Samstag, 2. Januar 2016

Unser Stier (3. und letzter Teil)

José Tomás
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von Dr. Andreas Krumbein


José Tomás auf einem cartel vor der plaza de los toros
José Tomás! Mein Star, mein Held, mein Liebling, dem ich fast alles verzeihe, die Weigerung einen seiner Stiere zu töten, die Konzentration auf Konfektionsware, seine Verrücktheit, seine Spleens. Es sind solche Ausnahmeerscheinungen, die der mundo de los toros etwas Besonderes geben, etwas, das über toros, tauromaquia, toreo, corrida und feria hinausgeht, das schwierig, kantig und ärgerlich ist, doch eben auch wunderbar und das eine spezielle Haltung erkennen lässt.

Das lesen der ersten Ankündigung der carteles für die Colombinas 2011, das organisieren des Sommerurlaubs so, dass man zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein würde, und das Bestellen der entradas war Eins. Die neue Regel Nr. 2, deren sträfliche Missachtung mir wohl nie mehr unterlaufen wird, war mir zu diesem Zeitpunkt ja noch nicht ins Bewusstsein gedrungen, und so war in kürzester Zeit alles perfekt vorbereitet.

Die erste corrida nach Aguascalientes in Valencia Ende Juli war im 6toros6 gut besprochen worden und meine Erwartungen hoch. Sie waren zu hoch.

Die erste Irritation war die sehr luftig sitzende taleguilla, als wäre sie eine Nummer zu gross gewesen.

Es kam mir so vor, als würde viel schiefgehen.

Missglückter Abschluss einer Serie von chicuelinas: Versuch einer revolera?    
Bis auf weniges war ich mit nichts zufrieden und enttäuscht. Die Stiere schlecht? Der Mann noch nicht wieder voll in Form? Ich selbst zu fordernd und mit falschen Vorstellungen? 

Alles gut gegangen - diesmal
Und die manoletinas con el compás abierto, die in den Kritiken am nächsten Tage in einigen Zeitungen als sehr persönliche, frische Neu-Interpretation von ganz besonderer Ästhetik gepriesen wurden, erhärteten in mir den Verdacht, dass die körperliche Konstitution von vor Aguascalientes noch nicht wieder vollständig wiederhergestellt war. Und die seelische?
Manoletinas con el compás abierto

Nun denn, auf ein Neues! Ein seguidor bleibe ich natürlich.


Der matador de toros José Tomás in Huelva, beim ersten tercio
Vuelta al ruedo beim zweiten toro des tarde de toros

Unser Stier

Die kleine Feria
Parallel zu den Colombinas findet in einem Nest an der Mündung des Río Odiel die örtliche feria statt, in Mazagón. Wenn die Colombinas in etwa so sind wie das Maschseefest in Hannover, dann ist die feria von Mazagón so wie die Kirmes in Altwarmbüchen.

   
Die Karussells sind solide, eiserne 50er-Jahre-Konstruktionen, die das sentimentale Herz eines alternden Vaters höher schlagen lassen, der fino ist sehr großzügig – mit Berg – eingeschenkt, die ración patatas fritas (Portion Pommes Frites) von enormer Größe, so dass ich helfen muss, denn die Tochter bleibt bei ihrer Linie und isst immer noch wie ein Vögelchen. Die Atmosphäre ist familiär und vermittelte den Eindruck, als würden ausländische Touristen Mazagón nur selten aufsuchen, und ich fühlte mich besonders gut behandelt.

Mazagón hat ein Apartment-Hotel, das es dem aficionado nahelegt, das Fleisch der Stiere vom Vortag in der kleinen, gut ausgestatten Küche selbst zuzubereiten und in grossen Mengen zu sich zu nehmen. Und so haben wir es getan.

Nachdem Doña Jimena vom schwarzen Wagen mit den getönten Scheiben abgeholt worden war, fuhr ich mein Fleisch – solomillo, kein Suppenfleisch! – nach Mazagón und bin bis heute stolz auf die großartige Qualität der Ware, auf die Leistung des Koches, auf meine Frauen, die mit größtem Appetit mein Werk genossen und es lobten. Vor allem bin ich stolz auf meine Tochter, die seit dem bis auf den heutigen Tag im Falle von gutem Rindfleisch das Essverhalten eines Vögelchens ausgetauscht hat gegen dasjenige grösserer, gefrässigerer und hungrigerer Tiere.

Ist das jetzt unser Stier?
Wie meinen?
Ob das jetzt unser Stier ist?
Ja sicher!

Unser Stier