Der Begriff tentadero ist noch nicht so lange in Mode, und viele wissen eigentlich immer noch nicht, was sich dahinter genau verbirgt
___________________________________________________________________von Colin Ernst
(Fotos: mundotoro)
Nach Beendigung der Saison haben die Stierzüchter Zeit, sich einer neuen Aufgabe zu widmen. Der Selektion ihrer Zuchttiere. Jede ganadería hat ihren eigenen Modus der Auswahl und der Wertigkeit ihrer Tiere. Auf einigen fincas wird im freien Feld, im campo selektiert, andere halten den tentadero in der hauseigenen Arena ab.
Wie läuft so etwas ab? Nehmen wir eine ganadería zum Beispiel, deren züchterischer Schwerpunkt auf der encaste Murube begründet ist. Es werden sechs bis acht junge Kühe ausgewählt, für diesen Tag. Sie sind zwischen ein und zwei Jahre alt, selten älter. Der ganadero hat sich diese schon im Vorfeld ausgeguckt, da sie, rein von ihrem äußeren Erscheinungsbild zu der Art der Stiere passen, die er züchtet. Diese sind alle schwarz im Fell, haben mittellange, nach innen zeigende Hörner (cornicorto, typisches Merkmal der Murube Zucht) und ihr Körperbau liegt in mittlerem, bis schweren Rahmen. Im Vorfeld hat sich der Züchter auch mit den toreros abgesprochen, die an diesem tentadero teilnehmen. Dies sind, je nach dem, gestandene matadores de toros oder novilleros. Der ganadero hat ihnen erklärt, wonach er sucht und was er sehen will, um festzustellen, ob diese Jungkühe für seine Zucht zu gebrauchen sind. Der ganadero in diesem Fall ein ehemaliger torero weiß genau wovon er spricht und was er züchten will. Die erste „vaquilla brava“ (Junge Kuh), kommt in die Arena. Flink ist sie auf den Beinen, aufmerksam nimmt sie ihre Umgebung war. Einer der novilleros lockt sie mit der capa, was sie gleich mit einem Angriff auf langer Distanz quittiert. Dies gefällt dem Züchter. Er gibt dem Mann mit der capa Anweisungen. „Lauf weiter rückwärts, zieh sie in die andere Hälfte der plaza, mehr, noch weiter…, jetzt noch ein Manöver mit der capa schön tief, provozier sie“. Die Kuh geht auf das Locken der capa besonders gut ein. Selbst als sie mit einem geschickten, tiefen Manöver, ihre Hörner in den Sand rammt und mit den Vorderbeinen einknickt, steht sie schnell auf und greift wieder an. Dem Besitzer gefällt was er sieht, den Kniefall hat er absichtlich provozieren lassen, um ihre Reaktion auf solche Eventualitäten zu testen. Dies wurde in diesem Fall in einem Teil der Arena gemacht, wo der Sand weich und auch etwas rutschig ist. „Gut, lass sie sich ausruhen, jetzt hol das Pferd herein“, weist der Züchter die Helfer an. Das Pferd, wie bei den corridas mit peto (Schutzdecke) und Augenbinde versehen, geritten vom mayoral, der eine Lanze, eine pica mit sich führt. Die Spitze der pica ist viel kürzer als die in corridas verwendete, soll den Mut und die Angriffslust testen. Von der gegenüberliegen Seite der plaza fordert der Reiter nun die Kuh durch lautes „Hey, hey“ Rufen und Klopfen auf den Steigbügel auf, anzugreifen. Das junge Tier lässt sich nicht lange bitten und galoppiert munter auf das Pferd zu, wo sie kurz die pica zu spüren bekommt. Wichtiger ist es dem Züchter, zu beobachten, wie sie in den peto hinein geht und ob sie Druck macht. In diesem Fall hat sie den Kopf leicht gesenkt und drückt nun kräftig gegen das Pferd. Der ganadero macht sich eifrig Notizen. Rind Nr. 63, Vater und Mutter bekannt, gefällt ihm wegen ihres flachen, rhythmischen Galopps. Das ist etwas, worauf er Wert legt, denn aus eigener Erfahrung weiß er, das es sich so besser mit einem Stier arbeiten lässt. Dieser Galopp ist auch ein typisches Merkmal der Murube Zucht. Auch die Art, wie sie ihre Hörner benutzt, begrüßt er. Sie senkt immer vor dem Angriff den Kopf und hakelt nicht nach oben, also keine unangenehme Art und Weise, wenn man mit der muleta arbeitet.
Auch hier gibt er nach der zweiten Attacke auf das Pferd die Anweisung, das Tier nun ausruhen zu lassen und dann mit der weiter zu machen. Der torero „bewaffnet“ mit dem roten Tuch und der ayuda, einem leichten Hilfsdegen aus Holz oder Aluminium, bekommt nun andere Anweisungen. Zunächst soll die Kuh wieder aus der Distanz angreifen, was sie auch willig tut. Dann soll der Mann das Tier mit der muleta in verschiedene Ecken der plaza locken. Weg vom Ausgang, raus aus dem tiefen Sand, wieder an die Bande, wieder weg von den tablas. „Mano más bajo“, die Hand noch tiefer, fordert der ganadero wieder werden Extremsituationen durchgespielt. Enge kurze Wendungen, welche mehr Kraft kosten, als das Folgen der muleta auf langen graden Wegen. Tiefe Manöver kosten auch mehr Kraft und verlangen volle Konzentration vom Tier. Die junge Kuh offenbart ihrem Züchter, alle Vor und Nachteile, die sie durch Gene, Körperbau und Bewegung zeigen kann. Noch einmal wird ein „Einbrechen“ auf den Vorderbeinen provoziert, sie „verliert die Vorhand“. Nun, nach gut 25 Minuten hat dieses Tier fast das Doppelte erduldet, was einen toro bravo in der corrida erwartet und unzähligen Manövern mit capa und muleta Folge geleistet. Und zur Freude des Besitzers hat sie fast alles ohne Fehl und Tadel angenommen, nicht protestiert, nicht aufgegeben und auch keine Feigheit gezeigt. Während der Arbeit mit dem Rind, kommt auch der torero oder novillero nicht zu kurz. Immer wieder bekamen sie Tips und Anregungen von dem erfahrenen Züchter und Ex torero. Dieser macht sich die letzten Notizen zu diesem Tier, bevor er die letzte Anweisung gibt. Rabo oder Cuernos – Schwanz oder Hörner. Eines von beiden wird gestutzt, um das Tier zu markieren und seinen Bestimmungsort festzulegen. In diesem Falle hat die junge Kuh, die bei diesem tentadero um ihr Leben gekämpft hat, im wahrsten Sinne dieses Wortes, Glück, ihre Anstrengung wird belohnt. Mit dem letzten Wisch der muleta über ihr Gesicht, Hörner und Körper, fällt diese zu Boden und der torero greift sich den Schwanz der kleinen Kuh und hält sie daran fest, während andere Helfer eilen herbei.
Geschickt wird sie nun auf den Boden geworfen, festgehalten und ein Helfer schneidet ihr vorsichtig die Hornspitzen ab. Dann wird sie entlassen und läuft durch das geöffnete Tor zurück zur Herde. Sie hat die Prüfung bestanden und wird eine Zukunft als Mutterkuh haben. Damit ist allerdings die Prüfung noch nicht beendet, denn nun wird es an ihren Nachkommen liegen, ob sie einen festen Platz als Zuchttier in der ganadería bekommt, oder letzten Endes doch den Weg zum matadero, dem Schlachter antritt. Wie sieht es aus, wenn eine junge Kuh nicht geeignet ist für die Zucht? Bei dem nächsten Rind, offenbart es sich schon ganz zu Anfang. Zögernd ist sie in die kleine plaza gekommen und hat beim Umherrennen mehrfach die Vorhand verloren, ist hingefallen. Nach dem ersten Angriff auf die capa liegt sie wieder im Sand und zeigt danach überhaupt kein Interesse mehr, sondern sucht den Ausgang. Auf das Pferd geht sie auch nur sehr zögernd los und wendet sich noch schneller ab. Das geübte Auge des Züchters hat jetzt schon genug gesehen, um sie von seiner Liste zu streichen. Die Schwäche in den Vorderläufen, sowie ihr comportamiento – Benehmen, lassen vermuten, das ihre Nachkommen der ganadería keine Ehre machen werden. Einer der geladenen Novilleros darf sich an ihr mit der Muleta üben. Am Ende kommt das Kommando „Corta el rabo“, der Schwanz wird am untersten Ende abgeschnitten, so kann man sie jederzeit von allen anderen unterscheiden. Ihr Weg führt zum matadero. Ein Züchter muss gewissenhaft selektieren. Manche ganaderías selektieren seit über hundert Jahren in Reinzucht, andere frischen mit „Fremdblut“ aus anderen encastes auf. Stiere aus der encaste Murube sieht man oft beim rejoneo, denn ihr Galopp lässt sich hervorragend mit dem eines Pferdes arbeiten. Toreros schätzen sie, da sie oft auf lange Distanz angreifen, was toll aussieht, wenn der torero allein in der Mitte des ruedos steht und den Stier dort empfängt. Auch sie schätzen den gleichmäßigen Galopp dieser Tiere, die eigentlich alles mitbringen, um dem torero Glanz zu verleihen. Ob die Nachkommen von „Nr. 63“ jemals eine plaza betreten, wird die Zukunft zeigen, denn zunächst muss der ganadero ein geeignetes Vatertier bestimmen, welches die Vorzüge von „Nr. 63“ noch verstärkt. Suerte vaquilla!
Wie läuft so etwas ab? Nehmen wir eine ganadería zum Beispiel, deren züchterischer Schwerpunkt auf der encaste Murube begründet ist. Es werden sechs bis acht junge Kühe ausgewählt, für diesen Tag. Sie sind zwischen ein und zwei Jahre alt, selten älter. Der ganadero hat sich diese schon im Vorfeld ausgeguckt, da sie, rein von ihrem äußeren Erscheinungsbild zu der Art der Stiere passen, die er züchtet. Diese sind alle schwarz im Fell, haben mittellange, nach innen zeigende Hörner (cornicorto, typisches Merkmal der Murube Zucht) und ihr Körperbau liegt in mittlerem, bis schweren Rahmen. Im Vorfeld hat sich der Züchter auch mit den toreros abgesprochen, die an diesem tentadero teilnehmen. Dies sind, je nach dem, gestandene matadores de toros oder novilleros. Der ganadero hat ihnen erklärt, wonach er sucht und was er sehen will, um festzustellen, ob diese Jungkühe für seine Zucht zu gebrauchen sind. Der ganadero in diesem Fall ein ehemaliger torero weiß genau wovon er spricht und was er züchten will. Die erste „vaquilla brava“ (Junge Kuh), kommt in die Arena. Flink ist sie auf den Beinen, aufmerksam nimmt sie ihre Umgebung war. Einer der novilleros lockt sie mit der capa, was sie gleich mit einem Angriff auf langer Distanz quittiert. Dies gefällt dem Züchter. Er gibt dem Mann mit der capa Anweisungen. „Lauf weiter rückwärts, zieh sie in die andere Hälfte der plaza, mehr, noch weiter…, jetzt noch ein Manöver mit der capa schön tief, provozier sie“. Die Kuh geht auf das Locken der capa besonders gut ein. Selbst als sie mit einem geschickten, tiefen Manöver, ihre Hörner in den Sand rammt und mit den Vorderbeinen einknickt, steht sie schnell auf und greift wieder an. Dem Besitzer gefällt was er sieht, den Kniefall hat er absichtlich provozieren lassen, um ihre Reaktion auf solche Eventualitäten zu testen. Dies wurde in diesem Fall in einem Teil der Arena gemacht, wo der Sand weich und auch etwas rutschig ist. „Gut, lass sie sich ausruhen, jetzt hol das Pferd herein“, weist der Züchter die Helfer an. Das Pferd, wie bei den corridas mit peto (Schutzdecke) und Augenbinde versehen, geritten vom mayoral, der eine Lanze, eine pica mit sich führt. Die Spitze der pica ist viel kürzer als die in corridas verwendete, soll den Mut und die Angriffslust testen. Von der gegenüberliegen Seite der plaza fordert der Reiter nun die Kuh durch lautes „Hey, hey“ Rufen und Klopfen auf den Steigbügel auf, anzugreifen. Das junge Tier lässt sich nicht lange bitten und galoppiert munter auf das Pferd zu, wo sie kurz die pica zu spüren bekommt. Wichtiger ist es dem Züchter, zu beobachten, wie sie in den peto hinein geht und ob sie Druck macht. In diesem Fall hat sie den Kopf leicht gesenkt und drückt nun kräftig gegen das Pferd. Der ganadero macht sich eifrig Notizen. Rind Nr. 63, Vater und Mutter bekannt, gefällt ihm wegen ihres flachen, rhythmischen Galopps. Das ist etwas, worauf er Wert legt, denn aus eigener Erfahrung weiß er, das es sich so besser mit einem Stier arbeiten lässt. Dieser Galopp ist auch ein typisches Merkmal der Murube Zucht. Auch die Art, wie sie ihre Hörner benutzt, begrüßt er. Sie senkt immer vor dem Angriff den Kopf und hakelt nicht nach oben, also keine unangenehme Art und Weise, wenn man mit der muleta arbeitet.
Auch hier gibt er nach der zweiten Attacke auf das Pferd die Anweisung, das Tier nun ausruhen zu lassen und dann mit der weiter zu machen. Der torero „bewaffnet“ mit dem roten Tuch und der ayuda, einem leichten Hilfsdegen aus Holz oder Aluminium, bekommt nun andere Anweisungen. Zunächst soll die Kuh wieder aus der Distanz angreifen, was sie auch willig tut. Dann soll der Mann das Tier mit der muleta in verschiedene Ecken der plaza locken. Weg vom Ausgang, raus aus dem tiefen Sand, wieder an die Bande, wieder weg von den tablas. „Mano más bajo“, die Hand noch tiefer, fordert der ganadero wieder werden Extremsituationen durchgespielt. Enge kurze Wendungen, welche mehr Kraft kosten, als das Folgen der muleta auf langen graden Wegen. Tiefe Manöver kosten auch mehr Kraft und verlangen volle Konzentration vom Tier. Die junge Kuh offenbart ihrem Züchter, alle Vor und Nachteile, die sie durch Gene, Körperbau und Bewegung zeigen kann. Noch einmal wird ein „Einbrechen“ auf den Vorderbeinen provoziert, sie „verliert die Vorhand“. Nun, nach gut 25 Minuten hat dieses Tier fast das Doppelte erduldet, was einen toro bravo in der corrida erwartet und unzähligen Manövern mit capa und muleta Folge geleistet. Und zur Freude des Besitzers hat sie fast alles ohne Fehl und Tadel angenommen, nicht protestiert, nicht aufgegeben und auch keine Feigheit gezeigt. Während der Arbeit mit dem Rind, kommt auch der torero oder novillero nicht zu kurz. Immer wieder bekamen sie Tips und Anregungen von dem erfahrenen Züchter und Ex torero. Dieser macht sich die letzten Notizen zu diesem Tier, bevor er die letzte Anweisung gibt. Rabo oder Cuernos – Schwanz oder Hörner. Eines von beiden wird gestutzt, um das Tier zu markieren und seinen Bestimmungsort festzulegen. In diesem Falle hat die junge Kuh, die bei diesem tentadero um ihr Leben gekämpft hat, im wahrsten Sinne dieses Wortes, Glück, ihre Anstrengung wird belohnt. Mit dem letzten Wisch der muleta über ihr Gesicht, Hörner und Körper, fällt diese zu Boden und der torero greift sich den Schwanz der kleinen Kuh und hält sie daran fest, während andere Helfer eilen herbei.
Geschickt wird sie nun auf den Boden geworfen, festgehalten und ein Helfer schneidet ihr vorsichtig die Hornspitzen ab. Dann wird sie entlassen und läuft durch das geöffnete Tor zurück zur Herde. Sie hat die Prüfung bestanden und wird eine Zukunft als Mutterkuh haben. Damit ist allerdings die Prüfung noch nicht beendet, denn nun wird es an ihren Nachkommen liegen, ob sie einen festen Platz als Zuchttier in der ganadería bekommt, oder letzten Endes doch den Weg zum matadero, dem Schlachter antritt. Wie sieht es aus, wenn eine junge Kuh nicht geeignet ist für die Zucht? Bei dem nächsten Rind, offenbart es sich schon ganz zu Anfang. Zögernd ist sie in die kleine plaza gekommen und hat beim Umherrennen mehrfach die Vorhand verloren, ist hingefallen. Nach dem ersten Angriff auf die capa liegt sie wieder im Sand und zeigt danach überhaupt kein Interesse mehr, sondern sucht den Ausgang. Auf das Pferd geht sie auch nur sehr zögernd los und wendet sich noch schneller ab. Das geübte Auge des Züchters hat jetzt schon genug gesehen, um sie von seiner Liste zu streichen. Die Schwäche in den Vorderläufen, sowie ihr comportamiento – Benehmen, lassen vermuten, das ihre Nachkommen der ganadería keine Ehre machen werden. Einer der geladenen Novilleros darf sich an ihr mit der Muleta üben. Am Ende kommt das Kommando „Corta el rabo“, der Schwanz wird am untersten Ende abgeschnitten, so kann man sie jederzeit von allen anderen unterscheiden. Ihr Weg führt zum matadero. Ein Züchter muss gewissenhaft selektieren. Manche ganaderías selektieren seit über hundert Jahren in Reinzucht, andere frischen mit „Fremdblut“ aus anderen encastes auf. Stiere aus der encaste Murube sieht man oft beim rejoneo, denn ihr Galopp lässt sich hervorragend mit dem eines Pferdes arbeiten. Toreros schätzen sie, da sie oft auf lange Distanz angreifen, was toll aussieht, wenn der torero allein in der Mitte des ruedos steht und den Stier dort empfängt. Auch sie schätzen den gleichmäßigen Galopp dieser Tiere, die eigentlich alles mitbringen, um dem torero Glanz zu verleihen. Ob die Nachkommen von „Nr. 63“ jemals eine plaza betreten, wird die Zukunft zeigen, denn zunächst muss der ganadero ein geeignetes Vatertier bestimmen, welches die Vorzüge von „Nr. 63“ noch verstärkt. Suerte vaquilla!