Montag, 31. Oktober 2016

Warum weniger Stierkämpfe in den grossen Plazas organisiert werden, als eigentlich sollten





von Philip de Málaga


Warum halten sich einige Veranstalter 

nicht an das Regelwerk?
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Gestern hat SfA Post von Herrn Gärtner aus Galizien erhalten:
"Mit Interesse habe ich die Statistiken gelesen, und bin schon erstaunt, wie allein da Madrid und Las Ventas stehen. Ich dachte bis jetzt, dass zumindest die Plazas der Primer Categoría mindestens 15 Stierkämpfe veranstalten müssen. Das ist wohl nicht der Fall. Habe ich mich da so geirrt?"
Gerne gehen wir darauf ein. 

Unter Bezug der ersten Frage nach der Anzahl der festejos taurinos in der ersten categoría liegt Herr Gärtner vollkommen richtig. In Artikel 23, Absatz 2 des reglamento taurinos ist folgendes festgehalten:
"Es können die plazas der Provinzhauptstädte in der ersten categoría eingestuft werden, welche jährlich mehr als 15 espectáculos taurinos veranstalten, wobei es sich mindestens um 10 corridas de toros handeln muss."
Mit anderen Worten, die plazas de toros der ersten categoría in Spanien sollten also mehr als 15 festejos taurinos anbieten. Darunter mindestens zehn klassische Stierkämpfe mit ausgewachsenen toros, eben jene corridas de toros. Wenn man nun einen Blick auf die Statistiken wirft, stellt man wie Herr Gärtner fest, dass sich nur drei empresas sich an das reglamento halten. Das sind Madrid, Sevilla und Valencia. Bei den restlichen plazas gibt es ein Defizit:
Wie lässt sich so etwas erklären? Grundsätzlich gibt es verschiedene Ansatzpunkt zu dieser Thematik. Zunächst einmal wäre da der politische Druck, wie zum Beispiel im Fall von San Sebastián wo der Bürgermeister des sozialistischen Wahlbündnisses Bildu die festejos taurinos in der plazas de toros Illumbre, trotz fehlender Mehrheit verboten hatte. So wurde auch die Monumental de Barcelona mit dem katalanischen Verbot zuerst auf acht corridas dann auf Null degradiert. 

An nächster Stelle sollte das Interesse der empresarios genannt sein. Solch eine temporada taurina will nicht nur durchführbar, sondern auch finanzierbar sein. Populäre figuras und toros von angesehenen ganaderías müssen in ein finanzielles Verhältnis gebracht werden, damit man die entradas so anbieten kann, dass sich die tendidos auch füllen. Denn ein Ziel einer jeden empresa muss es sein, so viel wie möglich an abonos, also Dauerkarten zu veräussern. Eine plaza, die sich während ihrer feria taurina nicht zu mindestens fünfzig Prozent füllt, wird keine grüne Zahlen aufweisen können. 

Die Entscheidung, welche empresa die temporada taurina ausrichtet trifft in der Regel die diputación der Provinz oder das Rathaus der jeweiligen Stadt. Hier kommt es dann auf das diplomatische Verständnis der Entscheidungsträger an. Und in einigen politischen Kreisen haben sie erkannt, dass man durchaus mehr erreichen kann, wenn man weniger corridas anbietet, aber dafür das Niveau hochschraubt. So zum Beispiel in der La Malagueta. Dort akzeptierte man weniger festejos taurinos  aber die empresa hat die Zahl de espectáculos taurinos anderweitig ausgeglichen. Da wurden zum Beispiel zur Feria von Málaga vier Tage lang ein certamen international de las escuelas taurinas angeboten und der Eintritt war frei. Mehr als 35.000 Personen verfolgten diese festejos. Oder durch zusätzliche clases magistrales, wo Schüler einer escuela taurina mit Anwesenheit eines matadores de toros, welcher die einzelnen Manöver durch ein Mikrophon dem Publikum in den tendidos erklärt. Auch charlotadas mit komisch und klein anmutenden torero-Clowns, die recortadores  oder eine öffentliche desencajonada ergänzen das taurinische Angebot.

Auch mit einem certamen de las escuelas taurinos lassen sich die tendidos füllen.
Hier zum Beispiel im August in der La Malagueta im südspanischen Málaga.
Und in der Tat scheint in den beiden letzten Jahren das Konzept aufgegangen zu sein. Die corridas wurden auffallend mehr besucht, auch von einem jungen Publikum und die intensive Berichterstattung durch die Medien spiegelt ein leicht wieder kommendes Interesse für die toros wieder.