Samstag, 15. September 2012

Von Ronda zum Omega?

Entwickelt sich der legendäre Goya-Stierkampf zu einer taurinischen Farce?
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von Philip de Málaga 

Francisco schüttelte den Kopf. "Keine toros, keine toreros, nicht einmal Publikum!". Er kam gerade aus Ronda und wir trafen uns auf der Terrasse des staatlichen Paradores und blickten auf die Malagueta. Selbst die dieses Jahr doch eher bescheiden ausgefallene feria taurina von Málaga wäre um vieles besser gewesen. Nein, er schüttelte wieder den Kopf, die Reise zur corrida goyesca wäre nur teuer gewesen. Ziemlich teuer, denn die entradas kosteten jeweils zwischen 50 und 170 Euros. Und seine Familie sei immerhin mit sieben Personen angereist und hätte auf den teuren Schattenplätzen gesessen. Nicht des sombras wegen, sondern um dem embrujo nahe zu sein.

Die toreros

Aber was konnte man schon von diesem cartel erwarten. "Nur weil Paquirri auf dem Plakat steht, darf man aber keine Hoffnung hegen auch so etwas wie Paquirri zu sehen zu bekommen!". Und gleich zu Beginn zeigte jene Person, die sich den Künstlernamen Paquirri zulegte, was ihm stets größte Schwierigkeiten bereitete, die Ausführung einer ordentlichen estocada. Ganze acht pinchazos sowie ein descabello hat er benötigt. Und dafür wurde er vom Publikum lediglich mit einem silencio abgestraft. Überhaupt schien es im wichtiger, die Trauer für seine verstorbenen Tante zur Schau zu tragen als sich dem toreo zu widmen.
So nicht, Herr Paquirri!
El Fandi sei zwar ein mutiger und stets hoch motivierter matador de toros, aber er gehöre nun mal nicht in eine plaza de toros wo die pure arte de torear höchste Priorität haben sollte. Zu viel tremendismo. Und Alejandro Talavante? Wohl der matador mit den besten Vorraussetzungen für eine solche corrida goyesca. Jedoch verglichen mit seinen Auftritten in Málaga vor drei Wochen, erinnerte seine Leistung einem Unterschied zwischen Tag und Nacht. Seine Arbeit mit capa und muleta wirkten verkrampft, übereilt, als ob er dazu gezwungen worden sei.

Die toros

Die ganadería war vielversprechend. Doch was man zu sehen bekam waren "dicke fette unbewegliche Tiere!" Einer dieser toros soll sogar 620 Kilo gewogen haben. Solche toros hätten bei einer goyesca in Ronda wirklich nichts zu suchen.

Das Publikum

Das habe es in den 56 Jahren in der Geschichte der corrida goyesca in Ronda noch nicht gegeben. Sie war nicht einmal ausverkauft. Kein Schild No hay billettes am taquilla. Sparsame Belegung im sol:
Leer Sitzplätze in den tendidos, das hat es noch nie gegeben!
Und diejenigen die dort waren, hätten mit der klassischen afición so wenig gemeinsam, "wie ein Tennisspieler mit einem Elefanten". Neben Don Francisco sassen zwei Damen, die nichts Besseres zu tun hatten, als sich während der ganzen Veranstaltung über eine Hochzeit in Sevilla zu unterhalten, wo sie diese Tage zu Gast waren. Selbst bei der faena tuschelten sie weiter. "Vor Jahren hätte sie man dafür in den tendidos der Real Maestranza gehängt."  

Die plaza de toros
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"So grau wie die burladeros!"

LA RAZÓN
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Foto von Dr. Andreas Krumbein
Die Real Maestranza de Caballería de Ronda gehört ohne Frage zu den ältesten plaza de toros auf der Iberischen Halbinsel. Das 66 Meter breite ruedo entstand 1758 und umgeben von 136 Säulen wurde es zum Tempel, zum Alpha und Omega der tauromaquia. Anfang September eines jeden Jahres findet hier der mittlerweile legendäre Höhepunkt einer jeweils aktuellen temporada taurina in Spanien statt. Die corrida goyesca. Was Wimbledon für den Tennissport darstellt, was der Nobelpreis für die Literatur ist, das ist die goyesca für die tauromaquia. Eine Begegnung der Gesellschaft mit taurinischem Gedankengut. Das Feinste vom Feinsten sollte zu sehen sein. Die besten toreros einer Saison sollten ihr Stelldichein geben um ihre persönliche temporada triumphal vor einem gesellschaftsfähigem Fachpublikum zu beenden. Doch was man zu sehen bekam war nur traurig. Weder Fach noch Publikum. So grau wie die burladeros, konnte man in den Medien lesen.

Und ein dickes NO der afición

Doch dieses Jahr erteilte die afición ein NO dem No hay billettes. Es war ein Nein an den empresario, eine Lossagung an die Adresse es Hauses Ordoñez. Eine Absage an Fran Rivera Ordoñez alias Paquirri. Es kann nicht angehen, dass man in der größten spanischen Tageszeitung EL PAIS zu lesen bekomme, dass es in Ronda eigentlich gar nicht mehr um die toros gehe, sondern viel mehr um das jährliche Zusammentreffen und die dazugehörigen Erinnerungen. Soll die corrida goyesca nur noch zum Instrument der Klatschpresse degradiert werden? 
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"Bei der corrida goyesca sind die toros nicht mehr so wichtig. Was zählt ist die Erinnerung, das  Stelldichein, das Dabeisein, die jährliche Wallfahrt ..."

Antonio Lorca (EL PAÍS)
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Wie es scheint sind die toros in Ronda nur noch Komparsen in einem gesellschaftlichen Spektakel. Zwar steht noch eine plaza de toros im Mittelpunkt, doch die könnte mittlerweile Plaza de Paquirri heissen ... ob nun jener Paquirri der Gegenwart ein Gespür dafür entwickelt, dass die afición damit eigentlich an einen anderen Paquirri denkt ... nun, wie man auch immer dazu stehen mag, die afición hat auf jeden Fall gezeigt wie sie dazu steht, und es bleibt zu hoffen, dass die corrida de goyesca nicht in nächster Zukunft beim Omega ankommen wird.

Und nächstes Jahr? Don Francisco schüttelte zum dritten Male seinen Kopf. "Noch weniger als casi lleno, denn wir werden dort mit Sicherheit nicht mehr hinfahren." Wir lachten aber so komisch fanden wir es eigentlich beide nicht.