Samstag, 28. Juli 2012

Für den Stier ein rotes Tuch?

Über die Geschichte der muleta

Die beiden wohl bekanntesten Werkzeuge für den Stierkampf stellen der espada und die muleta dar. Besonders jenes rotes Tuch das um den espada gewickelt wird um den toro zu locken, ihn zu führen, und ihm mitzuteilen wo er sich hin bewegen sollte. Wir alle kennen den Ausspruch mit dem roten Tuch. Er ist für mich wie ein rotes Tuch, heisst er im Volksmund. Und ist er es? Ist der matador de toros für einen toro ein rotes Tuch? Ist es die rote Farbe, die das Tier schon von weitem wahrnimmt, anvisiert um dann anzugreifen?


Ein jeder der ein erstes Mal mit der Welt der toros konfrontiert wird, denkt, dass es die rote Farbe ist, die den Stier reizt. Ärgert dieser rotgefärbte Stoff den toro dermassen, dass er beginnt draufloszugaloppieren? Er nimmt nichts wahr, keine Menschen, keine Bäume, nur das rote Tuch?

Denkmal von Antonio José Galán in Fuengirola (Málaga)
Ein recht populärerer Irrtum. Denn die Stiere sind wie alle Rinder für die rote Farbe absolut unempfänglich, weil ihnen dafür in der Netzhaut die Vorraussetzungen fehlen, jene Zapfen für das rote Licht. Der toro ist also "rotfarbenblind". Dementsprechend folgt er nicht der Farbe sondern der Erregung des Tuches, der leidenschaftlichen Führung des Stoffes durch den matador.

Ursprünglich waren diese heute roten Tücher in weisser Farbe gehalten. Aber über die Entstehungsgeschichte und die Entwicklung der muletas weiss man relativ wenig. Man kann davon ausgehen, dass die Entwicklungsphase zwischen den poetischen Zeilen von Eugenio García Baragaña um 1750 und de tauromaquia von Pepe Hillo (1754 bis 1801) aus dem Jahr 1794 anzusiedeln ist. Vor allem Joaquín Rodríguez Costillares (1743 bis 1800) wird es zugeschrieben, den Gebrauch der muleta gefördert und sie auch artistisch mehr eingesetzt zu haben. Früher hiessen sie noch muletillas und waren auch kleiner gehalten, dienten sie doch vorwiegend nur dazu den toro abzulenken. Mit der Kunst den Stier zu führen vergrößerte sich auch das Volumen der muleta. Erste bunte muletas tauchten Ende des 19. Jahrhunderts auf.  Toreros versuchten mit verschiedenen Farben die toros zu reizen. Die Farbblindheit war zu jener Zeit noch unbekannt.  

Es gibt Zeichnungen, zum Beispiel von Costillares mit einer blauen muletaRafael Molino Sánchez, alias Largatijo (1841 bis 1900) soll einer der ersten matadores gewesen sein, der mit einer roten muleta agierte. Welche Beweggründe er dafür hatte scheint nirgends schriftlich festgehalten gehalten zu sein.

Heute bekommt die afición gelegentlich wieder die muleta blanca zu sehen. Zum Beispiel dieses Jahr in Nimes mit dem matador de toros Juan José Padilla. Oder Javier Conde in Málaga:



Und es war der torero Francisco Arjona Herrera alias Cúchares (1818 bis 1868) der feststellte, dass die muleta sich bei aufkommendem Wind ungünstig verhielt und das untere Ende mit einem Knoten zusammenband und darin einen Stein versteckte. Dadurch wurde die muleta schwerfälliger.