Sonntag, 31. März 2013

Fast 11.000 Besucher in 8 Monaten im deutschen Stierkampflexikon




von Philip de Málaga


Und da sagen sie, die Deutschen interessieren sich nicht für den Stierkampf
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Wenn sich eine Person der mundo de los toros nähern möchte wird sie mit zahlreichen Fachbegriffen konfrontiert. Diese nachzuschlagen, so viele Möglichkeiten gab es in dem deutschsprachigen Raum nicht. Das diesbezüglich einzige akzeptable Nachschlagewerk fand sich im Anhang von Hemingways "Tod am Nachmittag" (1932) wo immerhin auf 33 Seiten 576 taurinische Bergriffe erklärt werden. So enstand im Oktober 2011 die Idee ein Lexikon zu schaffen um zu versuchen, taurinische Begriffe in der deutschen Sprache zu erklären. Mit der Hilfe von Dreamlex und dem besonderen Einsatz von Herrn Klaus Colschen wurde Ende Juli 2012 Das deutsche Lexikon des Stierkampfs, der Cossío en alemán mit 1.000 Begriffen online freigeschaltet. Seitdem sind acht Monate vergangen und es wurden bis zum jetzigen Zeitpunkt 10.973 Besucher gezählt. Dabei sei erwähnt, dass die Besucher täglich nur einmal erfasst werden, auch wenn sie mehrere Begriffe nachschlagen. Mittlerweile verfügt der Cossío en alemán über 1.658 Begriffe. Man kann wohl davon ausgehen, dass es nicht gerade die antitaurinos sind, die hiervon Gebrauch machen. Insofern scheint es durchaus gerechtfertigt mal festzustellen, so klein scheint das Interesse an den toros auch im deutschsprachigen Raum nicht zu sein.

Die matadores de toros Pepe Hillo und Pedro Romero in der Kapelle
(A. Lizcano, 29. August 1883)
Das Team von SfA möchte sich bei allen Lesern bedanken. Besonders auch für die zahlreichen Schreiben die uns erreichen. Wir haben uns über diese Anerkennungen sehr gefreut, vor allem deswegen, weil sie uns zeigen, dass wir auf dem richtigen Weg sind und es trotz antitaurinischem Geschrei nicht so wenige sind die sich für die tauromaquia interessieren. Gerne möchten wir diesen Weg fortsetzen.

In diesem Sinne wünschen Ihnen Torodora Gorges, Colin Ernst, Dominik Sachsenheimer, Dr. Andreas Krumbein und Philip de Málaga ein wundervolles Osterfest.

Samstag, 30. März 2013

Angriff auf die Demokratie




von Philip de Málaga


In San Sebastián soll es in den nächsten zwei Jahren keine Stiere mehr geben
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Keine toros mehr im Illumbre?
(Foto: mundotoro)
Kann eine Stadtverwaltung eine Entscheidung alleine treffen, wenn sie über 75 Prozent der Stadträte diesbezüglich gegen sich weiss? Man möchte meinen, eigentlich nicht. Doch im baskischen San Sebastián sieht das die regierende Partei BILDU ein wenig anders. Mit einem Minderheitskabinet von gerade mal 24 Prozent wurde in dieser Woche von Bürgermeister Juan Carlos Izagirre Hortelano eine Ausschreibung für einen Pachtvertrag der Illumbre, der plaza de toros von San Sebastián herausgegeben. Allerdings seien keine festejos taurinos, keine toros mehr zugelassen. Der neue Pachtvertrag gelte für zwei Jahre. Die komplette Opposition, bestehend aus PSOE, PP und PNV die schon in einem Plenum Ende Dezember letzten Jahres mit einer 75-prozentigen Mehrheit sich der abolición de los toros in ihrer Gemeinde widersetzte, zweifelt die Rechtsgültigkeit des Vorgehens von BILDU an. 

In Katalonien konnte man es ja noch nachvollziehen. Oder besser gesagt nachzählen, denn dort stimmten immerhin, wenn auch nur knapp, die Mehrheitsverhältnisse gegen die toros. Doch hier in San Sebastián?

Die sozialistische Stadträtin Marisol Garmendia spricht von den Allüren eines Bürgermeisters. Allüren, welche obendrein den Steuerzahler viel Geld kosten. Mit den neuen Vorhaben mit der plaza de toros fliessen in diesem Jahr gerade mal um die 25.000 Euro in die Stadtkasse. Mit den toros wären es 175.000 Euro gewesen. Mit anderen Worten, die Stadt verliert runde 150.000 Euro. Eine einfache Rechnung.
Und das in der baskischen Küstenstadt die toros keine Tradition hätten kann es auch nicht sein. Schliesslich gab es die erste plaza de toros schon 1851. Der jetzige überdachte  coso ist allerdings relativ neu. Mit einem Fassungsvolumen von 10.300 localidades wurde er 1998 eingeweiht. Und überhaupt, zu behaupten die Basken hätten mit der corrida nicht so viel am Hut, liegt weit von der Realität entfernt. Denn in der Tat kann sich das Baskenland sehr wohl mit der klassischen corrida de toros identifizieren.  

Da fragt man sich, was bewegt eigentlich Juan Carlos Izagirre? Der Tierschutz ist es genauso wenig wie in Katalonien. Denn gegen andere fiestas populares hat die BILDU durchaus nichts einzuwenden. Jon Ander Sanz von ¡Toros en Donosti, si! sieht in der BILDU eine Partei welche relativ wenig von Politik verstehe und lediglich daran interessiert sei ihre Flagge hoch zu hängen. Eine Partei, die selbst den AVE, jenen Hochgeschwindigkeitszug ablehne versuche doch nur durch spektakuläre Aktionen die Aufmerksam zu erregen.

Freitag, 29. März 2013

Mallorca will die Stiere behalten




von Philip de Málaga


Trotz deutschem antitaurinismo, die toros bleiben weiterhin auf Mallorca
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In der 30.000 Seelen-Gemeinde Inca, in der Lieblingskolonie der Deutschen, der Baleareninsel Mallorca, wurde im Rathaus abgestimmt, ob sich ihre Stadt von nun an zum antitaurinismo bekennen soll. Das Ergebnis war eindeutig. Mit 59 Prozent setzte die Stadtverwaltung ein klares Zeichen! Nein! Gerade mal 11 Prozent unterstützten diesen Antrag. Die toros bleiben der Gemeinde weiterhin erhalten! 

In Inca gibt es schon seit 1910 eine plaza de toros, mit immerhin 8.000 localidades, welche am 30. Juli 1995 nach fünfjähriger Pause von den matadores de toros Tomás Campuzano, dem Portugiesen Victor Mendez und Chamaco erneut eröffnet worden ist. Schon im Juli 1924 kam dieser coso in die Schlagzeilen der spanischen Presse, weil die toreros Valencia IIFrancisco Peralta "Facultades" und Luis Fuentes Bejarano sich weigerten gegen die toros der ganadería Perez Tabernero anzutreten. Dafür wurden sie verhaftet und kamen ins Gefängnis.

Donnerstag, 28. März 2013

Fällt José Tomás dieses Jahr aus?




von Philip de Málaga


Der Startorero wurde gestern im Krankenhaus von Cádiz eingeliefert
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Wann wird José Tomás wieder im Rund stehen und grüßen?
(Foto: mundotoro)
Der matador de toros José Tomás, unbestritten derzeit der beste torero der letzten zwei Jahre trainierte gestern vor verschlossenen Türen auf der Finca von Fermín Bohórquez. um sich für sein Comeback entsprechend vorzubereiten. Dafür benötigte er keine kleinen becerros oder novillos, toros mussten her. Die sind größer, gefährlicher und das Training wird realistischer. Und eben ein solcher toro bravo fügte dem maestro aus Galapagar, zwar keine cornada zu, wirbelte ihn aber durch die Luft wobei der torero wohl unglücklich auf dem Boden landete. Auf dem schnellsten Wege ging es in das Universitäts-Hospital Puerta del Mar in Cádiz, wo der maestro sofort von den entsprechenden Ärzten behandelt worden ist.

Nach der erfolgreichen Operation verkündeten die drei verantwortlichen Doktoren, dass sich José Tomás einen Bruch im Mittelknochen des rechten Fusses zugezogen hatte. Wie lange der maestro benötigen wird um wieder die so wichtige Bewegungsfreiheit zu erlangen wurde nicht verraten. Aber wir alle wissen, gerade im Fussbereich, dass kann lange dauern.

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N A C H T R A G 
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Wie heute der Hausarzt von José Tomás der Presse mitteilte, bleibt der maestro mindestens für zweieinhalb Monate krank geschrieben. Mit Glück vielleicht Málaga?

Mittwoch, 27. März 2013

Ratón ist tot




von Philip de Malaga


Der bekannteste Stier für encierros ist diese Tage verstorben
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Im stattlichen Alter von elf Jahren verstarb in dieser Woche der wohl bekannteste toro für encierros. Sein spanischer Name Ratón steht für Maus. Aber ihn traf nicht das typische Schicksal eines spanischen Kampfstieres, nein, er verstarb friedlich auf seiner dehesa. Bekanntheit erreichte er vor allem dadurch, dass er bei den festivos populares in den encierros für viel Wirbel sorgte. Hunderte von Verletzten und zwei Tote hinterliess er. Sein erstes Opfer war 54 Jahre alt und erhielt im Jahr 2006 die tödliche cornada von Ratón im katalanischen Sagunto. Von da an rissen sich alle möglichen encierros und andere Veranstalter von Stierfesten um dieses gefährliche Exemplar. Und gerade das brachte dem Besitzer Don Gregorio de Jesús schon bis zu 10.000 Euro für nur eine Stunde ein. Sein zweites Opfer erwischte der toro in Xátiva vor einem Jahr. Einem 27jährigen jungen Mann rammte Ratón ein cuerno in seinen Hals. Den letzten Auftritt hatte der toro am 15. März diesen Monats in der plaza de toros von Valencia

Killerstier nannte man ihn hier in den spanischen Medien. "Er sei sehr gelenkig, intelligent, und schnell. Von sehr munterer Natur. Nicht so brutal wie die anderen typischen toros, welche nach ihrem Instinkt handeln und so versuchen spontan alle Hindernisse zu beseitigen. Ratón jedoch dachte nach, analysierte und griff dann an", so erklärt es Don Gregorio de Jesús den Medien. Und genau das machte diesen toro mit dem Namen Ratón so gefährlich.

Jetzt wird er dafür vorbereitet, um ausgestopft zu werden, damit noch viele diesen berühmten toro aus Spanien betrachten können.

Ein Manager aus Andalusien





SfA mit Carmelo García



Carmelo García ist empresario der plaza de toros von Sanlúcar de Barrameda, einer 68 tausend Seelengemeinde in der andalusischen Provinz Cádiz. Der coso der dritten Kategorie fasst 6.000 Zuschauer und wurde schon am 1. Juli 1900 mit den matadores de toros Machaquito und Largatijo Chico und den legendären toros der ganadería Miura eingeweiht. Der empresario stellt sich den Fragen von Colin Ernst:


Schon im letzten Jahr, hatte ich Gelegenheit, den empresario der plaza de toros von Sanlúcar de Barrameda, die Hand zu schütteln. Denn Carmelo García hielt mich irrtümlich für einen angekündigten und auch prominenten Besucher. In diesem Jahr war er meine erste Adresse, um mehr über die Arbeit eines Arena-Managers zu erfahren. Mehrfach mussten wir unser Gespräch verschieben, die Verlegung des festejos, das Wetter, Renovierungen und auch meine anderen Termine, verschoben das geplante Interview auf die letzten Tage meiner Reise. 

Heute morgen, bei schönstem Wetter, bespricht er mit einigen Handwerkern, die Verbesserungsarbeiten, welche vor der nächsten corrida anstehen, ausführen sollen. Er kennt jeden Nagel, jede Schraube, jedes Brett dieser plaza, die, wie ich später erfahre, sein Leben bestimmt hat. Um alles kümmert er sich persönlich. Nichts überlässt er Dritten, er ist mit Leib und Seele impressario dieser plaza und ich muss sagen er macht seine Sache verdammt gut - ich habe schon andere Plaza-Manager gesehen, die ihre Arenen nicht so in Ordnung halten und nur auf das Geld schielen, welches ihnen die corridas bringen.

Ich folge dem wichtigsten Mann der Taurinowelt von Sanlúcar in die Katakomben, wo er ein bescheidenes Büro hat. Kein Pomp, keine Selbstdarstellung, ganz im Gegenteil - die Fotos , welche die gelben Wände zieren, zeigen die Protagonisten. Vom Foto des jüngsten novillero, bis zu den carteles in Kleinformat, ein paar Trophäen, ein einfacher Schreibtisch und ein paar Klappstühle, sind das spartanische Imobiliar. Er selbst, nicht in Anzug und Kravatte, sondern in praktischer Jeans und Pullover, steht mir Rede und Antwort.

Meine erste Frage ist, wie er überhaupt dazu kam, empresario vom Coso del Pino zu werden...

Jesulin de Ubrique
(Foto: mundotoro)
Er sei im Häuserblock, direkt gegenüber aufgewachsen, und so wurde die plaza sein zweites Zuhause. Er selbst hat es zum torero gebracht, auch wenn er letztendlich als banderillero arbeitete. Letztes Jahr hat er zu seinem 25 Jahrestag seiner alternativa, eine corrida veranstaltet und alle Freunde der plaza eingeladen. Sein letzter matador, also Arbeitgeber, war kein Geringerer, als Jesulin de Ubrique, den er jahrelang begleitete. Nach dessen Rücktrit, dem sogenannten "cortar de coleta" (Anschneiden des Zopfes), beschloss er, die plaza in Sanlúcar zu lancieren, seiner Heimatstadt.

Ich frage ihn, ob er auch als apoderado (also als ein Manager für einen torero) tätig ist, wie viele andere empresarios.

Nein, das will er nicht. Er hat es versucht, aber schnell gemerkt, das sich da die ureigenen Interessen kreuzen. 

Eine kluge Entscheidung, denn sonst müsste er ständig "seine" toreros in seiner plaza auftreten lassen, und das Publikum will vielleicht ganz andere matadores sehen. Ich schaue mir die carteles der letzten Jahre an, dies hat er klug gelöst. Die corridas hier lassen wirklich nichts zu wünschen übrig - alles was Rang und Namen hat, war hier - PonceManzanaresMorante de la Puebla, die besten ganaderías und trotzdem hat er immer wieder novilleros oder matadores seiner Heimatstadt, wie Antonio José Blanco oder Álvaro Sanlúcar in irgendeiner Veranstaltung berücksichtigt. Für mich genau die richtige Mischung, die es für einheimische aficionados und angereistes Publikum, interessant macht, seine Events zu besuchen. 

Nun möchte ich wissen, wie das Szenario abläuft, wenn er eine corrida plant...

El Juli
(Foto: mundotoro)
Hier kommt seine jahrelange Erfahrung ins Spiel, der Mann kennt sich aus, im mundo taurino. Er kennt die matadores, genauso wie die ganaderías. Er weiß, welcher torero in welchen Zuchtstätten trainieren, also welche Züchter sie bevorzugen. Nun fährt er also zu der ganadería, wo, sagen wir mal maestro El Juli und andere namhafte figuras praktizieren. Dort sucht er sich die Stiere aus. Dank seiner jahrelangen Erfahrung, seines guten Auges für die toros, kann er das schon Monate vor der eigentlichen Veranstaltung machen. Zehn novillos oder toros fallen in die engere Wahl. Nun ruft er die entsprechenden toreros, wie zum Beispiel den matador de toros El Juli an, oder auch dessen apoderado, um zu sehen, ob er am Tag X noch Zeit für eine corrida in der plaza von Sanlúcar hat. Die matadores kommen gerne, denn sie wissen, die erwählten toros werden ihren Ansprüchen gerecht. Hier liegt nämlich der Teufel im Detail.... Carmelo, kauft nicht einfach ein paar toros, nein, er selektiert gewissenhaft. Mehrmals fährt er beim Züchter vorbei, schaut sich seine Auslese an. Sind sie gut im Futter, wie bewegen sie sich, ist ein Stier bei einer pelea verletzt worden? Da kommen viele Faktoren zusammen und dank seiner jahrelangen Erfahrung als torero, weiß er, was er will und was gefragt ist. Er selbst, bezeichnet sich als "pesado", als jemand, der dem Züchter auf den Geist geht, mit seinen vielen Besuchen, aber es ist ihm egal, er will für seine Stadt, für die Stierkampfliebhaber, für die toreros, egal ob berühmt oder nicht, nur das Beste. Und er versteht sein Handwerk! In den vier Wochen, die ich den "Spuren der toreros" folgte, habe ich viel gesehen, aber die novillos, die in Sanlúcar im Rampenicht standen, waren die besten Stiere von allen. Tapfer, agil, angriffslustig und fast ohne Fehl und Tadel. Da können sich andere empresarios noch eine dicke Scheiben von abschneiden, wie man so schön sagt. 

Was muss ein empresario alles bereitstellen, frage ich Carmelo.

Das fängt an mit den Leuten, die das ruedo säubern, den Mulis, welche die Stiere aus der Arena ziehen, der Druckerei für die entradas, und vor allem, der Arzt und der Notarztwagen. Der coso hat zwar eine enfermería, aber diese muss am Tag der corrida auch ausgestattet sein, es muss ein Arzt da sein, und die ambulancia, für die hoffentlich nicht eintretenden Notfälle. Umsichtig hat er alles geplant, kontraktiert und bei dem Benefiz-Festival selbst die Kosten getragen.

Wie steht er zu ausländischen Medien die über die tauromaquia berichten?

Ich zeige ihm den Webauftritt von "STIERKAMPF für ALLE", damit er sieht, das sich tatsächlich auch deutsche aficionados für die fiesta brava einsetzen. Das scheint ihm zu gefallen und auch mein Projekt, dort, in der Zukunft novilleros vorzustellen, findet er gut und wichtig. Er will dies unterstützen und sucht mir einen anderen Link heraus, wo sich ein Franzose der gleichen Sache annimmt - sehr hilfreich! Zu meinem Erstaunen, bittet er mich, ihm meine Fotos von der plaza und dem Event zu schicken und die entsprechenden Links zu der Seite (SfA) muss ich ihm auch aufschreiben. 

Mein persönlicher Eindruck

Er ist ein Mann der Tat. Kein eleganter Schreibtischtäter, sondern einer, der mit "corazón y alma" (Herz und Seele) bei der Sache ist. Also jemand, den man wirklich unterstützen sollte. Das Telefon hat mehrmals Sturm geklingelt und als er nun doch den Anruf annimmt, wird ihm bewusst, dass er sein TV Interview für den regionalen Sender Canal Sur, über unsere Plauderei fast vergessen hätte. Höflich entschuldigt er sich bei mir, dass er nicht mehr Zeit hat, aber eine letzte Frage stelle ich ihm, während wir unsere Sachen packen: Wieso hat Sanlúcar keine Waage? Auch diesmal nimmt er sich die Zeit, mir zu erklären, das es für plazas der dritten Kathegorie nicht obligatorisch ist, eine zu besitzen. Die Zücher haben eine, wo die Stiere vor dem Transport gewogen werden.

Nachtrag

Heute Nacht, einen Tag nach dem Interview, zappe ich auf Canal Sur, wo ich zufällig sein Interview mit dem Sender verfolgen kann. Ich bin beeindrukt, nach Abzug der Sozialabgaben, der 21 Prozent Steuern, bleiben noch 12.600 Euro für die Unterstützung der Behinderten übrig. Eine stolze Summe, für so eine kleine plaza de toros. Er betont, das weder das Orchester, noch die toreros, nicht die Helfer und die Kartenverkäufer, nichtmal der Notarzt einen Cent genommen haben... alle haben sich in den Dienst der guten Sache gestellt. Und das er stolz darauf ist, das sein "pueblo", dies so unterstützt hat. Mit Recht, wie ich denke, denn es steckt jede Menge Arbeit dahinter, von allen Beteidigten. Ich ziehe meinen, nicht vorhandenen Hut, vor soviel Initiatve und kann auch nur sagen : Gracias Carmelo, y gracias a los Sanluqueños! In zwei Tagen ist mein Abenteuer hier vorbei, "pero mi corazón queda en Sanlúcar de Barrameda" (aber mein Herz bleibt in Sanlúcar de Barrameda).


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Dienstag, 26. März 2013

Benefizstierkämpfe in Andalusien




von Philip de Málaga


Dieses Jahr beginnt mit auffallend vielen Veranstallungen für die Wohltätigkeit
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Präsentation in Jaén
(Foto: mundotoro)
Ob nun Städte wie Córdoba, Granada, Málaga, nun hat eine weitere andalusische Provinzhauptstadt ihr cartel bekannt gegeben. In Jaén findet am 7. April ein festival taurino statt zu Gunsten der Vereinigung für Krebshilfe in Jaén. Wie auch in den anderen Provinzhauptstädten punktet man hier mit einem cartel de lujo: Die matadores de toros Juan Mora, Enrique Ponce, Juan José Padilla, Curro Díaz, El Fandi, David Mora und der novillero Manuel Fuentes. Die novillos kommen von der ganadería des maestros Enrique Ponce.

Man bedenke, es sind nicht gerade kleine plaza de toros, wo die tendidos für eine Wohltätigkeit gefüllt werden. Jaén mit 11.000 Zuschauern, Granada mit 14.500, Córdoba mit 16.900 und am nächsten Samstag in Málaga mit einer Kapazität von 13.000 asientos. So kommen grosse Summen zusammen um einige Hilfsprojekte finanziell zu unterstützen.

Da setzen toreros für einen guten Zweck ihr Leben aufs Spiel und trotzdem wird es durchaus recht differenziert aufgenommen. Empresariosganaderos und viele andere aus dem Bereich der tauromaquia stellen ihre Leistung umsonst zur Verfügung und werden manchmal dafür geradzu respektlos behandelt. Vor allem antitaurinos sehen darin lediglich einen heuchlerischen Akt um für die toros zu werben. Scheinheilige Selbstdarstellung der tauromafia. Wenn ein matador de toros wie José Tomás mal eben 200.000 Euro spendet, dann löst das im Kreise des antitaurinismo eher Unbehagen aus. Schliesslich leben jene teilweise fanatischen Tierschützer hauptsächlich für die Tiere und haben selbst recht wenig zur menschlichen Wohltätigkeit beigetragen. Erst die Tiere, dann die Menschen, so hat es manchmal den Anschein.

Gerne spricht man den taurinos das Recht ab hier im ach so modernen und fortschrittlichen Europa zu leben, gar werden sie als unmenschlich beschimpft, aber wenn sie dann anderen Menschen helfen wollen, passt das eben nicht in die ethischen Moralvorstellungen der antitaurinos

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Siehe auch:

Montag, 25. März 2013

Viva México! (2. Teil)

Der Morante aus dem Schwarzwald
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Eine Reportage von Dominik Sachsenheimer 

Rückkehr an den burladero mit Puls immer noch über 170 und schweissgebadet, obwohl ich ja eigentlich nur rumgestanden bin.  Dazu Schmerzen in Schienbein und Oberschenkel, wo der Tierkopf mich erwischt hat und im Po durch die harten Landungen auf dem Boden - aber ich bin überglücklich... Kommentare des novilleros German und Gastgeber Luis Miguel: “muy torero, con mas clase que los otros tres” (sehr torero und mit mehr Klasse als die anderen drei) - offenbar aber ohne jede Technik und vollkommen orientierungslos zwischen den einzelnen pases. Damit haben sie leider recht.
Mit dem zweiten Tier läuft es viel besser, ich kann einige “pases” machen, gar zwei komplette Serien, bin allerdings wieder oft selbst am Boden. Dennoch ertönen laute Rufe der Umstehenden. “Artista, hazme llorar!” (Artist, bring mich zum weinen!) höre ich, oder, auf meine süddeutsche Heimat anspielend “El Morante de la Selva Negra!” (Der Morante aus dem Schwarzwald).

Die letzte Kuh des Tages ist riesig, fast Novillo-Format mit recht langen Hörnern, aber sehr gut auf der linken Seite. Jorge hat tolle zehn Minuten mit ihr, dann erwischt sie ihn aber zwei Mal übel, bei einem Tier dieser Grösse spektakulär anzusehen. In Sekundenschnelle sind wir alle im Rund und lenken das Tier ab. Im nachhinein bedacht kurios, dass ich mich ohne nachzudenken so spontan in die Gefahr stürze, für jemand anderen. Wie erwähnt: man  lernt sich auch selbst ein bisschen kennen, beim Stierkampf. Selbst wenn es nur Kühe sind.

Frank und Robert wagen ein paar “pases”, noch ängstlich, nach Jorges aufregendem Missgeschick. Luis Miguel und German rufen “mal sehen, was ‘el torero‘ mit ihr machen kann.” Sie meinen mich. Ich winke ab und verweise auf die Größe des Tiers und ihr nun fortgeschrittenes Wissen darum, dass hinter dem Tuch ein handfestes Ziel zu treffen ist. Also versucht novillero German sein Glück und entgeht nur knapp einem Unfall, was mich bestätigt. Dennoch ärgere ich mich im nachhinein. Außer noch dunkelblaueren Flecken und sechs Tagen Schmerz, statt nur fünf, hätte eigentlich nicht viel passieren können. Es sei denn, man bricht sich bei  der Landung den Arm oder bekommt ein Horn oder einen Huf ins Gesicht, was aber eher in die Wahrscheinlichkeit von Haushaltsunfällen fällt. 

Nach einer heißen Dusche im Hotel wird der Abend lang. Wir vier Nordlichter aus New York und die beiden Einheimischen kennen uns kaum, unterhalten uns aber wie alte Freunde über unsere Kinder, Frauen, Berufe. Der Tequila fließt wie Wein und jeder will die nächtse Runde zahlen, eine Frage der Ehre.

Für Sonntag ist das gleiche Programm geplant. Nachdem ich Samstag bei der letzten Kuh gekniffen hatte, habe ich mir Nachts fest vorgenommen, jeder Aufforderung nachzukommen, auch bei noch so großen Gegnern. Als ich die Tiere dann aber im Stall sehe, stellt sich unmittelbar wieder Herzrasen und der intensive Wunsch ein, gleich zurück ins Hotel zu gehen. Trotz Restalkohol und dem Mut den ich im Traum getankt hatte.

Ich darf auch den Sonntag eröffnen, weil meine verbliebene dritte Kuh wiederum die kleinste ist. Sehr gutes Tier. Einige veronicas und gar eine chicuelina gelingen gut, letztere allerdings eher aus der Not im Rückwärtsgang improvisiert. Mit der muleta bin ich zehn Minuten alleine beschäftigt, ein paar Mal lande ich auf dem Hintern, wie am Vortag oft nur weil ich hektisch über meine eigenen Beine stolpere. Zurück im burladero folgt eine mit todernstem Gesicht vorgetragene Bitte Germans, bei meinem Debüt in Sevilla eingeladen zu werden. Liebevolle Hänselein, die sonst nur zwischen engen Freunden möglich sind,  stellen sich nach so kurzer Zeit ein, das es sich ganz vertraut anfühlt. Das gemeinsame Meistern von Gefahr wirkt als Beschleuniger beim Kennenlernen. Jeder ist in der Arena ganz er selbst – also nie genau so, wie er gerne sein möchte. Durch die wild-romantische Intention des Wollens, die für alle sichtbar auf ihre Limitation prallt, legen sich alle bloß. So werden Fremde innerhalb von wenigen Stunden zu Vertrauten und kommunizieren auf eine innige Art, die man oft vermisst bei Menschen, mit denen man regelmässig aber letztlich viel oberflächlicher zu tun hat.

Nach verrichteter Arbeit versammelt sich die Crew in einer Bar, wir sehen Manzanares hijo live aus Mexico City an, danach mündet der Tag wieder in einem langen Abend in Luis Miguels Wohnzimmer, mit Videos der mexikanischen Torero-Legende Manolo Martinez, dessen Genie die “spanischen Idioten” laut dem Hausherren nie verstanden haben. Seine Kinder müssen am Montag in den Kindergarten, also brechen wir um vier Uhr früh nach zahlreichen Umarmungen auf. Mein Flug geht ebefalls am Montagmorgen, Gliederschmerzen, ein mörderischer Kater, ich finde weder stehend noch sitzend eine erträgliche Position im Flugzeug. Zudem ziert ein Sonnenbrand meinen Hinterkopf,  wo sich die Haare lichten. Aber ich bin bestens gelaunt. Wir sollten das jede Woche machen. Dann wäre ich nach ein paar Jahren zwar verarmt, aber ein halbwegs anständiger “aficionado práctico” in der 250kg-Klasse. Und eventuell ein besserer Mensch.

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SIEHE AUCH:
Viva México! (1. Teil)
Ein zeitloses Geschenk aus jener Stunde in México

Sonntag, 24. März 2013

Viva México! (1. Teil)


Wenn man den Stieren plötzlich gegenüber steht
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Eine Reportage von Dominik Sachsenheimer 

Warum fliegt ein Mann von 36 Jahren von Chicago nach León, Mexiko, um ein Wochenende lang Stierkampf zu üben? Eine Midlife-Crisis wäre die naheliegende Antwort, Abenteuerlust die romantische. Oder weil Stierkampf eine essentielle, menschliche Kunstform ist? Weil jeder Mensch im Augenblick der Angst offenlegt, wer und was er ist, ohne sich hinter Posen verstecken zu können? Weil man also sein echtes Wesen zum Ausdruck bringt, bringen muss und sich selbst, seinen Kern, eventuell erst auf diese Weise erkennt? Vielleicht. Dazu muss man wissen: ich sehe mich nicht als Künstler, ich bin nicht mal mutig, kein Draufgänger, im Gegenteil, als Kind bin ich am langsamsten Schlitten gefahren.
Dennoch fliegen Robert, Frank und Jorge Luis nach León, Hauptstadt der Provinz Guanajuato. Die drei, die ich aus meiner Zeit in New York kenne, lesen mich am Flughafen auf. Sie sind bereits in mehr als 10 Festivals aufgetreten, in denen sie Jungstiere mit etwa 300kg getötet haben. Bei mir hat es bislang nur zu einer “tienta” in Salamanca vor sechs Jahren gereicht, noch bevor ich in die USA auswanderte.

Wir wollen am Samstag und Sonntag zu einem “tentadero”, einem Test. Um die für Kampfstiere als ideal geltenden Eigenschaften zu züchten, testet man die Kühe in der plaza und hofft, dass die Mütter ihre Anlagen später an ihre Söhne weitergeben. Würde ein Stier der “capa” und “muleta” ausgesetzt, würde er sich zeitlebens daran erinnern, wäre also für einen späteren Auftritt unbrauchbar.

Um elf Uhr vormittags am Samstag kommen wir auf der Ranch “Campo Alegre” an und gehen durch roten Staub zur Arena aus Naturstein. Kakteen zieren die kleine Tribüne. Dort erwartet uns schon German, der “maestro de lidia”, kolumbianischer novillero mit Auftritten in Las Ventas in Madrid, keine Ohren, aber gute Kritiken mit schwierigen Stieren, allerdings Ende Oktober, so dass zu Beginn der kommenden Saison alles vergessen war. Neben German lernen wir Luis Miguel kennen, lokaler aficionado mit unzähligen Festivals auf dem Kerbholz, Sohn und Neffe einiger mexikanischer empresarios, aber am Tag Buchhalter. Frank kennt German und Luis Miguel von früheren Reisen, sie werden uns mit schwierigen Tieren helfen.

Im Stall stehen etwa 20 Kühe, davon drei kleine und ein Haufen sehr grosse, leider kaum etwas dazwischen, was besser gewesen wäre  – vor allem für mich. Ich mache mir angesichts der grossen Viecher fast in die Hosen und frage mich heimlich, warum ich so einen Unsinn riskiere. Als Anfänger werden mir die Mini-Kühe zugeteilt, Frank, Robert und Jorge Luis einigen sich mit Kennerblick auf grosse Tiere, so dass wir am Ende pro Mann drei “vacas”, also insgesamt zwölf Kühe haben – macht sechs am Tag.

Weil meine Kuh so winzig ist, kommt sie zuerst dran, zum Aufwärmen sozusagen. Statt das Tuch anzugreifen, rennt sie allerdings ängstlich davon. Ich laufe hinterher und werde jedes mal überrumpelt, wenn sie sich doch spontan zum Angriff umdreht. Ich gerate im Rückzug ins Stolpern und lande unsanft auf dem Hosenboden. Blöder Start, aber das Tier ist so harmlos, dass es eher peinlich als gefährlich wird. Es tut ein bisschen weh, aber verletzt ist in erster Linie mein Stolz.

Nach mir kommen Jorge und Frank mit schwierigen Tieren dran, und als vierter Robert mit der einzig mittelkleinen Kuh, mit der ich auf den Fotos zu sehen bin. Nachdem er sie toreiert hat, werde ich aufgefordert, auch mal was mit seinem Tier zu probieren. Mein Puls jagt auf 190 hoch, einerseits, weil das Tier eben wild ist. Andererseits weil ich als Anfänger kaum Erfahrung oder Technik und vor allem wenig Selbstvertauen habe. Es ist ein großer Sprung von der Theorie zur Praxis. Die einzige Form des Trainings ohne Tier ist das “toreo de salon”, frei übersetzt: das Tuchwedeln im Wohnzimmer.  Als ich noch in New York lebte, haben wir uns mangels Wohnzimmer zu viert im Central Park getroffen, einmal erhielten wir dort sogar eine Lehrstunde von maestro Espla, der einen Vortrag für den “New York City Club Taurino” hielt. Aber seit meinem Umzug nach Chicago ein Jahr zuvor war ich außer Form gerraten und schlich deswegen in den Wochen vor unserer Reise jeden Morgen um fünf Uhr in eisiger Kälte auf ein Basketballfeld, um dort zu üben.

Zum Glück scheine ich mich ordentlich anzustellen, zumindest behaupten meine Trainingspartner, es sei  Talent vorhanden. Vielen “aficionados practicos” fallen die pases schwer, die Figuren verrutschen zu ungelenken Verbiegungen des Körpers. Der Teufel liegt im Detail und vor allem im Handgelenk: Erstens, weil der Stadtmensch dort zu wenig Kraft hat; matadores besitzen trotz zierlicher Figur starke Muskeln im Unterarm und der Hand, ich hingegen bekomme schon nach 20 Minuten Krämpfe in den Fingern. Zweitens, weil das Dirigieren des Tuchs ein ganz unnatürlicher Vorgang ist, vor allem mit der schweren und sperrigen capa, wenn beide Hände voneinander unabhängig und in unterschiedlichem Tempo arbeiten.

Jetzt schaut mich die Kuh an und ich laufe langsam weiter in ihren gedachten Angriffsweg, “cruzar” oder kreuzen heißt das im Fachjargon. Mit forscherem Schritt und einem kurzen “He!”, begleitet von einem leichten Schütteln des Tuchs, versuche ich sie zum Angriff zu reizen. Keine Reaktion. Ich bin zu weit weg, ein Anfängerfehler. Ein weiterer häufiger Anfängerfehler wäre aber, nach ein paar Fehlversuchen zu forsch zu Werke zu gehen und die unsichtbare Linie zu übertreten, die das Gebiet des Tiers markiert. Dieses Überschreiten wird meist mit einem sofortigen Angriff bestraft, der oft ungemütlich endet, weil der Anfänger weder sein Tuch in Position gebracht hat noch geistig vorbereitet war und in Panik zur Seite oder nach hinten ausweicht, was alles noch viel schlimmer macht, weil das Tier nun genau in die taumelnde Masse aus Mensch und Tuch rennt. Die richtige Reaktion wäre ein Schritt in den Angriff hinein, das Tuch vor dem Körper, um das folgenden Tier mit dem Tuch um den Mann zu führen, statt in ihn hinein.

Also schaue ich der Kuh nun in die Augen und versuche bei langsamem Vorwärtstasten an ihrem Blick abzulesen, wann ich ihre Grenze erreiche. Sie blinzelt und bewegt ganz leicht den Kopf, viel undramatischer als die schnaubenden und mit dem Huf scharrenden Bullen in “Bugs Bunny”-Cartoons. Also noch mal, “He!” und das Tuch rausgehalten. Sie stürmt los und ist schon vorbei, offenbar habe ich etwas richtig gemacht, obwohl es zu schnell ging, als das ich mich daran erinnern könnte: Das Tempo des Tuches hat sich dem Tempo des Angriffs angepasst. Die matadores nennen diesen Effekt “templar”: das Tuch folgt dem Stier, auch wenn es anders ausieht. Der Angriff verlangsamt sich nicht auf das vom matador vorgegebene Tempo, selbst wenn manche Fans ihren Helden gerne solche Fertigkeiten zusprechen. So etwas gelingt eventuell später in der “faena”, wenn der Stier müder geworden ist und auch nur dann, wenn der torero zuvor als vertauensbildende Massnahme das Tempo des Stiers aufgenommen hatte. Wird das Tuch aber anfangs zu langsam bewegt, feuert der Stier es mit Kopfstössen durch die Gegend, frustriert vom Fehlen eines festen Wiederstandes. Dabei soll der Drang nach einem solchen Wiederstand ihn motivieren, konstant und stetig anzugreifen.

Was mir dagegen nicht gelingt, ist das unmittelbare Wenden des Stiers für den nächsten Angriff. Zum Glück, ich bin nämlich so verwirrt, dass ich dem Tier noch nachsehe und gar nicht parat stünde, wenn es schon wieder käme. Aus den burladeros höre ich aufmunternde Rufe, während ich die fehlenden drei oder vier Schritte auf die Kuh zugehe. “Muy bien, torero”, “despacito”, “bajo la mano”... (langsam, halte die Hand unten).

Ein derechazo von Dominik
Die nächsten drei derechazos führen zu lauten “Oles”, auch von den Rängen, wo inzwischen der ganadero mit ein paar Freunden über die Gringos lachen will. Trotz der Verbindung von drei “pases” in Folge misslingt das Umschalten auf den abschließenden “pase de pecho” und die Kuh erwischt mich mit ihrer Stirn am Schienbein, die kleinen Hörner gehen zwar links und rechts am Bein vorbei, aber ich gehe schon wieder zu Boden.

Danach gelingen zwei Serien “naturales” über das einfachere, linke Horn. Der “pase de pecho” gerät allerdings zu hektisch und die Kuh dreht auf kleinstem Raum um, weil sie auf einmal ohne Tuch und mithin ohne Ziel dasteht – und wieder lande ich im Staub. Der letzte “pase de pecho” gelingt allerdings hervorragend.
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Siehe auch:
Ein zeitloses Geschenk aus jener Stunde in México von Dominik Sachsenheimer
Viva México! (2. Teil)