Für die einen ist es elegant, gar Apotheose,
für die anderen hat der Smoking nichts in der Plaza zu suchen
für die anderen hat der Smoking nichts in der Plaza zu suchen
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von Philip de Málaga
(Fotos: mundotoro)
(Fotos: mundotoro)
Am vergangenen Sonntag gab es in der plaza de toros von Istres, der Arène du Palio mal wieder einen historischen corrida de toros. Der maestro Enrique Ponce trat dort als espada único vor, erstaunlicherweise nicht ausverkauftem Hause an, obwohl die plaza lediglich 2.700 asientos zählt (überhaupt ist es erstaunlich, dass eine so kleiner coso es immer wieder schafft, carteles de lujo wie dieses oder jenes mit Joselito und Morante de la Puebla aufzubringen). Obwohl es diesmal kein No hay billetes gab, bot der matador de toros aus Valencia seinem Publikum einen unvergesslichen tarde de toros: Die verehrten Leser von SfA kennen sicherlich den fabulösen Ausgang dieses authentischen espectáculos taurinos, oder haben über diesen zumindest gelesen: Oreja, oreja, dos orejas y rabo, dos orejas y rabo simbólico, oreja und oreja! Was für ein festejo, acht orejas und obendrauf gab es beim vierten toro ein indulto.
Bei so viel Euphorie, genügend Gründe um dieses zu zelebrieren. So dachte wohl auch der maestro Enrique Ponce wahrscheinlich auch, als er vor seinem letzten toro das ruedo verliess, und nach kurzer Zeit im schwarzen Smoking das Geschehen wieder betrat. Ein lidia im schwarzen Edelgewand mit seidenem Revers, für viele eine Neuheit in der tauromaquia.
Der diestro der lidia als Dirigent der Symphonie. Es beginnt das Allegro, wenn der toro voller Energie aus dem Dunkeln des toriles stürmt und das Licht des ruedos erblickt. Das abwartende Adagio, wie das Tier wohl auf die erste schmerzliche Begegnung mit der puya reagieren wird, abgerundet durch die Dominante der quites durch den torero. Es folgt das tercio de banderillas, das Menuett, die mittelschnelle bis tanzartige Begegnung zwischen Mensch und Stier. Wo die banderillas die richte Stelle treffen müssen, gleich dem Bogen einer Violine, um dem gesamten Werk seine Perfektion nicht zu nehmen. Und dann kommt es zum grossen Finale, mit all seinen Variationen. Eine Harmonie in schwarz, nur das Tuch als dramatisches Instrument der Bewegung und das sich in der Sonne wiederspiegelnde Blut. Die Spannung steigt, der temple hält den Rhythmus, wirkt beruhigend, die Kunst saugt einen auf. Die Musik klingt einem in den Ohren, die banda taurina stimmt ein Làigle noir von Barbara an, es ergreift einen, el arte del toreo spielt mit den Gefühlen, und der momento de verdad soll dieses bitte nicht zerstören . . . eine estocada entera bringt das Werk zu seinem krönenden, zum triumphierenden Abschluss. Que tarde de toros!
Die puerta grande hat sich Enrique Ponce redlich verdient. Mehr als verdient. Das Tor zum taurinischen Himmel hat sich ihm geöffnet. Dieser Tag wird ohne Frage in die Geschichte der tauromaquia und deren grossen figuras eingehen. Ponce ist Ponce.
Als maestro und auch als Gentleman ist er Willkommen. Doch war dazu ein Smoking notwendig? Gar gerechtfertigt? Andrés Amorós schrieb in der spanischen Tageszeitung ABC: "Das Wesentliche sind nicht die trofeos, weder die música und auch nicht der Smoking - und daran wollen wir uns auch nicht festhalten, obwohl es ein Teil von diesem grossen espectáculo war - sondern weil er ein torero mit aussergewöhnlichen Fähigkeit ist."
Gewiss, gleich einem Artisten hat Ponce in der Arène du Palio ein Schauspiel geboten. Ein Schauspiel, welches er auf seinem cartel, ebenfalls im Smoking gekleidet, ankündigt. "Im Ablauf der corrida ist die Darstellung des Lebens im Tode und die Notwendigkeit des Todes im Leben dargestellt. Mehr noch: Es ist die umfassendste Darstellung des Lebens im Sinne des Theaters", so Rainer Bischof von der Universität in Wien. Und von Orson Welles wissen wir, dass der torero ein Schauspieler ist, dem die Dinge wirklich passieren.
Wir sprechen hier von Realität. Und trägt man im Leben am Nachmittag einen Smoking? Begegnen wir dem Tod im Smoking? Sind wir gewohnt den Smoking überhaupt zu tragen? Spielt der Smoking ein tragende Rolle im Leben? Gibt der Smoking dem toreo eine spezielle Aussagekraft, oder ist es lediglich seine schwarze Farbe, welche die Faszination für die Komposition der Bewegungen auslöst? Ein jeder hat gewiss seine Antworten dafür.
Gerade in der mundo taurino gibt es auch im ruedo eine Kleidungsetiquette. Überhaupt für den Gentleman und torero aus Valencia ist die gesellschaftliche Ordnung und Verpflichtung nicht gerade unbekannt. Er selbst ist ein Teil von ihr. Eingeladen auf königlichen Hochzeiten oder sonstige gesellschaftlichen Anlässen, er ist bestens damit vertraut. Warum also der Smoking? War es Verkleidung oder Ausdruck? War es eine Interpretation von ... ja was eigentlich?
Dabei geht es nicht darum, dass ein torero seinen traje de luces gegen ein anderes Kleidungsstück eintauscht. Das haben schon zahlreiche matadores an anderer Stelle getan, wie die maestros Javier Conde, Finito de Córdoba, der Franzose Sebastián Castella und andere.
Es geht wohl offensichtlich nicht um den Tausch der traje de luces, sondern um die Bedeutung des Smokings. Für einige war es einfach nur elegant, störten sich nicht daran oder fanden es irgendwie passend. Aber erklären konnten sie es nicht. Andere fanden es deplatziert, gar overdressed.
Andrés Amorós kommt einer Erklärung aber ziemlich nah. Im Zentrum der afición sollte und muss das toreo, der Umgang mit den Stieren stehen. Erst wer dieses beherrscht, sollte beginnen sich um die Details zu kümmern. Und in einem stimmen wohl alle aficionados überein. Enrique Ponce gehört schon seit Jahren zur Königsklasse des toreo Ein authentischer maestro auf den man sich fast immer verlassen kann.
Und als Gegenpol gibt es die andere Variante, torear ohne traje wie der populäre matador de toros Cayetano Rivera: