Montag, 18. Mai 2015

Der Sommer kommt ... die Touristen auch

Wenn Stierkampf nicht gleich Stierkampf ist.
Wie Stierkampfmanager an das Geld der Touristen wollen
Vorsicht ... es kann teuer werden
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von Philip de Málaga

Der Sommer kommt, und mit ihm die Touristen. Dass der Stierkampf eher nicht für die Touristen ist, dürfte dem SfA-Leser weitgehend bekannt sein (siehe auch dazu Der grosse Irrglaube: Stierkampf sei für den Tourismus!).

Wie in fast jeder Branche, es gibt sie auch in der mundo taurino: Die schwarzen Schafe. So versuchen immer noch eine Handvoll empresarios (Manager von meist kleinen oder unrentablen Plaza de toros) in touristisch intensiven Zonen an das Portemonnaie der Urlauber zu kommen. Dagegen ist ja auch grundsätzlich nichts zu sagen, doch was die Touristen dort für viel Geld geboten bekommen übersteigt schon jede Unverschämtheit. Oft sind es nur zwei bis vier Jungstiere, manchmal Kälber an denen sich meistens nicht professionelle Amateure oder Jungstierkämpfer üben können. Solche Veranstaltungen dauern in der Regel eine knappe Stunde. Zum Vergleich, ein klassische corrida de toros geht über zwei Stunden und mehr. Was eine so genannte klassische corrida de toros ist,  wird auf dem folgenden cartel klar dargestellt:

Ankündigung einer richtigen corrida de toros mit echten toros bravos!

Eher für Touristen
Und genau da liegt das Missverständnis. Eine corrida sei ein richtiger Stierkampf. So will man es den Touristen vorgaukeln. Und das stimmt eben nur teilweise. Denn eine klassischer Stierkampf mit professionellen matadores de toros und ausgewachsenen toros nennt sich eine corrida de toros. Touristen werden nun getäuscht indem man zwar das Wort corrida verwendet aber mit einem anderen Anhang, wie zum Beispiel links in dem cartel zu erkennen: Grosse Corrida de novillos sin picadores. Also ein festejo taurino in dem es zunächst keine ausgewachsenen toros gibt, sondern Jungtiere, und zum anderen hat diese Veranstaltung jeweils nur zwei Teile, weil die berittenen picadores, die Lanzenreiter, das erste tercio einfach weggelassen werden. Hinzu kommen ziemlich überhöhte Eintrittspreise (Eine Familie mit zwei Kindern kommt locker auf 200 Euros!) und solche Veranstaltungen dauern gerade mal eine Stunde. Wenn überhaupt.

Hier an der Costa del Sol sind es vor allem die Plaza de toros von BenalmádenaTorremolinos, Mijas und Marbella die an das Geld der Touristen wollen. Fairerweise sollte man aber noch hinzufügen, dass in Marbella und Torremolinos auch gelegentlich richtige corrida de toros und novilladas organisiert werden. Meistens zur Zeit, wenn sie ihre Volksfeste, die ferias feiern.

Stierkampf und Flamenco

Um die Touristen noch mehr zu locken, haben sich die Veranstalter etwas Neues ausgedacht. ¡Dos en uno! Zwei in Einem! Flamenco und Stierkampf. Dabei wollen sie suggerieren, dass man dabei sogar noch Geld sparen könnte, denn schliesslich werden zwei Veranstaltungen zum Preis von einer angeboten. Doch dem ist nicht so. Statt in einen dritten und/oder vierten Stier zu investieren engagieren sie eine günstigere Gruppe die Flamenco vorführt, Amateure die noch vor dem Stierkampf im ruedo für 20 bis 30 Minuten ihr Bestes geben. Manchmal kosten sie sogar gar nichts, weil es sich um Schüler irgendwelcher Flamencoschulen handelt, die ihre öffentlichen Auftritte ein wenig üben dürfen. Ambiente kommt dabei auf jeden Fall nicht auf.

Kompletterweise sollte man hinzufügen, dass es auch corridas flamencas gibt. Dabei handelt es sich um professionelle corrida de toros, bei denen der matador de toros während der faena mit dem toro von einem Flamencosänger begleitet wird. Dort wird also der paso doble durch Flamenco ersetzt. Nicht selten finden solche corridas flamencas zur späten Stunde statt, so ab 20 Uhr und später.

(Foto: Das deutsche Lexikon des Stierkampf, Boris Kahl)
Die Einheimischen dürfen umsonst rein

Kaum zu glauben aber war! Denn die tendidos lassen sich mit den Touristen allein kaum füllen. Ein Beweis dafür, dass es nicht die Touristen sind, welche die plazas füllen. So teilte mir ein Mitarbeiter des cosos von Benalmádena mal mit, an so einem Tag verkaufen wir an die 200 bis 500 entradas. Die Menschen gehen natürlich in der 3.600 Personen fassenden plaza de toros vollkommen unter. Und um eine gewisse Stimmung zu garantieren werden zahlreiche invitaciones, also Einladungen unter den Einheimischen verteilt. Im Mijas wird das anders geregelt. Zunächst werden auf der Seite der sol, also wo die Sonne scheint, die viel Geld zahlenden Touristen eingelassen. Dann öffnet sich kurz vor Beginn der Veranstaltung das Tor zum sombra (dem Schattenbereich), der bis jetzt leer oder kaum besetzt war und eine Menge Einheimischer lässt sich auf den noch freien Plätzen nieder, ohne auch nur einen Cent gezahlt zu haben.

Vorne in der Sonne die zahlenden Touristen,
hinten im Schatten die Einheimischen, welche nichts zahlen.

Preise die es in sich haben!

Hier ein paar Beispiele:

Marbella:
GRAN CORRIDA DE NOVILLOS SIN PICADORES
Stiere: Novillos (*1)
Toreros: Jesus Torres und Juan Reyes
Barrera Sombra: 85 €
Barrera Sol: 65 €
Tendidos: 50 bis 65€


Benalmádena:
GRAN CORRIDA DE NOVILLOS SIN PICADORES
Stiere: Erales (*2)

Toreros: Juan Antonio Valverde und Pablo Hernandez
Barrera Sombra: 90€
Barrera Sol: 75€

Tendidos: 50 bis 65€

Benalmádena
CORRIDA DE NOVILLOS SIN PICADORES Y ESPECTÁCULO FLAMENCO
Stiere: 3 Becerros (*3)
Toreros: Jimenez Fuentes (novillero), Paco Francisco (rejoneador)
Barrera Sombra: 90€
Barrera Sol: 80€
Tendidos: 45€ bis 65€

Mijas:
2 GRANDES ACONTECIMIENTOS EN UNO
TOROS Y FLAMENCO
Stiere: Ejemplares (*4)

Toreros: José Luís Cabrero, Ivan Menacho, Sanchez Beltran
Barrera Sombra: 95 €
Barrera Sol: 85€
Tendidos: 50 bis 70€

Anmerkungen:
*1 Novillos = Jungstiere bis zu 3 Jahren
*2 Becerros = Kälber
*3 Erales = Jungstiere bis zu 2 Jahren
*4 Ejemplares = Also Exemplare und der Züchter kann hier seine billigsten und schlechtesten Tiere an den Mann bringen. Oder auch umgekehrt, dass der Veranstalter günstigste Tiere wählt um Kosten zu sparen. In der Regel werden becerros, also Kälber eingesetzt, die sich noch nicht novillos nennen dürfen.

Warum so teuer?

Die Erklärung ist einfach. Zum einen sprechen sie zu wenig Urlauber damit an, als dass es lohnend wäre. Zum anderen bekommen die Vermittler (Die Kaufhausketten El Corte Inglés oder Carrefour, Hotels, Reiseveranstalter und Reisebüros) ihr Kommission. In der Regel mindestens 20 Prozent. Die begleitenden Reiseführer werden auch bezahlt und schliesslich will ja auch noch der angeblich kostenlose Shuttle-Service finanziert werden. Und letztendlich muss die plaza de toros ja auch ihre Kosten mit den wenigen entradas decken, damit es lohnend wird.

Oft versuchen vor den offiziellen taquillas private Personen versuchen, ihre entradas zu verkaufen. Diese sollten sie meiden, nehmen sie oft mehr als 20, 30 gar mehr Prozent. Ihre Preispolitik ist ziemlich willkürlich. Es sei denn die Veranstaltung beginnt, und sie sind auf ihren Karten sitzen geblieben, dann könnte es durchaus günstiger werden, wenn die empresa der plaza de toros die entradas nicht mehr zurücknimmt.

Oft finden sich in den Zentren der Städte und Dörfer Verkaufsstände, welche an ein Kasperltheater erinnern. In der Regel sind sie genehmigt und offiziell. Nehmen aber 20 Prozent mehr auf den normalen Preis

Was kann man als Tourist tun?

Eigentlich lautet die Frage, wie erkenne ich als Urlauber eine solche Touristenfalle? Grundsätzlich an den Plakaten. Mit einem Format von ungefähr 30 cm Höhe und ca. 12 cm Breite liegen sie an den Hotelrezeptionen und Reisebüros aus. Und das Erste was einem auffallen sollte, ist der Hinweis “BUS GRATIS - FREE BUS”. Da kann man schon davon ausgehen, dass Touristen damit angesprochen werden. plaza de toros wie Málaga oder Fuengirola, wo es richtige corrida de toros oder novilladas zu sehen gibt haben das gar nicht nötig. Da füllen sich die tendidos von alleine.

Zwar sind solche Plakate nett anzusehen, lassen Sie sich aber dadurch nicht täuschen. Die Stiere sind längst nicht so gross wie dort dargestellt. Auch die toreros entsprechen nicht der Wahrheit. Zu der Veranstaltung in Mijas (siehe links) zum Beispiel ist der bekannte matador de toros Enrique Ponce abgebildet. Der hat gewiss diese Stierkampfarena nicht einmal von aussen gesehen.

Wo gibt es richtige Stierkämpfe?

Um ganz sicher zu gehen, sollten sie eine Tourist-Information aufsuchen und nach einem richtigen Stierkampf fragen, einer corrida de toros, wo eben die Spanier, also die richtigen aficionados hingehen. Hier an der Costa del Sol sind das vor allem Málaga und Fuengirola aber auch gelegentlich TorremolinosEstepona und Marbella. Ansonsten könnte man es mit einem Ausflug in eine andere andalusische Stadt wie Granada, Córdoba oder Sevilla verbinden.

Online hat man die Möglichkeit sich nach den offiziellen carteles beim Portal mundotoro zu informieren: Carteles Taurinos, einfach Ort und Datum eingeben und schon werden die nächsten festejos taurinos in der Nähe angezeigt. Auch Fachzeitschriften am Kiosk wie Aplausos verfügen im Anhang über eine Auflistung der aktuellsten carteles.

Unter Localidad den Ort unter País das Land eingeben 
Wo besorgt man sich die Eintrittskarten?

Und haben Sie dann Ihr Ziel erreicht besorgen Sie sich ihre entradas immer an den Originalschaltern direkt an den Plaza de toros. Das sind meistens kleine viereckige Löcher mit der Überschrift Taquilla.

Ist es Ihr erster Besuch, empfiehlt SfA eine gewisse Distanz zum ruedo. Verfügt die Plaza de toros über Ränge, ist die erste Reihe dort sicher eine gute Alternative. Ansonsten in den normalen tendidos, in den oberen Sitzreihen (filas), damit sie zunächst ihre erste corrida in ihrer Gesamtheit atmosphärisch erleben können.

Ansonsten legt Ihnen SfA nahe sich ein wenig bei der gerade entstehenden Serie Das erste Mal ein wenig schlauer zu machen. Sollten Sie Fragen haben, zögern Sie bitte nicht, sich an das Team von SfA zu wenden. Gerne helfen wir ihnen weiter.