_______________________________________________________________
von Adrian Neville aus Nürnberg
Diesen Sommer habe ich mir einen langgehegten Traum erfüllt: die Ferias von Málaga und Bilbao (die aneinander anschliessen) zu besuchen. Sechs Tage lang am Mittelmeer, dann gleich weiter an den Atlantik. Als Student beneidete ich immer die englischen aficionados in Málaga, wenn sie am letzten Abend der Feria davon erzählten, das es am nächsten Morgen gleich weiter nach Bilbao geht. Málaga ist eine meiner Lieblingsplazas, die schöne „Malagueta“ ist nur circa dreihundert Meter vom Meer entfernt, die Luft schmeckt salzig und über dem ruedo kreisen und kreischen die Möwen Hier habe ich die meisten corridas gesehen.
Die Malagueta liegt nur wenige Meter vom Meer und dem Hafen entfernt. |
Mittags kann man zum apartado gehen und sich die Stiere des Abends aus der Nähe anschauen.
Es ist eine typisch andalusische „Plaza torerista“, daß heisst, die Zuschauer kommen hauptsächlich, um ihre toreros zu sehen. Die Präsentation der Stiere ist dabei oft eher zweitrangig und leider wurde die Arena vor ein paar Jahren – gegen jegliche Vernunft – zu einer Plaza erster Kategorie ernannt. Die toros entsprechen leider oft nicht dieser Kategorie. Die meisten eingefleischten aficionados beklagen diesen Umstand.
Ausgerechnet die erste corrida, mit Stieren von „Partido de Resina“ ehemals Pablo Romero, eine der legendärsten ganaderías überhaupt, war eine riesige Enttäuschung. Selten sah ich so schöne und gut präsentierte toros. Alle auf den ersten Blick „Pabloromeros“, wie aus dem Bilderbuch. Das war es dann aber auch schon. Ausnahmslos alle waren komplett „mansos“. bekam dann auch noch die drei avisos, wegen seiner absoluten Unkenntnis, wie man den „descabello“ anwendet.
Javier Jimenez konnte seinen ersten toro nicht töten und Tausende haben es live am TV mitverfolgt. |
Ein matador de toros darf nicht dermassen stümperhaft damit umgehen. Als würde er es zum ersten Mal machen. Was dann folgte, war irgendwie typisch Málaga: das Publikum applaudierte für die Gesamtdarbietung, so dass er für „saludos“ in den Ring kam. Eigentlich unmöglich und schlechte Kinderstube. (Anmerkung von SfA: Diese corrida de toros wurde live im andalusischen Fernsehsender Canal SUR und international auf Andalucía TV übertragen).
Insgesamt gab es in allen sechs corridas denen ich beiwohnte keine einzige echte „suerte de varas“. Der Stier wurde irgendwie Richtung picador manövriert, der stach dann ebenfalls irgendwie zu und das Publikum applaudierte, wenn der zweite „puyazo“ (der in Plazas der ersten Kategorie vorgeschrieben ist) möglichst schwach war. Ausführung hiervon ebenfalls weitgehend egal.
Das Publikum in der Malagueta ist eben ein Festives, welches ein Spektakel erleben möchte und besonders der matador soll hierbei glänzen.
Es gab keine Puerta Grande (in Málaga schreibt das neue reglamento taurino vor, dass ein matador dos orejas von einem Stier bekommen muss. Eins und eins reicht nicht aus. Auch dies ein ziemlicher Unsinn, mit den man den aficionados keinen Gefallen tut). Joselito Adame, der mir immer besser gefällt, bekam bei der endlosen, da „8stierigen“ Corrida Picassiana nämlich eins und eins, doch musste die Plaza leider zu Fuss verlassen. Er wird immer feiner in seinen Manövern, technisch immer perfekter, ohne dass es kalt wirkt. Vor ein paar Jahren sagte mir sein toreo noch gar nichts, doch die letzten Male hat er mich absolut positiv überrascht.
Joselito Adame konnte überzeugen: Dos orejas. |
An jenem Nachmittag wuchs auch „Fortes“ über sich hinaus. Keine „Kamikaze Aktionen“, sondern ein phantastisches und sehr inspiriertes toreo a natural. Ganz besonders in der Ausführung. Hoffentlich bleibt er auf dieser Linie. Er hätte die dos orejas verdient und hätte sie vor einigen Jahren, als Málaga noch zweite Kategorie war, auch sicherlich bekommen.
Der Lokalmatador Fortes konnte mit seinen ruhigen pases naturales überzeugen. |
„Cayetano“, der ebenfalls nicht zu meinen Favoriten zählt, hatte einen phantastischen Auftritt. Die „Malagueta“ beflügelt ihn scheinbar immer wieder. Immerhin war es eine der Lieblingsplazas seines legendären Großvaters.
Ponce einfach ein Meister, un verdadero maestro... Jedes Manöver stimmt, er „kann“ mit beinahe jedem Stier. Seltsam hier aber die Tatsache, dass einer der zweifellos grössten matadore aller Zeiten, seit 26 Jahren ganz oben, der alles doppelt und dreifach erreicht hat, es nicht schafft Plazas auszuverkaufen. Woran liegt´s? Ist es inflationär?
Stets eine der ganz grossen figuras: Der maestro Enrique Ponce |
Nach den toros in die Cafetería Bar Flor mit Blick auf die Plaza de toros La Malagueta |
Denkwürdig „Morante de la Puebla“, der es schaffte, an zwei Nachmittagen insgesamt vier „broncas“ zu kassieren. Inklusive drei avisos. Er versuchte den descabello nicht einmal. Mit dem typischen, angewiederten „Morante“ Gesichtsausdruck, die Arme verschränkt, liess er einen aviso nach dem anderen verklingen.
Insgesamt war es wieder sehr schön in Málaga. Auch die tägliche Runde nach der corrida in der „Bar Flor“ ist fast noch die selbe, wie vor fast 20 Jahren, als ich erstmals in Málaga war.
Am nächsten Morgen ging es dann in das Baskenland.
Fortsetzung folgt am nächsten Sonntag.