Auf dem Weg durch Spanien, die Tauromachie ist immer präsent!
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von Philip de Málaga
Immer wieder erreichen SfA Anfragen nach dem Hintergrund und der Entstehungsgeschichte der tauromaquia. Was ist das eigentlich genau, die Tuaromachie, wie sie im Deutschen genannt wird, und seit wann gibt es sie?
Die aktuelle dreißigbändige Ausgabe des Cossíos, mit immerhin 21.000 Seiten, verwendet gerade mal vier Worte zur Erklärung: Arte de lidiar toros, also die Kunst mit den Stieren zu kämpfen. Fertig! Nicht mehr und nicht weniger. Der amerikanische Schriftsteller Ernest Hemingway bezeichnet es 1932 als Kunst, Stiere zu Fuss oder zu Pferd zu bekämpfen. Lorenz Rollhäuser spricht von künstlerischen Regeln bei der Lehre vom Stierkampf und Rolf Neuhaus benötigt in seinem Buch gar nur ein Wort: Stierkämpferkunst. Und für den chilenischen Dichter und Schriftsteller Pablo Neruda war die corrida , dabei geht er auch schon mehr in das Detail der tauromaquia als eine Veranstaltung mit toros, ein Fest, Kunst und ein metaphysischer Schrei des Volkes.
Tauromaquia und Kunst, zwei Begriffe die vereint zu sein scheinen. Und so lässt sich die Frage, seit wann der Stierkampf als Kunst zu bezeichnen ist leicht beantworten: Solange es die tauromaquia gibt! Aber … die tauromaquia gibt es noch nicht so lange wie die Stierfeste. Also stellt sich diesbezüglich eine weitere Frage:
Seit wann gibt es eigentlich die tauromaquia?
Bis weit in das 18. Jahrhundert waren die Stierfeste ein unorganisiertes Durcheinander. Ursprünglich durften fast alle teilnehmen und jeder konnte mit den Stieren treiben wozu er Lust und Laune hatte. Ob Bauernjungen aus Andalusien, Schlachterssöhne aus Madrid, Akrobaten aus Navarra oder edle Ritter, die sich hoch zu Ross mit Lanzen im Kriegsspiel übten, es war stets eine heillose Unordnung. Gäbe es heute noch diese Art von Stierfesten, der Stierkampf, die mundo de los toros wär mit Sicherheit schon längst abgeschafft worden. Zwar gab es schon im 13. Jahrhundert Gesetzblätter zur Organisation von Stiergefechten, jedoch bezogen diese sich nicht auf den Ablauf selbst, sondern mehr mit der Veranstaltung im allgemeinen.
Doch das sollte sich ändern. Am 20. Juli 1729 erblickte in Sevilla das Licht der Welt jemand, welcher der erste berühmte torero der tauromaquia werden sollte: Joaquín Rodríguez, bekannt unter dem Namen Costillares. Um 1750 wurde er zum matador de toros, und war der erste bekannte Stierkämpfer, der mit dem Umhang, der so genannten capa und der heute roten muleta kunstvolle Manöver vollführte. Vor allem wird ihm die Erfindung des volapié zugeschrieben, eine Tötungsart, bei der der torero von vorne auf den Stier zugeht. In seinem Schatten eroberte ein weiterer den Torerohimmel: Der ebenfalls in Sevilla am 14. März 1754 geborene José Delgado, genannt Pepe-Hillo. Unter seinem Namen wurde 1796 in Cádiz die erste Tauromaquia o Arte de torear veröffentlicht. Dabei handelte es sich um die erste Systematisierung des Stierkampfs. Der Pöbel wurde aus der plaza de toros entfernt, und professionelle Stierkämpfer übernahmen das Zepter im Rahmen einer klar strukturierten Ordnung, die noch heute grösstenteils ihre Gültigkeit hat. Doch Pepe-Hillo hat das Buch nicht selbst geschrieben, konnte er doch gerade mal, kunstvoll seine Unterschrift auf das Papier bringen. Somit wird als Verfasser der ersten Tauromaquia der Freund des maestros, José de la Tixera gesehen. Dass Pepe-Hillo es damit auch nicht so ernst nahm, zeigt die Tatsache, dass er selbst sich des Öfteren nicht an die Regeln hielt, sobald er die Möglichkeit hatte, auf andere Weise zu Ruhm zu gelangen. Erst der am 19. November 1754 in Ronda geborene Pedro Romero perfektionierte die Tauromaquia und schuf sogar eine eigene Stilrichtung, den schnörkellosen Ronda-Stil, im Gegensatz zur verspielten sevillanischen Schule.
Die toreros Costillares, Pepe-Hillo und Pepe Romero |
Fazit: Wie weit man auch immer die kunstvollen Formen dem Stierkampf, insbesondere der tauromaquia, zuordnen kann, die Anfänge, welche sich in den heutigen corridas widerspiegeln finden sich gegen Ende des 18. Jahrhunderts in Verbindung mit den drei toreros Costillares, Pepe-Hillo und Pedro Romero.
Lorenz Rollhäuser hat es so beschrieben, dass ab diesem Zeitpunkt die toreros mit der Würde einer wissenschaftlich-künstlerischen Disziplin auftraten.
Lorenz Rollhäuser hat es so beschrieben, dass ab diesem Zeitpunkt die toreros mit der Würde einer wissenschaftlich-künstlerischen Disziplin auftraten.
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Quellennachweise:
COSSÍO, Espasa, Calpe 2007, Band 1
EL COSSÍO, Espasa, Calpe 1996, Band 5
Ernest Hemingway, Tod am Nachmittag, Rowohlt Taschenbuchverlag, Reinbek bei Hamburg 1957
Lorenz Rollhäuser, Toros, Toreros, Rowohlt Taschenbuchverlag, Reinbek bei Hamburg 1990
Rolf Neuhaus, Der Stierkampf, Insel Verlag, Frankfurt am Main, 2007
Pierre Imhasly, Corrida, Edition Erpf, Bern 1982