von Domingo Delgado de la
Cámara eingeleitet und übersetzt von Tristan Wood entnommen aus La Divisa, Club
Taurino of London, Number 168 - January/February
2006, S. 29-33: The Tercio de Banderillas and Its Purpose
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Übersetzung von Dr. Andreas Krumbein
(Fotos: SfA, tauromaquia.de, mundotoro)
Eine der Freuden des
Spanisch lesenden aficionado war in den letzten Jahren die Entstehung der
Buchtrilogie von Domingo Delgado de la Cámara über die corrida de toros - Revisión del toreo, avatares históricos vom toro de lidia und von dem paseíllo al arrastre: Die lidia und ihre Evolution. Dieser
zuvor wenig bekannte Kritiker hat ein scharfes Auge auf allgemeine
Überzeugungen hinsichtlich des toreo geworfen, wobei er mehrere, lange für
gültig gehaltene Annahmen widerlegt, obwohl er nach meinem Dafürhalten weit
interessanter ist, wenn er über den toreo, der vor seiner Zeit stattgefunden
hat, schreibt als über denjenigen, den er leibhaftig miterlebt hat, bei dem er
dazu neigt viel dogmatischer zu sein. Er schreibt in einem leicht zu lesenden,
unterhaltsamen Stil. Der nun folgende Auszug ist dem Buch entnommen, das das
letzte einer Serie zu sein scheint, Del Paseíllo al Arrastre: Die lidia und ihre Evolution, in dem er sich der Funktion des zweiten tercio widmet. (TW)
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Der peruanische Schriftsteller
Felipe Sassone sagte, dass das tercio de banderillas so schön sei, wie es
unnütz ist. Der Humorist Álvaro de la Iglesia hatte denselben Eindruck. Die
Schreiber gelangten in ihrem Enthusiasmus, für die banderillas einen Nutzen zu
finden, zu der Schlussfolgerung, dass sie den toro befähigten, nach der suerte de varas Kraft zu schöpfen. Deshalb wurden die banderillas für lange Zeit als
'avivadores' angesehen. Es schien denjenigen, die dieser Ansicht waren, dass
der Stier seine Energie erneuerte und durch das Jagen der banderilleros in
seinem Mut gestärkt wurde. Alle stimmten darin überein, dass das tercio de banderillas nützlich war, um den toro in die Lage zu versetzen gemütlich einen
Spaziergang zu machen. Dieses Konzept kam in der Tat schon in den tauromaquias
von Pepe Hillo und Paquiro vor. (Obwohl, wie jeder weiß, diese toreros nicht
die Autoren waren - Pepe Hillo war des Lesens und Schreibens unkundig, während
Paquiro ein Mann war, der eher der Tat als dem Schreiben von Buchstaben zugeneigt
war. Sie wurden von den aficionados José de la Tixera und Santos López Peregrín
'Abenámar' geschrieben. Die banderillas befähigten diesen beiden zufolge den
Stier Sauerstoff aufzunehmen und seinen Angriff zu verbessern.)
Suerte de varas |
Oft wird gesagt, "Der Stier
rafft sich während der banderillas auf". Ich glaube solche
Behauptungen nicht. Wir könnten ebenso gut sagen, es habe eine mangelhafte
Beurteilung der Züchtigung, die dem Tier während der suerte de varas zugefügt
wurde, vorgelegen. Der Stier sei crudo geblieben und dies manifestiere sich in
der starken Verfolgung der banderilleros. Auf jeden Fall ist das, was
gewöhnlich passiert, das Gegenteil, nämlich dass der Stier viel mehr Züchtigung
in den varas erhält als er tatsächlich braucht. In diesem häufig auftretenden
Fall zeigt sich, dass die Theorie, dass die banderillas dazu dienen den toro zu
beleben, Blödsinn ist. Ist in den varas erst einmal Züchtigung erteilt worden,
beleben die banderillas nichts: Tatsächlich verschärfen sie die Situation bis
zu dem Punkte, an dem der matador um den Wechsel des tercio bittet, bevor das
dritte Paar Stöcke gesetzt worden ist, um das Rennen und die Arbeit mit der capa, die
das mit sich bringt, zu vermeiden - in anderen Worten: um weitere Züchtigung zu
verhindern.
Wenn keiner an die Idee, dass
die banderillas dem Stier helfen sich zu erholen, glaubt, warum wird diese
Theorie auf so lästige Weise immer wieder in allen Abhandlungen zu diesem Thema
wiederholt? Wegen der Besessenheit, die Schriftsteller haben, für alles einen
Grund finden zu müssen. Der Schriftsteller findet, wie der Wissenschaftler, den
Zufall langweilig und hasst Dinge, die zufällig passieren. Er hat ein
anmaßendes Bedürfnis, die Teleologie [Auffassung, nach der Ereignisse oder
Entwicklungen durch bestimmte Zwecke oder ideale Endzustände im Voraus bestimmt
sind und sich darauf zubewegen] auf alles, was mit dem Menschen und der Natur
zu tun hat, anzuwenden. Ich weiß gut, wovon ich spreche - nach Erklärungen für
Zufallsereignisse zu suchen, ist eine meiner großartigsten Beschäftigungen
(eine fruchtlose Beschäftigung, denn keine Schlussfolgerung ist
zufriedenstellend und ein neues Zusammenprallen von Zufällen las tira por tierra).