mit Juan Belmonte
Der spanische matador der toros Juan Belmonte García (1892 bis 1962) wurde und wird häufig als einer der einmaligsten toreros aller Zeiten betitelt. Wegen seiner kurzen Beine war er oft gezwungen, seine Manöver mit den toros ohne viel Bewegung durchzuführen. Weglaufen kam nicht in Frage. So gehörte er auch mit zu den ersten toreros, der über seine Gefühle sprach, über Ängste und sein innerstes Seelenleben in der mundo taurino sprach. Hier erzählt er nun nach Der Nacht vor dem Stierkampf von dem Morgen vor dem Kampf.
Nun
ist der Moment gekommen. Da sitzt man am Rande seines Bettes, niedergeschlagen
und voller Mutlosigkeit. Fast lautlos bewegt sich der mozo, kommt und geht ins
Zimmer, bringt alles was notwendig ist um den torero zu kleiden.
Dann,
wenn der torero gekleidet wird, hat der mozo das Sagen, schubst
nach Gutdünken den maestro hin und her um ihm die Kleidung passend und gut
aussehend anzubringen. Der torero nimmt dieses kaum wahr, denn in diesem Moment
hat die Angst ihn wieder im Griff, das Patronat übernommen. Ein mühseeliger
Moment, eine Schwerfälligkeit der Angst, welche der torero versucht zu
überwinden. Gedanken jagen durch den Kopf:
„Ich
verstehe, es stimmt! Du wirst es schon sehen ... Das mit dem toreo
ist wirklich eine absurde Angelegenheit. Ich leugne es noch nicht einmal. Und
wenn es denn sein muss, und das muss ich sogar zugeben, die Lust auf das toreo,
so wie ich sie früher hatte, habe ich irgendwie verloren. Nein, es ist
entschieden, ich werde nicht mehr antreten. Wenn diese temporada taurina vorbei
ist, werde ich aufhören. Trete ich ab.
Und
wie stellst Du Dir das vor? Wie kommst du aus all den corridas die dir da noch
bevorstehen so ganz heraus?
Gut,
diese zwei oder drei corridas werden ich antreten und
nicht einfach absagen. Das könnte bedeuten, wenn ein toro will, kann er dich in
diesen zwei oder drei corridas vernichten.
Nein
oder gut, ich bestreite nur noch den heutigen tarde de toros.
Nun.
Auch heute könnte ich ...
Genug!
Fertig, habe ich gesagt, genug! Die corrida von heute werde ich machen und wenn
der Heilige Geist herunterkommt und es mir sagt, werde ich das ruedo nicht mehr
lebend verlassen.“
Würde
man die toreros dazu bringen, die Verträge zu den corridas zwei Stunden
vorher zu unterschreiben, es würde zu keinen corridas kommen. Denn die
toreros
treten letztendlich an, weil die Verträge schon unterschrieben worden sind.
Wochen vorher, oft Monate, ehe sie erfüllt werden müssen. Da ist man mit dem
Moment, wo man das ruedo betreten muss um toros zu töten noch nicht so konfrontiert. Doch dieser
Moment, diese unabwendbare Stunde kommt unweigerlich näher.
Der Moment ist gekommen, die corrida hat mit dem paseillo begonnen, Belmonte links |
Diese
Augenblicke der Angst, welchen man im Vorfeld einer corrida begegnet sind
grauenhaft. Wer das Gegenteil behauptet, sagt einfach nicht die Wahrheit. Alles
verändert sich. Der Klang der Stimme wird zaghafter, dein Charakter verändert
sich irgendwie und ziemlich verrückte Gedanken passieren deinen Kopf.
Später,
wenn man dann dem toro gegenüber steht ist es etwas vollkommen anderes. Denn der toro
lässt einem keine Zeit, darüber nachzudenken. Um mit dem Tier zu arbeiten, ihn
auszuforschen, werden deine fünf Sinne abverlangt.
Juan Belmonte mit einer natural |
Im
ruedo
gibt es nur eine kurze Zeit, wenn man noch einmal nachdenken kann. Wenn beim
zweiten tercio die banderilleros die banderillas
setzen und man am Rand steht und es beobachtet. Was denkt da so ein torero?
Er meditiert, beobachtet den toro und bereitet sich im Geiste auf
seinen auftritt mit muleta und estoque vor.
Dann
tritt er an. Vor dem toro gibt es keine Momente mehr zum
Denken oder gar zu zweifeln. Jetzt ist es an der zeit zu handeln. Denn die
Manöver der faena nehmen einen so voll in Anspruch, es geht nur noch um das
Leben, und es geht darum, und nach meinem Dafürhalten, wer sich nicht mit
Entschiedenheit vor die Hörner des toros stellt, die Partie
unweigerlich verlieren wird.