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von Hans-Jürgen Döpp
Es geht mir
nicht darum, den Stierkampf argumentativ zu verteidigen. Es geht mir um eine
Analyse der Mentalität des Briefeschreibers sowie vieler Anti-Taurinos.
Ob man für
oder gegen den Stierkampf Partei ergreift: Man kann sich intellektuell mit
dieser Thematik auseinandersetzen. Die Schreiberin der Mail umgeht aber eine
Auseinandersetzung, indem sie von vornherein alle aficionados als „wenig
intelligent, primitiv und asozial“ diffamiert. Wer derart in eine Diskussion
einsteigt, begibt sich von vornherein der Chance, die Argumente des Gegenübers
wahrzunehmen. Es ist ein sich selbst abschottender, autoritärer Gestus, der –
quasi selbstbefriedigend – sich nur in seiner eigenen Emotionalität suhlt und
darin eine krude Selbstbestätigung erfährt. An „Wahrheit“ ist man nicht
interessiert.
„Bildung,
Empathie und Verstand“, die sie bei den aficionados vermisst, sind bei ihr
selber vergeblich zu suchen. Schon dass sie „toreros“ mit zwei r schreibt
(torreros), darf vermuten lassen, dass sie vom Gegenstand ihrer „Kritik“ keine
Ahnung hat.
Madrid an nur einem (von über dreissig im Jahr) tarde de toros: 24.000 aficionados, toreros und andere Helfer, alle ohne Bildungsniveau, Empathie und Verstand? |
Von „dumpfer
Mentalität“ sind ihr die Anhänger des Stierkampfes. Was aber ist dumpfer als
der naive Rekurs auf die Plattitüde von der „Unschuld der Tiere“?
Damit aber
wähnt sie sich auf der besseren Seite der Menschheit, verrät ihre Pose aber
durch menschenverachtende Äusserungen, in denen sie den aficionados und toreros die Menschenrecht abspricht! Es fehlt, dass sie von „Untermenschen“ spricht, um
Bezüge zum faschistischen Denken zu verdeutlichen. Zu diesen gehören für sie
nicht nur die Gitanos, die der dunklen Seite der Geschichte zugeschlagen
werden, einer „Kultur der Urmenschen“, sondern auch die „lächerlichen,
kleinwüchsigen und feigen Gestalten der toreros. Aus dem Kontext
antisemitischen Denkens kennt man solche Charakterisierungen allzu gut! Alles
Negative, das man in sich selbst empfindet, wird nach außen „externalisiert“,
in „den anderen“ projiziert! So gelingt es, sich selber als „Gutmensch“ zu
stilisieren.
„Dumpfe
mentale Proleten“ seien die aficionados. Hemingway, Picasso, der
Nobelpreisträger Mario Vargas LLosa – dumpfe Proleten?!
Schon ihre
Abwertung der spanischen Politik und Kultur verrät eine grenzenlose Verachtung
und Aggressivität; lässt sich das, was sie über die Situation der Schulen, des
Kanalsystems und der Strassen nicht auch auf manche deutsche Verhältnisse
übertragen?! Den „normalen Europäer“ befalle ein Würgreiz, - womit sie die
Spanier aus ihrem – und unserem - Europa ausschließt! Ihre heftige
idiosynkratische Abneigung bestimmt ihre gesamte Argumentation. Ihre Abwertung
der anderen Kultur lässt auf einen Ethnozentrismus schließen, der die
Überlegenheit der eigenen Kultur
betont. Doch gegen eine Grille im Kopf lässt sich nicht argumentieren.
„Wir werden
nicht wegsehen…“, „Wir können uns sicher sein…“: Nein, sie steht nicht alleine
mit ihrer Grille, sie versichert sich, um ihrer Position Gewicht zu verleihen,
der Zustimmung einer vagen Allgemeinheit: die der „Normalen Europäer“ und der
„Gutmenschen“. So zementiert sie ein dichotomisches Weltbild: die Bösen gegen
die Guten. Dahinter verbirgt sich ein Potential antidemokratischer
Einstellungen, das schnell eine Nähe zum faschistischen Denken erlangen kann.
Der gesamte
Argumentationsstil der Schreiberin mutet triebhaft-aggressiv an: ein redundantes
Hadern mit den immer gleichen destruktiven Vorwürfen.
Sie aber schwenkt
die reine Fahne der Unschuld, die
ein gefährliches Denken kaschiert. Wehret den Gutmenschen!
________________________________________________Über den Autoren:
Hans-Jürgen Döpp ist Pädagoge, Kultursoziologe, Kunstsammler und Autor aus Deutschland. In dem Link von aspasia wird unter anderem auf sein Werk "edition de lœil" hingewiesen.