Donnerstag, 30. August 2012

Eine schlechte Entscheidung

Devolución eines toros während der faena


In Colmenar, bei Madrid, fand gestern eine corrida de toros statt, bei dem das público Zeuge einer höchst merkwürdigen Entscheidung des Präsidenten geworden ist. Denn erst im letzten tercio, als der matador de toros Ivan Vicente versuchte mit einen zugegebenermassen untauglichen toro eine faena zustande zu bringen, zeigte der presidente das grüne pañuelo. Er wies eine devolución des toros an. Der Stier musste ausgetauscht werden. Und das beinahe wenige Minuten vor de estocada.

Diese Entscheidung mutete nicht nur recht seltsam an, sondern sie war auch in höchsten Grade regelwidrig. Denn im nationalen reglamento taurino, welches für die Comunidad de Madrid gültig ist, kann man in Kapitel V, Artikel 84 im 1. Absatz nachlesen: "Der Präsident kann den Austausch des Stieres anordnen, wenn dieser bei Eintritt in das ruedo für die lidia nicht geeignet zu sein erscheint." Und in Absatz 2 wird ergänzt, "wenn sich ein Stier während der lidia als ungeeignet zeigt, ist dieser mit der puntilla zu töten, und wird nicht durch ein anderen Stier ersetzt." Klare Worte, denn nur beim Eintritt kann der presidente eine devolución anordnen, nachher nicht mehr.

Abgesehen von den rechtlichen Konsequenzen, was ist hier in Colmenar eigentlich geschehen? Internetportale wie burladero sehen in dieser Entscheidung ein Nachgeben gegenüber dem lautstark protestierenden Publikum. 

Da stellt sich die Frage, liegt denn ein solches Verhalten im Interesse der tauromaquia? Wohl kaum, denn gerade in diesen Zeiten wollen sich die geordneten festejos taurinos, wie die corridas de toros, die novilladas oder der rejoneo, bewusst von den ungeordneten Verhältnissen anderer Stierfeste trennen. Eine corrida ist eben keine capea. Auf dem Land herrscht Disziplinlosigkeit und die toros sind der Willkür des Volkes ausgesetzt. In einer plaza de toros dagegen herrscht Ordnung, dessen Gesetze durch ein reglamento taurino bestimmt werden. Und es ist die Aufgabe dessen Präsidenten für die Einhaltung sorgen. Da sollte kein Raum für individuelle Entscheidungen sein. Nicht die Willkür, nicht die Laune auch nicht irgendwelche Sympathien sollte das Geschehen bestimmen, sondern eine professionelle Vorgehensweise ist von allen Beteiligten, den toreros, den ganaderías, den Veranstaltern und eben auch den Präsidenten als selbstverständlich abzuverlangen. 

Nicht anders verhält es sich mit den oftmals viel zu grosszügig erteilten indultos. In zahlreichen  taurinischen Plattformen war dieses schon ein Thema.

Sonntag, 26. August 2012

Manolete - Blut und Leidenschaft

Grosses Kino ohne Passion

Ein holländischer Regisseur, ein amerikanischer Hauptdarsteller und eine englische Sprache in einem britischen Film über eines der spanischsten Themen überhaupt, der tauromaquia. Was kann man da erwarten?


Der Film erzählt die letzten Jahre des wohl berühmtesten matador de toros der vierziger Jahre, Manuel Laureano Rodríguez Sánchez bekannt unter Manolete, dargestellt durch Oskarpreisträger Adrien Brody. Dabei steht die turbulente Liebesbeziehung zu Antonia Bronchalo Lopesino, alias Antoñita Lupe Sino (Penelope Cruz) im Mittelpunkt der Handlung. Sein tragischer Tod im Jahr 1947 in der plaza de toros von Linares in Andalusien sorgte weltweit für Schlagzeilen.

Die britische Produktion bleibt trotz der Unterstützung durch das staatliche spanische Fernsehen TVE, der spanischen Regierung und der Landesregierung aus Valencia ein nichthispanisches Erzeugnis. Das erkennt man an den Dialogen, an den verbalen Ausdrucksformen. Selbst eine spanglish sprechende Penelope Cruz konnte da auch nicht viel mehr retten.

Der Film beginnt jedoch vielversprechend. Während man die Schauspieler vorstellt werden die Originalpersonen gezeigt und benannt. Das verleiht dem Werk einen historischen Anspruch.

Doña Angustias, die Mutter von Manolete
Bilder und Kameraführung verstehen durchaus zu überzeugen. Ohne Frage erkennt man hier die professionelle Erfahrung der Filmemacher. Auch der akustische Background ist ansprechend und passt sich gefühlvoll der Handlung an.
Manolete auf dem Weg sich als Stierkämpfer zu behaupten
Manolete in Gedanken
Doch mit der Handlung stößt der Film schnell an seine Grenzen. Obwohl Regisseur Menno Meyjes schon mit Drehbüchern wie für Die Farbe Lila, Das Reich der Sonne, Ausnahmezustand oder Indiana Jones und der letzte Kreuzzug sich nicht nur einen Namen machte, sondern auch viel Einfühlungsvermögen für die Hauptpersonen zeigte, so wirkt hier die Geschichte wie eine, unter einem pseudokünstlerischem Anspruch, wahllos zusammengewürfelte Abfolge. Die sparsam angesetzten Dialoge tun zwar der Atmosphäre gut, aber inhaltlich erinnern sie eher an südamerikanische Telenovelas. Der wohl einzige Bezug zur spanischen Sprache. Beiden Hauptdarstellern gelingt es nicht die spannungsgeladene Beziehung mit der nötigen Leidenschaft, wie sie ja im Titel versprochen wird, dem Publikum zu vermitteln. Auch einen historischen Hintergrund zur Francozeit sucht man vergebens.

Verblüffend die Ähnlichkeit des Hauptdarstellers mit dem Original, der damit aber seine Rolle als Statist in einem taurinischen Spektakel nicht überspielen kann. Obwohl die beiden matadores de toros Juan Antonio Ruiz "Espartaco" und das Armani-Model Cayetano Rivera Ordoñez als Experten des Stierkampfs die Dreharbeiten beratend begleitet haben, kann dieser Streifen in taurinischer Hinsicht so gar nicht überzeugen. Fast alle Manöver von Manolete, alias Adrien Brody werden kopflos dargestellt, oder aus einer luftigen Perspektive gezeigt.

Der Schnitt zwischen dem Schauspieler und dem agierenden torero wirkt künstlich, zu erkennbar, da stehen zwei im ruedo. Einer mit toro, einer ohne. Das merkt ein jedes Kind. Ein jeder, der schon einmal eine richtige corrida de toros auf dem Bildschirm verfolgen konnte. Man erkennt schnell die Welten zwischen diesem Streifen und der Realität. Geradezu eine Beleidigung für die afición. Der Moment der Wahrheit wird zum bedeutungslosen Schauspiel degradiert. Zu einer gesichtslosen tauromaquia. Es ist nicht mehr der Mensch, der über das Tier dominiert, sondern der Griff in die filmische Trickkiste verwehrt dem Zuschauer genau das, worum es eigentlich geht. Und war es nicht Manolete, jener geniale Vertreter der tauromaquia, der während des Zeit des zweiten Weltkrieges und danach dem Stierkampf seinen Kopf verlieh?
Erst der Kopf ...
... dann das gesichtslose Manöver.
Antitaurinos befürchteten, dass die tauromaquia durch diesen Film erneut einen weltweiten Popularitätsschub erleben könnte. Vor allem die Präsenz von Adrien Brody und Penelope Cruz liess sie Schlimmes erahnen. Doch nun können sie sich entspannt nach hinten legen, denn dieser Streifen ist weit von dem entfernt, was sich die afición erhoffte, bzw. dem antitaurinismo zusätzliche Sorgenfalten bereiten könnte.

Von April bis Juli 2006 wurde gedreht. Leider ist es kaum nachzuvollziehen, warum es dieser über 20 Millionen Euro verschlingenden Produktion nicht gelungen ist die im Untertitel versprochene Passion rüberzubringen. Und was die taurinische Sichtweise angeht fragt man sich, warum nicht entsprechende Spezialisten hinzugezogen worden sind, denn augenscheinlich waren Cayetano und Espartaco damit wohl ein wenig überfordert.
Seit dem 24. August 2012 
in den spanischen Kinos.

Donnerstag, 23. August 2012

Wieder toros live bei TVE!

Nach sechsjähriger Pause überträgt das spanische staatliche Fernsehen wieder Stierkämpfe live!


Es war nur eine Frage der Zeit. Und jetzt gibt es sie wieder Liveübertragungen von Stierkämpfen im Hauptkanal des öffentlichen spanischen Fernsehens. Während internationale Medien nur von dem vorübergehendem Verbot von Stierkämpfen in San Sebastian berichteten und antitaurinos vom Todesstoss für den Stierkampf zu erzählen wissen, wird diese Neuigkeit dem internationalen Publikum fast vollkommen vorenthalten.

Vor sechs Jahren übertrug TVE seine vorerst letzte corrida aus dem nordspanischen Zaragoza. Nun kann sich die afición spanienweit über die erste Live-Übertragung einer corrida de toros aus dem Herzen Kastiliens freuen. Nicht irgendein cartel, sondern ein cartel de lujo mit figuras wird in Valladolid ein Millionenpublikum vor den Fernseher locken.: El Juli, José Mª Manzanares und Alejandro Talavante.

Je nach Interesse und vor allem nach Höhe der Einschaltquote wird man mit den weiteren Übertragungen umgehen. Aber eins dürfte schon jetzt feststehen, die Millionen aficionados werden mit Sicherheit ihre Chance nützen, sich für ihre Leidenschaft einzusetzen.

Für die Gegner der toros dürfte es eins schwieriges Unterfangen werden. Denn für eine Veranstaltung zu werben, die in ihren Augen eigentlich verboten gehört sorgt sicherlich auch für eine entsprechende zusätzliche Audienz. Aber das kann ja nicht im Interesse der antitaurinos liegen. Auch wenn das Fernsehen dabei ist, aber die Kameras vom spanischen Fernsehsender TVE stehen nun mal innerhalb der Plaza de toros.

Sonntag, 19. August 2012

Die Gesellschaft ermutigen ...

Die Feria von Málaga geht nun dem Ende zu und auch die antitaurinos wollten sich noch zu Wort melden. Auf verschiedenen Internetportalen angekündigt, so auch auf Facebook, und von den 2.360 Eingeladenen sollten es 200 bis 300 Demonstranten werden. Doch letztendlich erschienen lediglich keine 75 antitaurinos die sich strategisch vor den taquillas in Stellung brachten.

Bewaffnet mit Megaphonen versuchten sie in penetrantem Tonfall antitaurinischen Einfluss zu üben. "tauromaquia abolición ... tauromaquia, abolición". Die toros gehören abgeschafft. Einfach nur verboten! Das war und ist die Botschaft. Doch statt etwas Positives zu bewegen wirkte jenes sekkantes Geplärre eher wie eine störende Geräuschkulisse. 

Und für wenige Minuten kam dann Bewegung ins Spiel. Denn die afición war nicht bereit dieses Auftreten so ganz ohne Kommentare hinzunehmen. "Fuera" war es plötzlich zu hören. "Fuera, fuera ...", dabei lag die Betonung auf dem letzten a. "Zieht leine" eine klare Aufforderung sich zu distanzieren. Dabei ist fuera durchaus ein taurinischer Begriff. Denn wenn toreros eine schlechte gar feige Leistung bringen werden sie vom Publikum mit jenem Wort abgestraft. Und hier in diesem Moment waren es die antitaurinos die mit einer verbalen Ausladung bedacht worden sind.

Und da standen sie nun, das Grüppchen der 75 Demonstranten und wurden zum Objekt photografischer Begierde. Zwar haben sich die antitaurinos strategisch bei den Kassen positioniert, um zu erreichen, dass sie vielleicht jemand davon überzeugen können sich doch keine entradas zu besorgen, doch ein Blick auf die taquillas zeigte, vor allen sechs Kassen bildete sich bis zu Beginn der Veranstaltung ein Menschenauflauf.

Fast 10.000 Besucher zählte diese corrida de toros. Menschen die zu ihrer afición a los toros stehen. bekennende aficionados. Und jeder der sich mit dieser Thematik schon einmal auseinandergesetzt hat, der weiss, eine Überzeugung der Gegenseite wird niemals zustande kommen. Wozu sich in die Höhle des Löwen begeben, wenn man nichts erreichen kann? Um es vielleicht werbewirksam auf den eigenen Portalen zu bringen? So wie PETA jedes Jahr diese Demonstration der Nackten in Pamplona organisiert? Obwohl PETA bisher in Sachen der abolición noch nichts erreicht hat, setzen dieses jedoch immer wieder medienwirksam in Szene. Das Portal SOS-Galgos schrieb: Der Protest soll die Gesellschaft ermutigen, die enorme Ungerechtigkeit die gegen die Tiere begangen wird, zu reflektieren. In diesem Protest reflektierte sich etwas, was die Gesellschaft bewegen soll? Nun, die zig Tausend vor der Plaza de toros, die haben sich nur in eine Richtung bewegt ... in das Innere der La Malagueta.


Samstag, 11. August 2012

Toros ≠ Toros

Stiere ≠ Stiere? Stiere sind nicht gleich Stiere? Auf den ersten Blick erscheint diese Formulierung eher widersprüchlich, doch gerade hieran wird deutlich, wie Nichtkenner der taurinischen Szene im verbalen Nirwana untergehen zu drohen. Der Philosoph Reinhard Haneld hat auf dem Internetportal La Tauromaquia im Sommer 2008 einen längeren Beitrag über die Taurosophie veröffentlicht. Im dritten Kapitel, wo es um die Ambivalenz des Opfertieres geht, schreibt er: "... wird das Opfertier geliebt. Auf eine noch durchaus ähnliche, durch Ambivalenz geprägte Weise  l i e b e n  die Spanier, und besonders die aficionados unter ihnen, die Stiere. Bei Außenstehenden erregt dies immer wieder Unverstand: Ihnen fällt nicht auf, daß sich die Anhänger aficionados de toros und nicht de toreros nennen. Es sind Liebhaber, Kenner, die sich in der Passion für die Stiere vereinen." Wer sich ein wenig im spanischen Stierkampfvokabular auskennt, dem scheint diese Erkenntnis durchaus einleuchtend. Ein aficionado ist ohne Frage ein Liebhaber, ein Fan, jemand der für etwas eine Leidenschaft entwickelt. Ein toro ist ein Stier, ein Kampfstier, und im Wort toros findet sich rein grammatikalisch gesehen die Pluralisierung wieder. Viele Stiere. Folglich ist ein aficionado de toros wohl ein Liebhaber von zahlreichen Stieren. Und es stimmt auch ein wenig. Denn es lässt sich nicht verleugnen, der toro steht nun mal im Mittelpunkt eines jeden festejo taurino

Bei so viel Euphorie denkt man auch an den Ausspruch vamos a los toros. Gehen wir zu den Stieren. Doch da stellt sich die Frage, wohin gehen wir eigentlich? Auf die Weide, zur dehesa, in den Stall? Ja, das könnte es bedeuten. Aber eben nicht nur! Denn wer einen Blick in den spanischen Brockhaus für Stierkämpfe, den Cossío wirft, findet unter dem Begriff toros nicht etwa die Mehrzahl von toro im Angebot sondern ein Beschreibung mit lediglich elf Worten: "Los toros, so nennt man die fiesta oder corrida de toros." Punkt aus! Mit fiesta ist selbstredend die fiesta nacional gemeint, sozusagen der Oberbegriff für die Welt des Stierkampfs. Mit anderen Worten, toros steht als Hyperonym in erster Linie für die mundo de los toros. Und wer genau hinschaut, wird feststellen, dass in genau jenem Begriff sich keine Andeutungen wie Kampf, Gefecht oder Ähnliches reflektieren, welches wir unbestritten fälschlicherweise in ausländischen Übersetzung wie zum Beispiel Stierkampf oder bullfight vorfinden. Und so sind Aussenstehende schon im Vorfeld dazu verurteilt, etwas in die toros hineinzuinterpretieren, was es nicht ist. Es ist kein Wettkampf.

Die Erklärung für toros ist aber nicht nur den aficionados vorbehalten. Denn auch im Diccionario de la lengua española findet sich eine entsprechende Definition. Ähnlich dem Cossío lesen wir eine Erklärung für die pluralisierte Version des Wortes toro:





Und selbstverständlich weiss auch der Cossío alemán die richtigen Worte dafür zu finden.



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Quellennachweise:
Reinhard Haneld, Taurosophie, Teil III, La Tauromaquia, 28.07.2008
COSSÍO, Band I, Seite 360, Espasa Calpe S.A., 2007
Real Academia Española, Diccionario de la lengua española, edición 22
Cossío alemán, Das deutschsprachige Lexikon des Stierkampfs