Samstag, 10. Oktober 2015

Mallorca: Was spricht eigentlich dagegen, dass es dort keine Stierkämpfe gibt?

Warum erzürnen sich die taurinos dermassen darüber,
dass es dort keine toros mehr geben soll?
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von Philip de Málaga


Derzeit wird in vielen deutschen Medien erwähnt, in Mallorca soll es keine toros mehr geben. Und einige deutschsprachige aficionados sind aufgebracht. Fühlen sich in ihrer deutsch-spanischen Ehre gekränkt. Sind geradezu beleidigt.

Mal eine Frage: Woran denken Sie wenn Sie Spanien hören: Mittelmeer, Sonne, Flamenco, Paella, Stierkampf .... Und was fällt Ihnen zu Mallorca ein? Insel der Deutschen, Urlaub, Ballermann, Touristen, Chopin, schöne Insel ....
Bei Mallorca denkt man nicht unbedingt zuerst an die mundo de los toros
Erkennen Sie den Unterschied? Ein jeder der nach Mallorca fährt oder darüber nachdenkt, kommt nicht unbedingt auf jene typischen Eigenarten die eben das klassische Spanien prägen. Wer puren Flamenco sehen und hören will bereist bestimmt andere Ecken, wer die Sherry-Bodegas besuchen möchte, wer die toros vor typischer und traditioneller Kulisse erleben möchte, der sucht mit Sicherheit nicht die Baleareninsel aus.

Nicht einmal die afición. Kaum ein aficionado kommt auf die Idee extra nach Mallorca zu fliegen um irgendwelche toreros zu sehen. Einzige Ausnahme dürfte wohl der matador de toros José Tomás sein, der für ein No hay billetes sorgen würde. Und seien wir ehrlich. Bezüglich der tauromaquia ist der mallorquinische Anspruch eher bescheiden. Die wahren taurinos eine absolute Minderheit. Und man muss es sich einmal vorstellen. In der Inselhauptstadt fand pro Jahr gerade mal ein festejo taurino statt. Kann man da von einer aktiven cultura taurina sprechen? Gewiss hat Mallorca historisch betrachtet sogar eine gewisse Tradition der toros nachzuweisen, die erste plaza de toros gab es schon 1865 mit immerhin 9.500 localidades, aber gegenwärtig so viel Theater wegen einer einzigen corrida de toros in der Hauptstadt, welche es zu einem lleno kaum schaffte (von der letzten corrida mal abgesehen) und den wenigen festejos auf dem Lande? Eigentlich nicht nachvollziehbar.
Das Coliseo Balear in Palma de Mallorca wurde 1929 eingeweiht.
Auf den Kanaren gibt es auch keine toros. Und wen stört es? Keinen! Hat es irgendeine Bedeutung für Katalonien? Auch keine! Denn gerade mal sieben corridas wurden abgeschafft. Im Gegenteil, es wurde auf wunderbare Weise dargestellt, dass es gar nicht um die Tiere geht, sondern die Entscheidung ein reines Politikum geworden ist. Und die festejos populares gibt es dort weiterhin.
Eine corrida in Inca, eine plaza de toros aus dem Jahre 1910
Es gibt Menschen die sich gegen die tauromaquia aussprechen. Das sollten wir, die aficionados respektieren. Das ist deren gutes Recht. Und wenn die toros nach demokratischen Massnahmen (nicht so wie in San Sebastian) verboten werden, ist dieses zu akzeptieren.  Dieses gilt selbstredend auch umgekehrt, wenn die mundo de los toros zum Kulturerbe erklärt wird, und in der spanischen Verfassung verankert ist, verdient es nicht nur denselben Respekt sondern muss von den öffentlichen Behörden entsprechend geschützt werden.

Aber ich denke die tauromaquia kann ganz gut auch ohne Mallorca leben und im Grunde genommen hat sie es auch schon jetzt getan. Die toros gab es halt auf der Baleareninsel auch, aber eine tragende oder wichtige Rolle haben sie schon lange nicht mehr gespielt. Eine Tatsache, der sich die taurinos gerne verschliessen, es aber nicht sollten. Gerne erzählen sie, wie toreros im gesellschaftlichen Leben gesehen sind, wie sie in der Unterhaltungs- oder Werbebranche eingesetzt werden. Gewiss, das ist so, aber mit Sicherheit nicht wegen mallorquinischer Fundamente in Sachen der toros.

Diese Baleareninsel zählt nicht mal eine Million Einwohner, das sind gerade etwas mehr als zwei Prozent der spanischen Bevölkerung. Und da sollen wir uns aufregen, dass die corrida de toros verboten werden? Das tun wir ganz bestimmt nicht.

Mallorca ist ohne Frage ein schöne Insel die sich lohnt zu besuchen. Auch ohne toros. Es muss halt nicht alles in Spanien einem zu spanisch vorkommen. Die Weisswürste wie Schuhplattler gehören nach Bayern und auch die toros haben ihre Heimat, wo sie traditionell verankert sind und auch noch lange bleiben werden.