Donnerstag, 18. Juli 2013

Pamplona (3)




von Colin Ernst


Die berühmteste fiesta taurina ist nun vorbei. 
Fast 200.000 Menschen besuchten die corridas.
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Das cartel, mit Morante de la Puebla, El Juli und Talavante, sollte der Höhepunkt der feria de
Morante de la Puebla (Foto: mundotoro)
toros
in Pamplona sein. Aber die Stiere schienen sich ein wenig verausgabt zu haben, denn am Abend war wenig Glanz zu sehen. Das Publikum, viele vor allem wegen dem Boheme, dem duende der aktuellen tauromaquia, Morante de la Puebla, in den tendidos, wurde wiedermal enttäuscht. Der maestro fühlte sich nicht gut, hieß es am nächsten Tag in der Taurinapresse. Statt Trophäen hagelte es broncas und pitos. Das Publikum, die aficionados lieben Morante, diesen launischen Gesellen, der in der Lage ist, mit einer media veronica, die Zuschauer in Trance zu versetzen, - aber liebt er auch seine "Morantistas"? Das zumindest frage ich mich gelegentlich, wenn es mal wieder Schimpf, Schande und Sitzkissen hagelt, angesichts seiner desolaten Arbeit. Es war wiedermal der Stier, der den maestro nicht glänzen ließ... Bei Canal Plus deklarierte er den toro als sordo y peligro. Und mit dem Degen stimmte auch etwas nicht, denn zwei pinchazos und fünf descabellos beim ersten, und drei pinchazos bei seinem zweiten Stier, sind nicht grade das, was man von einem maestro mit langjähriger Erfahrung erwartet. (bronca y pitos). 

Aber auch El Juli hatte zumindest mit den estocadas kein Glück, drei pinchazos sind ungewöhnlich viel für den sonst so sicheren matador. Schade, denn seine Arbeit, mit dem lustlosen Victoriano war soweit es das Tier zuließ, gut. (palmas y silencio). 

El Juli, scheiterte letztendlich an der estocada (Foto: mundotoro)
Am meisten beklagte sich Alexandro Talavante (bei Canal Plus toros), es wären "toros violentos, sin movimiento, sin clase, ni vida", (gewaltsame Stiere, mit kaum Angriffslust, ohne Klasse und ohne Leben) - gewesen. Dabei toreriert er beinahe jede Woche die Victorianos del Rio, kennt ihr comportamiento also zur Genüge. Auch seine Arbeit mit der muleta war soweit so gut - aber die estocada verhinderte seinen Triumph (ovación, saludos und silencio). Wiedermal stellt sich die Frage, was will das Publikum von Pamplona? Große Stiere mit ausladenden Hörnern, die encierros in Recordzeit abgaloppieren, oder toros de verdad? Wahre, echte Stiere? Nach der enttäuschenden corrida konnte man so manchen Zuschauerkommentaren entnehmen, dass die "figuras" ja nur noch mit "toros bobos carretillas" - einfältigen Schubkarren kämpfen wollten, damit sie "schön torerieren" - torear bonito, also gut aussehen können. Dies ist mit toros de verdad, duras - richtigen , wahrhaftigen Stieren meist nicht möglich, beziehungsweise nur mit großem Können, Geschick, und Einsatz möglich. Nun, den toristas bleibt noch die Hoffnung auf die Miuras... 

David Mora (Foto: mundotoro)
Das encierro am Donnerstag, mit den Torrestrellas von Álvaro Domecq, ging ebenso glatt über die Bühne, wie die der Vortage, keine Zwischenfälle, keine cornadas. Zwei Minuten und 47 Sekunden, eine gute Zeit. Mir gefielen die farbenfrohen Domecqs, besonders der hübsche "ensabanado, ojalado" namens Rayasol, der kurz vor Eintritt in die plaza noch mal Halt machte, um den "mozos" das Fürchten zu lehren. Der Abend gehört Franzisco Marcos , Ivan Fandiño und zum zweiten Mal in dieser Woche, David Mora. Da nun alle toros der verschiedenen ganaderías eingetroffen sind, die veterinärischen Untersuchungen abgeschlossen sind kann ich auch kurz Bilanz ziehen: Zurück auf die fincas ihrer Züchter gehen insgesamt 16 Stiere - Alle von Cebada Gago, sechs von Pilar, einer von Moises Fraile und ein Torrestrella. Meistens bemängelt - falta trapio - fehlende Angriffslust. Nun, die, welche ich bisher in der plaza gesehen habe, waren auch nicht grade die Angriffslustigsten, wer weiß, was dem zahlenden Publikum erspart worden ist. Man sagt ja, wenn ein Fest zu Ende geht, wird es immer fröhlicher, älterer Wein wird besser, nun die Resultate der corridas scheinen dies zu bestätigen. Fran Marcos, hatte zwar mit dem hübschen "Rayasol" wenig Glück, konnte aber mit seinem zweiten toro die ersehnte Trophäe für sich verbuchen (silencio und oreja). Fandiño riskierte für die orejas wiedermal sein Leben, ist er doch grade erst von einer cornada genesen, sah es am heutigen Abend so aus, als wenn er wieder in der enfermeria landen würde : Fandiño am Boden, über ihm der riesige Stier, Nase an Nase, Kopf an Kopf, das hätte böse ausgehen können. (saludos und saludos) - Woanders gibt es auch für Tapferkeit ein "Ehrenoreja". Protagonista dieser corrida aber, wie schon im Vorjahr, war David Mora, der sich an beiden Stieren ein oreja erarbeitete, was die puerta grande für ihn öffnete. Zum vierten Mal in Folge hat Mora dies nun in Pamplona geschafft, ein beeindruckendes Ergebnis für den matador. Das heutige encierro, war nicht vom Glück der vergangenen Tage geprägt. Die toros von El Pilar, bien armados - gut bewaffnet, wussten ihre Hörner zu gebrauchen. Drei Verletzte durch cornadas! Besonders schlimm erwischte es einen jungen Spanier, an dem sich der toro lange aufhielt, zunächst erwischt, dann durch die Luft geschleudert und immer wieder attackiert, bis ein beherzter mozo den am Boden liegenden unter dem toro wegzog. Einen anderen Läufer erwischte es heftig am Oberkörper, Rippenbrüche lassen ihn das Ende Sanfermines in der UCI, in der Intensivstation erleben, ein Amerikaner übrigens. Ergebnis die corrida am Abend: Padilla silencio und saludos, El Julioreja und silencio  Jimenez Fortesoreja y palmas

Tragisches encierro der Fuente Ymbros:

Nicht der Sturz eines Menschen, sondern der Fehler eines Menschen, hätte fast Menschenleben gekostet. Die zweite Tür des Durchgangs zur Arena, zum ruedo war nicht wie sonst geöffnet, sondern verschlossen und sie geht nur nach innen, in die plaza auf, so das dort kein Entkommen möglich war. Die gut siebzig Personen fassende erste Gruppe passte plötzlich nicht mehr durch den verkleinerten Eingang, ein Sturz von Beteiligten, die in hoher Laufgeschwindigkeit dort ankam, tat sein übriges dazu. Die zahmen Ochsen und die Stiere prallten so auf den menschlichen Knoten und verstärkten so Druck und Panik. Es hat 23 Verletzte gegeben, 19 von ihnen aus dem "Knoten", eine Hornverletzung und ein Erstickungsanfall, die meisten wurden schon aus der Klinik entlassen. Hätten die Stiere angegriffen, hätte es bestimmt ein blutiges Ende genommen. 


In der Geschichte Pamplonas gab es schon 22 sogenannte "Montones" im Eingang zur plaza  die meisten in den 70ger Jahren.

1922 Hundert Verletzte bei der Einweihung der Plaza, toros der ganadería Vincente Martinez. Die Stiere kletterten über die Menschenmasse.

1943 Wieder im callejón, die Stiere wollten nicht in die plaza und waren so eingeschlossen von beiden Seiten im Tunnel. Dauer drei Minuten.

1957 wieder im callejón.

1960 In der Straße zur Arena, Calle Estafeta, Ein Stier griff den Menschenberg an, 20 Verletzte.

1970 callejón, Der amerikanische torero John Fulton war dabei, 40 Verletzte.

1972 Ein Verletzter durch eine cornada, 22 Verletzte beim encierro und weitere 25 bei den vaquillas. Encierro dauerte 8 Minuten, weil die toros wieder umdrehten.

1972 Toros de Samuel Flores, wieder im callejón, 18 leicht Verletzte

1974, Menschenberg vor dem callejón

1975 callejón  die Ochsen sprangen über die Menschen, die Stiere drehten um, zur Strasse, als sie wieder zurückkommen, öffnen sie sich den Weg durch Hornstöße . 16 Schwerverletzte, ein Toter.

1977 callejón, ein Toter, erstickt unter der Menschenmasse. 35 Verletzte.

1983 In 16 Jahren habe man noch nie so einen "Montón" gesehen, ein Stier wird eingeschlossen.

1987 Osborne Stiere gehen auf die einheimischen mozos los.

2004 callejón - Jandillas, beim Eintritt drehen die Stiere um und greifen an, vier schwer Verletzte, durch cornadas.

2008 In der Calle Telefónica, keine cornadas aber viele Knochenbrüche.

Wie man sieht, haben die encierros ihre blutige Tradition bis heute erhalten. Jeder, der mit dem Gedanken spielt, an so einem Stierlauf teilzunehmen, sollte sich im Klaren sein, das er mit seinem Leben und dem seiner Mitstreiter spielt, wenn er nicht geübt zum Lauf antritt. Ein guter Läufer ist vor dem Stier platziert und weicht dann zur Seite aus, wenn er nicht mehr schnell genug ist. 

Kommen wir aber wieder zur corrida des Abends zurück, wo Padilla seine zweite Vorstellung in der feria taurina, im wahrsten Sinne des Wortes, "zum Besten" gab: Jeder seiner beiden Stiere hatte genug trapio, um den "guerrero" in seiner besten Form torerieren zu lassen. Ergebnis: oreja y petición und oreja mit starker petición, soll heißen, vier orejas standen zur Debatte. 

Juan José Padilla (Foto: mundotoro)
Ivan Fandiño (Foto: mundotoro)
Auf den Schultern durch die Puerta Grande ging es auch für Ivan Fandiño, der seinem ersten toro eine exzellente faena lieferte, vom Publikum mit dos orejas belohnt. Sein zweiter toro liess dies nicht zu - palmas gab es zum Abschied für diesen sehr guten Ivan Fandiño der wieder einmal Lust auf mehr machte. 

Pech dagegen hatte ein weiterer Stern am Torerohimmel, Miguel Ángel Perrera, dessen lote das Schlechteste war. Zweimal silencio für den maestro. Dank der Fuente Ymbros kam der Zuschauer bei dieser corrida voll auf seine Kosten. Der letzte Tag der Sanfermines - Feria del toro in Pamplona gehört den Miuras. Bein letzten encierro der fiesta waren die Vorsichtsmassnahmen angesichts der Tragödie am Vortag auf dem neusten Stand, vor allem wurden die Läufer kontrolliert. Keine Betrunkenen, keine Minderjährigen, keine untrainierten Touristen, denn die Miuras haben ihren Ruf.... Und so verlief das encierro in Rekordzeit von zwei Minuten und dreizehn Sekunden, wobei es eine Verletzte durch das Miurahorn gab. Das junge Mädchen konnte nicht rechtzeitig auf die Abgrenzung klettern. Die letzte corrida Pamplonas für dieses Jahr, war die einzige, die nicht mit dem Schild "No hay billettes" gekrönt war, sonst 20.000 Zuschauer, hier nur 18.000. Die Trophäen wurden auch heute nicht verschenkt, zumal die Miuras es den toreros alles andere als einfach machten. 

Rafaelillo, ein Spezialist für schwierige torospetición und vuelta al ruedo und silencio mit dem zweiten Miura

Javier Castaño, ein weiterer Spezialist in Sachen ganado bravo, - silencio mit beiden Miuras

Der dritte im Bunde, auch schon ein erfahrener torero beim Thema Miuras, Jiménez Fortes hatte mit seinem ersten Stier Glück im Unglück, eine voltereta und ein oreja für den jungen matador aus Málaga, der sich langsam zur Spitzengruppe der spanischen toreros hoch arbeitet. Beim zweiten toro gab es allerdings nur silencio nach descabellos und aviso

Der matador Jiménez Fortes (Foto: mundotoro)
Fazit der Feria del toro: Viele ganaderías, die im encierro gut aussahen, enttäuschten in der corrida. Im nächsten Jahr gesetzt, nach der Tradition, das die matadores  welche durch die puerta grande getragen werden, einen festen Platz im nächsten Jahr in den Sanfermines haben, werden wir Hermoso de Mendoza, Padilla, Mora, und Ivan Fandiño in jedem Fall dort wiedersehen. Und vielleicht auch den ein oder anderen deutschen aficionado... 

Viva San Fermin! Viva!