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von José Carlos Arévalo
Übertragen aus dem Spanischen von Dr. Andreas Krumbein
Ohne die anderen, ländlicheren Stierspiele zu
berücksichtigen, sind in Barcelona Stierkämpfe seit dem 16. Jahrhundert
bekannt. Fest umbaute Stierkampfarenen, die eigens für die Ausführung den
Kampfes gedacht waren, wurden erst später gebaut. Ihre Ausbreitung erfolgte von
Süden nach Norden, so wie der Stierkampf selbst. Die erste Stierkampfarena von
Barcelona, die der Barceloneta, wurde im Jahre 1834 errichtet. Offensichtlich
tat dies ein Katalane, der Architekt Josep Fonsere i Domenech. Es war eine
Arena von Bedeutung. Hier wurde zum ersten Male Musik gespielt, zu einer faena
des berühmten matadores Lagartijo; später verbreitete sich dieser Brauch in ganz
Spanien.
Und hier wurde der letzte picador der Romantik verabschiedet, und das
schon in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts, Agujetas, ein picador aus
Tarragona, der in Madrid bei einer corrida zur Feier der ersten Hochzeit König
Alfonsos XII. sein Debut gab. Diese Stierkampfarena, die plaza de toros de El
Torín de la Barceloneta, die alle großen Stierkämpfer des 19. Jahrhunderts
versammelte, machte zunächst der plaza de toros Las Arenas, gebaut im Jahre
1900 von Augusto Font Carreras, den Weg frei, die sich bald, im Jahre 1914, der plaza de toros del Sport unterordnete, auf der man im Jahre 1916 die plaza de toros La Monumental hochzog. Der Bauträger, Pedro Milá, vermietete sie an Pedro Balañá
Ende der 20er Jahre und schließlich verkaufte seine Witwe die Arena Anfang der
40er.
Das erste Mal das ein Paso Doble bei einer faena in Spanien ertönt: Beim matador de toros Largatijo in Barcelona |
Der picador Agujetas |
Mit den Anfängen des vergangenen Jahrhunderts nahmen die mexikanischen matadores die Gewohnheit an, eine erfolgreiche Stierkampfsaison von Barcelona
aus zu beginnen; nur Gaona und Arruza starteten von Madrid aus. Und seit jeher
wurde die katalanische Plaza Monumental von vielen großen matadores als ein
Glücksbringer angesehen: Domingo Ortega, Manolete, Julio Aparicio, Joaquín Bernadó, Chamaco und José Tomás sind Hauptakteure in der Gunst der
Stierkampfbegeisterten von Barcelona. Nur der matador Bombita, der in Barcelona
heiratete und dort starb, hatte ein schlechtes Verhältnis zur Stierkampfpassion
in der Hauptstadt der Grafschaft von Barcelona. Darüber hinaus hatte er
paradoxerweise so viele Anhänger, dass diese Schiffe charterten, um ihn in
Mallorca zu sehen, oder Züge nach Castellón oder Valencia.
Barcelona 1951: Und man sagt, da habe es keine afición taurina gegeben! |
Ich lebte Ende der sechziger Jahre in Barcelona. Und ich wurde dort
Zeuge einer abnormen Situation. Es gab viele corridas, manchmal zwei pro Woche,
und man verzeichnete sehr hohe Besucherzahlen in der Arena. Jedoch konnte man
am darauffolgenden Tag kaum etwas von dem, was sich ereignet hatte, in den
Zeitungen lesen. Damals dachte ich, dass dieses Schweigen der Medien am Ende
die Abkehr von Teilen der katalanischen Gesellschaft von den corridas de toros
befördern werde. Und so war es. Gleichwohl hat die neue Geschäftsführung,
nachdem Pedro Balañá Espinós verstorben war, dieser Entwicklung Schützenhilfe
geleistet. Im Durcheinander der Touristenwelle jener Zeiten, sank die Qualität
der für die Monumental verpflichteten Akteure, die einstmals auf höchstem
Niveau gewesen war, in der gleichen Weise wie die Preise stiegen, mit Freuden
bezahlt von einem ausländischen Publikum. Deswegen sind Katalanen sowie aus den
süd-spanischen Provinzen Eingewanderte und soeben Eingetroffene weggelaufen.
Später erfolgte der eigentliche Gnadenstoss durch das Verbot der
transportablen plaza de toros, die leicht auf- und abgebaut werden können, ein
Verbot, das die Stierkampfprofis Kataloniens kaputtgemacht hat, banderilleros, picadores und Schwertburschen, deren Anzahl ebenso gross ist, wie die derjenigen
Bevölkerungsanteile in Madrid und Sevilla, die sich dort für die Stiere
interessieren. Das Medienschweigen, das zu Gleichgültigkeit geführt hat, tat
den Rest. Zum Schluss blieb nur die Erinnerung, eingeschlossen in
Zeitungsarchive, in denen keiner nachschlägt, die tausendundeins
Stierkampfzeitschriften, die in Barcelona herausgegeben wurden, unter ihnen
Fiesta Brava, eine der besten des 20. Jahrhunderts, und Bücher, die keiner
liest, Bücher über Geschichten und die Geschichte der fiesta in Katalonien und
über wie viele tausend aficionados, konvertiert in Taufbewerber für die
Stierkampfkunst, die sich wohl daran erinnern, was Barcelona war, die Stadt der
drei plazas, und an ihren Fürsprecher, das Tarragona von Moyita.
Der matador de toros José Tomás bei seinem letzten Auftritt in Barcelona |
Wen interessiert es, zum Beispiel, sich daran zu erinnern, dass es in
den 20er Jahren mehr als 125 Flamenco-Bühnen in Barcelona gab?
Wer ist bereit, die afición von katalanischen Politikern, Schriftstellern und Künstlern von Gestern und Heute anzuerkennen? Selbstverständlich nicht die Nationalisten, die sich hinter dem Vorwand des Tierschutzes verschanzt haben, die in den Stieren ein spanisches Fest sehen und die es nicht wollen oder denen es nicht behagt, sich daran zu erinnern, dass es katalanisch ist seit dem Mittelalter.
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Wer will wissen,
dass in Barcelona während des 20. Jahrhunderts
an Zahl und Qualität mehr corridas de toros gefeiert wurden
als im Rest der Städte auf der Welt?
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Wer ist bereit, die afición von katalanischen Politikern, Schriftstellern und Künstlern von Gestern und Heute anzuerkennen? Selbstverständlich nicht die Nationalisten, die sich hinter dem Vorwand des Tierschutzes verschanzt haben, die in den Stieren ein spanisches Fest sehen und die es nicht wollen oder denen es nicht behagt, sich daran zu erinnern, dass es katalanisch ist seit dem Mittelalter.
Das, was man im Parlament Kataloniens "demokratisch" begangen
hat, ist ein unglaublicher Akt des Kultur-Terrorismus. Mit welchem Recht hält
eine Mehrheit eine Minderheit - wenn es so ist, dass es sich um eine Minderheit
handelt - davon ab, derjenigen Freizeitbeschäftigung zu frönen, die ihr
gefällt? Wie, im Namen welcher Prinzipien, kann man Kunst verbieten, selbst
wenn es sich um die umstrittene Kunst des Stierkämpfens und -tötens, des toreo,
handelt?
In der Monumental von Barcelona für 19.582 Zuschauer gibt es keine toros mehr. |
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Quellennachweis:
La memoria traicionada, aus 6 toros 6, Semanario de Actualidad Taurina, No 840,
3. August 2010, Seite 3: Rubrik: La opinión del director