Donnerstag, 12. Dezember 2013

Berühmte Toreros wollen nächstes Jahr nicht in Sevilla antreten



von Colin Ernst
& Philip de Málaga


Wird Sevilla zu Bedeutungslosigkeit deklariert?
Die Hauptstadt des toreos bald nichts mehr wert?
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Für die Besucher und Liebhaber der Feria de Sevilla, dürfte die folgende Nachricht eine bittere Pille sein. Auch das Team von SfA ist betroffen, hatten wir uns doch schon darauf vorbereitet in die andalusische Hauptstadt zu reisen. In Erwartung die figuras dort live zu sehen. Nun ist es wohl besser die Koffer im Keller zu lassen, denn die figuras packen ihren eigenen erst gar nicht. Morante de la Puebla, Julián López El Juli, José María Manzanares, Miguel Ángel Perera, Alejandro Talavante, keiner dieser grossen maestros ist bereit seine Reise nach Sevilla im nächsten April anzutreten. Eduardo Canorea, der empresa Pages, wird scharf kritisiert. In einem Schreiben setzten die figuras die Verantwortlichen von ihrer Entscheidung in Kenntnis. 


Wie es aussieht, geht es wieder einmal mehr um die Bezahlung. SfA hat schon im November über die Aussage des empresarios Canorea berichtet: Wenn ein Klempner in Zeiten der Krise weniger verdient, warum nicht dann auch ein torero? Der Veranstalter will wohl die Gelder für die toreros kürzen, aber seine Einnahmen nicht. Als Begründung muss wieder einmal die Krise herhalten. Der Veranstalter Pages hat einen Generationenvertrag und die plaza de toros, jene berühmte Real Maestranza de Sevilla ist so nie zur offenen Ausschreibung gekommen. Ein anderer empresario kommt also nicht in die Real Maestranza de Sevilla und als „Alleinherrscher“ kann Pages machen was er möchte. Nun begehren die führenden toreros dagegen auf, verlangen Respekt für die toreros und deren Repräsentanten, wünschen sich, das die plaza de toros wieder ihre Identität zurück gewinnt. Und der empresario kann sich schon mal warm anziehen, denn Sevilla ohne Morante – undenkbar, auch wenn es nur eine media veronica ist. Kein El Juli, welch ein Verlust und viele kommen nur wegen José María Manzanares…, wegen Herrn Canorea kommt bestimmt keiner. Eine Chance birgt sich natürlich dahinter: Die toreros in der zweiten Reihe bekommen vielleicht eine Möglichkeit. Aber wenn der Veranstalter diese für ein „Apfel und ein Ei“ verpflichtet, fehlt es ihm wirklich an Respekt. Man wird sehen, wie die feria sich am Ende gestaltet und wie der empresario seine abonos los wird.

Besonders Sevilla gilt als die Championsleague des toreo. Und genau dort werden Real Madrid, Bayern München, FC Barcelona, Manchester City und so so weiter nicht mehr antreten. Die besten toreros der Welt, die ihr Leben riskieren, um eine gute Arbeit abzugeben, haben ein klares NO von sich gegeben. Der Vergleich des empresarios mit den Klempner ist wohl vollkommen daneben. Sportstars, die verdienen auch ihre Gehälter in Zeiten der Krise. Oder glaubt man wirklich, die Spieler von Madrid verdienen plötzlich weniger. Und jene Fussballspieler riskieren nicht mal ihr Leben. 

Nun können wir also gespannt sein, wie ein Herr Canorea die tendidos füllen will. Die mundo de los toros ist auf jeden Fall enttäuscht.

Das Tercio de Banderillas und sein Zweck (1. Teil)







von Domingo Delgado de la Cámara eingeleitet und übersetzt von Tristan Wood entnommen aus La Divisa, Club Taurino of LondonNumber 168 - January/February 2006, S. 29-33: The Tercio de Banderillas and Its Purpose
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Übersetzung von Dr. Andreas Krumbein
(Fotos: SfA, tauromaquia.de, mundotoro)


Eine der Freuden des Spanisch lesenden aficionado war in den letzten Jahren die Entstehung der Buchtrilogie von Domingo Delgado de la Cámara über die corrida de toros - Revisión del toreo, avatares históricos vom toro de lidia und von dem paseíllo al arrastre: Die lidia und ihre Evolution. Dieser zuvor wenig bekannte Kritiker hat ein scharfes Auge auf allgemeine Überzeugungen hinsichtlich des toreo geworfen, wobei er mehrere, lange für gültig gehaltene Annahmen widerlegt, obwohl er nach meinem Dafürhalten weit interessanter ist, wenn er über den toreo, der vor seiner Zeit stattgefunden hat, schreibt als über denjenigen, den er leibhaftig miterlebt hat, bei dem er dazu neigt viel dogmatischer zu sein. Er schreibt in einem leicht zu lesenden, unterhaltsamen Stil. Der nun folgende Auszug ist dem Buch entnommen, das das letzte einer Serie zu sein scheint, Del Paseíllo al ArrastreDie lidia und ihre Evolution, in dem er sich der Funktion des zweiten tercio widmet. (TW)
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Der peruanische Schriftsteller Felipe Sassone sagte, dass das tercio de banderillas so schön sei, wie es unnütz ist. Der Humorist Álvaro de la Iglesia hatte denselben Eindruck. Die Schreiber gelangten in ihrem Enthusiasmus, für die banderillas einen Nutzen zu finden, zu der Schlussfolgerung, dass sie den toro befähigten, nach der suerte de varas Kraft zu schöpfen. Deshalb wurden die banderillas für lange Zeit als 'avivadores' angesehen. Es schien denjenigen, die dieser Ansicht waren, dass der Stier seine Energie erneuerte und durch das Jagen der banderilleros in seinem Mut gestärkt wurde. Alle stimmten darin überein, dass das tercio de banderillas nützlich war, um den toro in die Lage zu versetzen gemütlich einen Spaziergang zu machen. Dieses Konzept kam in der Tat schon in den tauromaquias von Pepe Hillo und Paquiro vor. (Obwohl, wie jeder weiß, diese toreros nicht die Autoren waren - Pepe Hillo war des Lesens und Schreibens unkundig, während Paquiro ein Mann war, der eher der Tat als dem Schreiben von Buchstaben zugeneigt war. Sie wurden von den aficionados José de la Tixera und Santos López Peregrín 'Abenámar' geschrieben. Die banderillas befähigten diesen beiden zufolge den Stier Sauerstoff aufzunehmen und seinen Angriff zu verbessern.)
Suerte de varas
Ich habe diese Theorie nie gutgeheißen, denn hinter den banderilleros herzurennen und die notwendige Arbeit mit der capa des subalterno del turno durchzuhalten hat auch eine Schwächung des toro zur Folge - eine geringere Schwächung im Vergleich zur suerte de varas, aber nichtsdestotrotz eine Schwächung. Die gesamte lidia ist darauf ausgelegt, eine zunehmende Schwächung beim Stier zu erreichen, eine graduelle Abnahme seiner Stärke, um das Hineingehen zum Töten zu erleichtern. Die lidia hat dies alleinige Ziel, und das tercio de banderillas bildet davon keine Ausnahme. Der toro wird ohne Pause Stück für Stück geschwächt.
Oft wird gesagt, "Der Stier rafft sich während der banderillas auf". Ich glaube solche Behauptungen nicht. Wir könnten ebenso gut sagen, es habe eine mangelhafte Beurteilung der Züchtigung, die dem Tier während der suerte de varas zugefügt wurde, vorgelegen. Der Stier sei crudo geblieben und dies manifestiere sich in der starken Verfolgung der banderilleros. Auf jeden Fall ist das, was gewöhnlich passiert, das Gegenteil, nämlich dass der Stier viel mehr Züchtigung in den varas erhält als er tatsächlich braucht. In diesem häufig auftretenden Fall zeigt sich, dass die Theorie, dass die banderillas dazu dienen den toro zu beleben, Blödsinn ist. Ist in den varas erst einmal Züchtigung erteilt worden, beleben die banderillas nichts: Tatsächlich verschärfen sie die Situation bis zu dem Punkte, an dem der matador um den Wechsel des tercio bittet, bevor das dritte Paar Stöcke gesetzt worden ist, um das Rennen und die Arbeit mit der capa, die das mit sich bringt, zu vermeiden - in anderen Worten: um weitere Züchtigung zu verhindern.
Wenn keiner an die Idee, dass die banderillas dem Stier helfen sich zu erholen, glaubt, warum wird diese Theorie auf so lästige Weise immer wieder in allen Abhandlungen zu diesem Thema wiederholt? Wegen der Besessenheit, die Schriftsteller haben, für alles einen Grund finden zu müssen. Der Schriftsteller findet, wie der Wissenschaftler, den Zufall langweilig und hasst Dinge, die zufällig passieren. Er hat ein anmaßendes Bedürfnis, die Teleologie [Auffassung, nach der Ereignisse oder Entwicklungen durch bestimmte Zwecke oder ideale Endzustände im Voraus bestimmt sind und sich darauf zubewegen] auf alles, was mit dem Menschen und der Natur zu tun hat, anzuwenden. Ich weiß gut, wovon ich spreche - nach Erklärungen für Zufallsereignisse zu suchen, ist eine meiner großartigsten Beschäftigungen (eine fruchtlose Beschäftigung, denn keine Schlussfolgerung ist zufriedenstellend und ein neues Zusammenprallen von Zufällen las tira por tierra).