Donnerstag, 1. Oktober 2015

Wenn ein Torero auf eine politische Antitaurina trifft




mit Enrique Ponce (torero)
und Silvia Barquero (PACMA)


Der matador de toros und ganadero aus Valencia Enrique Ponce stellt sich bei der Tageszeitung EL MUNDO (230.000 Ausgaben) einem Rededuell mit der Politikerin und antitaurina Silvia Barquera von der politischen Partei PACMA, bei welcher der Tierschutz in Vordergrund steht. Und das ist neu. Früher meideten die toreros den Umgang mit den antitaurinos. Doch heute gehen sie dem nicht aus dem Weg. Erst mischt sich der matador de toros Morante de la Puebla in Ronda unter die Gegner und nun trifft der matador Enrique Ponce, der schon über 5.000 toros getötet hat auf die Aktivistin Silvia Barquera, welche allein schon jedes Insekt am Leben erhält.


Die Tageszeitung EL MUNDO vom 27.9.2015 mit dem Titel:
"Wenn sich ein torero im ruedo einer antitaurina nähert"
Im Vorfeld verfolgten die Redakteure von EL MUNDO einen interessanten Dialog am Rand:

"Glaubst du, dass Enrique Ponce sich trauen wird?"


"Sich trauen wird? Du sprichst hier von einem Mann, der traut sich gegen Viecher anzutreten, die schwerer als 600 Kilo sind!"


Wie bei einer richtigen corrida beginnt das Rededuell, die verbale faena sin sangrea las cinco de la tarde. Hier einige Auszüge:




Silvia Barquero: Ich will ein Land, in dem es keine Tierquälerei gibt. Ich denke, wir müssen auf Empathie hinarbeiten, in Bezug auf die anderen Lebewesen auf unserem Planeten. Die tauromaquia ist rückläufig und wird in 20 Jahren verschwunden sein ...

Enrique Ponce: Ich denken nicht, dass die tauromaquia zurückgehen wird. Es gab eine grösser Zuschauerbeteiligung in den ruedos, mehr festejos ... Und noch eine ganz wichtige Sache, welche ich hervorheben möchte: Ich bin mehr Ökologo als manch einer von euch!


Silvia Barquero: Das sind doch die Argumente von immer, dass ihr mehr ökologisch veranlagt seid, dass ihr mehr die Tier mögt ...


Enrique Ponce: Aber ich bin es. Wenn nicht, ist es mir egal, denn ich züchte den toro.


Silvia Barquero: Aber um ihn zu töten.


Enrique Ponce: Um ihn zu töten, natürlich. Wie andere Schweine oder Schafe züchten um sie zu töten. Es ist ein Aufeinandertreffen, wir ihr sagt, aber wenn ihr wollt, dass die fiesta nicht mehr existiert, würde es den toro de lidia gar nicht mehr geben. Denn die gegenwärtigen toros existieren dank Jahrhunderte der Genetik. Er existiert, lebt und wird nur dort gezüchtet, wo es die corrida de toros gibt. Wir können kein Tier retten, die Zucht fördern, wenn sie eigentlich wollen, dass es gar nicht existiert. ... Mal sehen, züchtest du den toro bravo? Ich frage dich (und schaut sie ernst an) Du wärst dann eine ganadera von toros bravos?


Silvia Barquero: Ich will nicht, dass Tiere leiden. Das ist der Unterschied. Lass es mich sagen: Glaub nicht, dass wir gegen die corrida de toros sind, weil wir sie nicht mögen oder sie nicht verstehen. Sondern wir sind dagegen weil wir darin eine Misshandlung von Tieren sehen, während andere es als Kunst bezeichnen, wir sehen Leiden, andere Kultur, wir sehen, was ihr nicht seht. Das ist eine Frage der Ethik, keine Geschmacksache.


Enrique Ponce: Was du verstehen musst, obwohl es für dich keine Kultur ist, es ist eine. Du kannst sagen wie es dir scheint es ist aber so (er lacht). Ich würde gerne rekapitulieren von was wir hier sprechen: Der toro bravo ist kein Hund, kein Haustier. Es ist ein Tier welches leidet, aber bis zu welchem Punkt? Wenn eine banderilla im Schmerzen zufügt, würde er weglaufen. Ein toro bravo reagiert, macht Druck, weil das seine genetischen Vorraussetzungen sind.


Silvia Barquero: Es ist doch offensichtlich, dass die toros keine Tiere von einem anderen Planeten sind. Sie verfügen wie jedes andere Säugetier auch über ein Nervensystem ...


Enrique Ponce: Ja, aber er ist darauf vorbereitet.


Silvia Barquero: Es gibt eine Aura der Mystik in der mundo taurino die versucht, das Hauptproblem der tauromaquia zu verweigern. Und das ist die Tatsache, dass die Tiere leiden. Ihr misshandelt sie bis zum Tod...




Moderator: Was ist die tauromaquia?

Enrique Ponce: Das ist Schönheit, es ist Kultur, es ist Tradition. Für mich ist tauromaquia Kunst. Für mich persönlich ist es die Kunst der Künste.


Silvia Barquero: Für mich ist tauromaquia Leiden.


Enrique Ponce: Hast du dich jemals darüber gefreut, wenn es einen torero erwischt hat, Silvia?


Silvia Barquero: Nein. Nie habe ich mich darüber gefreut, wenn ein torero verletzt worden ist. Ich weiss, du hattest vor kurzem eine cornada und sie mussten dein Schlüsselbein operieren. Mir ist überhaupt nicht damit geholfen, wenn ein torero stirbt.

Enrique Ponce: Das ist in Ordnung. 

Silvia Barquero: Auch wenn wir etwas verteidigen, sollten wir dieses mit Respekt tun, und genauso sollten wir vorgehen. 

Enrique Ponce: Wenn ihr euch da nicht mal irrt. Ihr verteidigt nicht den toro, eh. Ihr wollt eine Rasse auslöschen.... Wer züchtet denn den toro bravo?, für was? Ich denke es würde nur eine sehr kleine Gruppe übrig bleiben, um diese Rasse zu erhalten. Und nach 70 oder 100 Jahren würde man sagen "Schaut mal, das ist ein toro bravo". Und man könnte ihn in einem Zoo bestaunen. Aber die Rasse, so wie wir sie jetzt kennen, würde verschwinden.... 



Enrique Ponce: Der toro ist sich nicht bewusst was geschieht. 

Silvia Barquero: Die Tiere wissen sind sich bewusst. 

Enrique Ponce: Der toro weiss nicht, dass er sterben wird. 

Silvia Barquero: Wir haben da eine sehr solide und rationale Basis an Argumenten. 

Enrique Ponce: Du hast eine solide und rationale Basis. Der toro nicht. Der toro weiss nicht, dass er sterben wird. 

Moderator: Silvia, glauben sie an eine anständige Behandlung bei der Zucht? 

Enrique Ponce: Aber du kennst dich daran doch gar nicht aus! (Ponce stichelt dazwischen) 

Silvia Barquero: Aber lass mich doch erst einmal sprechen. 

Enrique Ponce: (lacht) Sie hat noch keinen toro gezüchtet. 

Silvia Barquero: Während der gesamten Zucht sind sie nicht vom Leiden befreit. Von dem Moment der tienta an, wo man testet ob sie für den Stierkampf geeignet sind. Auch beim Brandeisen ... 

Enrique Ponce: Wie bei den Pferden. Wie bei den Schafen. 

Silvia Barquero: Lass mich reden ... Die Tiere leiden von Geburt an ... ich empfehle den ganaderos über die Möglichkeit einer Zukunft zu denken, indem  die toros auf dem freien Land leben, um ein Unternehmen für Ökotourismus zu gründen, wo wir die Tiere in Frieden und Freiheit leben sehen. Das ist weitaus schöner als das Leiden und der Tod. 

Enrique Ponce: Das wovon du sprichst ist ein Safaripark. 

Silvia Barquero: Ein Wirtschaftsfaktor. 

Enrique Ponce: Aber dass dieses geschieht ist unmöglich. Denk mal darüber nach was du da gesagt hast. Die Freiheit eines toros um 10, 15 oder 17 Jahre zu erhöhen. Für was ? Hast du eine Idee was die Zucht eines toros bravos kostet? Hast du natürlich nicht. 

Silvia Barquero: (wirkt genervt) Du musst mir nicht immer sagen, wie unwissend ich bin. Ich lebe im selben Land wie du, ich habe dasselbe Alter wie du ... 

Enrique Ponce: Ich bezog die Unwissenheit auf die ganadería (besonders betont

Silvia Barquero: Du beziehst dich nicht auf mich, als ob ich nicht wüsste was ich sage. 

Enrique Ponce: Weisst du was die Zucht eines Tieres kostet? (Ponce besteht weiterhin darauf

Silvia Barquero: Ich weiss was es kostet. Aber ihr züchtet sie auf für einen grauenhaften Tod. Ich suche nach einer würdigen Lösung für die Zukunft und erwarte ein Land ohne Tierquälerei. 

Enrique Ponce: Ich respektiere die Tiere. Ich selbst habe Hunde, Pferde, Schafe, toros bravos ... Aber das hier ist nicht Disney. Mit allem Respekt, jedes Tier ist für eine bestimmte Sache geschaffen. 



Moderator: Kann es corridas de toros ohne Tod geben? 

Silvia Barquero: Ich glaube nein. Die Zukunft wird das Ende der tauromaquia sein. Wir sind verantwortungsvolle Menschen. Es gibt nicht die Möglichkeit der toros ohne den Tod. Portugal hat es gezeigt. Selbst die aficionados wollen es nicht. In Portugal wird mit dem Tier gekämpft, man lässt es leiden, und am Ende landet es im Schlachthaus. 

Enrique Ponce: Besser ist es gleich in der plaza zu töten. 

Silvia Barquero: Besser ist es, gar nicht zu töten. 

Enrique Ponce: Besser es nicht zu töten, nein. Das kann nicht sein. Du musst verstehen, du redest hier von Tiermisshandlung, und im Fall des toro bravo liegt keine Tiermisshandlung vor. Mit Sicherheit gibt es Tiermisshandlung in anderen Fällen, und da gibt es weitaus schlimmere. Wie zum Beispiel die Gänse des Foie, den ich übrigens liebe. Und ich werde diesen weiterhin zu mir nehmen. 

Silvia Barquero: Ich möchte nicht Teil einer Gesellschaft sein, wo ein grosser Haufen an Menschen einem toro folgt und ihm den Tod bereitet wie den von Tordesillas. Ich will nicht in einem Land leben, wo Tiere bei encierros getötet werden. 

Enrique Ponce: Nun, da hast du es schwierig, und musst eigentlich in ein anderes Land gehen. Es ist sehr schwer, dass in PamplonaMadrid, in Valencia, in Sevilla, in allen spanischen Dörfern die toros ein Ende haben werden ... 

ModeratorEnrique, was hältst du von der Tradition des Toro de la Vega

Enrique Ponce: Das hat überhaupt nichts mit den corridas zu tun. Ich respektiere es, weil es Leute gibt, die daran Gefallen haben. Mir selbst, weder gefällt es mir, noch gefällt es mir nicht.... Aber es hat wirklich so gar nichts gemein mit den corridas. Sie tun es halt und ich bin nicht derjenige, der dazu bestimmt ist, mich da einzumischen. 

Silvia Barquero: Schau mal dir die Traditionen an: Die corridas, der Toro de la Vega, die toros embolados, jene die aufgehängt sterben ... 

Enrique Ponce: Das kann man nicht alles vergleichen. 

Silvia Barquero: Alles ist tauromaquia. Beinhaltet Leiden und Tod. Ist es eine Tatsache, das eine Tradition gut ist? Früher haben sie aus Traditionen heraus Menschen auf Scheiterhaufen verbrannt. Und dieses geschieht jetzt nicht mehr. 

Enrique Ponce: Um Gottes Willen, Frau! Vergleiche mich nicht mit den Männern die Personen auf den Scheiterhaufen verrannten. 

Silvia Barquero: Es war Teil der Tradition. 

Enrique Ponce: Nein, das war keine Tradition. Das war eine Hinrichtung, mit einem Würgehebel oder Guillotine. Sieh mal, ich verlange von dir nicht, dass du gehst. Aber ihr solltet die Menschen lassen, denen es gefällt und die es geniessen. Für dich ist die Abschaffung eine Evolution, für mich ein Schritt zurück. Wenn du die toros abschaffst, vernichtest du ein Teil von Spaniens Geschichte. 
Die drei Protagonisten: Der torero, die antitaurina und der toro bravo
Enrique Ponce: Wenn du den toro bravo retten willst, dann hältst du ihn in einem corral und verpflegst ihn bis er stirbt? Ohne dass er für irgendetwas sinnvoll ist? 

Silvia Barquero: Ich bin nicht die Ursache für das Leiden dieser Tiere. Es sind diejenigen die sie für dieses schreckliche Ende züchten, und das sollten sie lösen ... 

Enrique Ponce: Nein, nein. 

Silvia Barquero: Ich will dich mal etwas fragen (du hast während deiner professionellen Karriere 5.000 Tiere getötet, 5.000 Tiere), hast du nicht einmal gesehen wie sie leiden? Hast du nicht einmal Empathie empfunden? 

Enrique Ponce: (Der torero wirkt sehr ernst, und er schaut so aus, als ob er etwas erklären wird, was die andere nie verstehen wird) Weisst du was ich gesehen habe? (es folgt ein langes Schweigen) Weisst du was ich gesehen habe? Wenn er mich erwischt, wird er mich vernichten. Das habe ich in seinen Augen gesehen.