahe wie möglich an
eine Grenze. Überschreiten will man sie nicht.