Dienstag, 17. September 2013

So sieht das Gesetz die indultos

Die offiziellen Regelwerke für die Stierkämpfe bestimmen ziemlich eindeutig 
wann ein Begnadigung eines Stieres erfolgen kann und sollte
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von Philip de Málaga

Im Artikel 83, Absatz 1 des spanischen und in Artikel 60, Absatz 1 des andalusischen reglamentos taurinos wird ziemlich klar festgehalten, dass ein indulto nur dann gerechtfertigt sei,
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... wenn ein res mit seinem tierzüchterischem Charakter 
und einem exzellenten Verhalten 
allen Phasen der lidia folgt, ohne Ausnahme, 
besonders bei der suerte de varas
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Die Betonung liegt hier eindeutig auf zwei Punkten: Zunächst einmal die Hervorhebung das der Stier "allen Phasen" der lidia zu folgen hat, welches meint, die toreros müssen dem res auch die Möglichkeit eröffnen dieses zu tun. Es wird damit aber auch angedeutet, dass das res auch allen Aufforderungen mit capa und muleta ohne zu zögern nachgehen muss. Ohne Ausnahme! Zögerliche Angriffe eines toros dürfen nicht mit einem indulto belohnt werden. Besonders im letzten tercio bei der Arbeit mit dem matador, erkennt man, ob nach den Prüfungen mit der pica, das Tier ein indulto verdient hat oder eben nicht.

Hier wird einem auch der zweite Punkt bewusst, die Wichtigkeit des tercio de varas. Dieses Drittel dient nicht dazu, dem Tier bewusst Schmerzen zuzufügen, sondern bei einem toro bravo tritt genau das Gegenteil ein, Adrenalin und Beta-Endorphine sorgen dafür, dass der toro eben an bravura dazu gewinnt und sich nicht davon abhalten lässt weiterhin anzugreifen. Das reglamento taurino bezieht dazu eindeutig Stellung.

In anderen Ländern sieht man es ähnlich. Im Land mit der grössten plaza de toros der Welt, in Mexiko lässt man ein wenig Spielraum und erwähnt den indulto im reglamento taurino lediglich ein Mal:
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... wenn ein res mit Tapferkeit, Kraft und Noblesse
während des ganzen Stierkampfes angreift ... 
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Mehr hat man dazu in Mexiko nicht festgelegt. Aber man achte darauf, auch hier wird erwähnt während der gesamten lidia! In Equador, Peru und Frankreich sieht man es ähnlich wie in Spanien.

Wo sich aber eigentlich fast alle einig sind, ein indulto sollte nicht nur in den Händen des Publikums und gar des matadores liegen. Wenn ein matador versucht ein indulto zu erzwingen, so ist dieses definitiv unerwünscht. So darf er auch nicht die tendidos drängen nach einem indulto zu fordern. In Peru ist das sogar im reglamento taurino schriftlich festgehalten.

Zwei Themen am Rande:

Enrique Ponce begnadigt einen toro in Alicante (2009)
(Foto: mundotoro)
Der Meister der indultos dürfte wohl der maestro Enrique Ponce aus Chiva, bei Valencia sein. In den letzten 21 Jahren ist es ihm gelungen 41 toros in sechs Ländern zu begnadigen. Sein erstes indulto erwirkte er 1991 in Quito. In Spanien ein Jahr später, in Murcia, einen toro der ganadería Jandilla. Die plaza de toros mit den meisten seiner indultos, insgesamt fünf, war San Cristobal in Venezuela

Etwas Kurioses entdeckte ich gestern. Der Cossío versteht sich derzeit als grösstes Nachschlagewerk zum Thema der tauromaquia. In dreissig Bänden kann man auf gut 21.000 Seiten alles nachlesen, was man über die mundo de los toros erfahren möchte. Alles? Gerade jetzt beim Thema der indultos wollte SfA erfahren, was der Cossío zu Rechtmässigkeit dieser Begnadigungen schreibt. Grosses Erstaunen beim Team von SfA. Im ersten Band wo das Vokabular für die toros behandelt wird, finden sich weder indulto noch indultar. Auch in den Bänden über die toros oder den Ablauf einer corrida findet sich nichts zu diesem Thema. 

Selbst Ernest Hemingway hat darüber nichts geschrieben.