Mittwoch, 18. September 2013

Toro de la Vega

In diesen Tagen in aller Munde, das Stierfest in Tordesillas, 
bekannt als Toro de la Vega
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von Colin Ernst

Der Stier, zwischen vier und sieben Jahre alt, 500-600 Kilo schwer, wird vom Dorf bis ins offene campo gejagt. Die Jäger sind die Lanzenreiter und auch zu Fuß stellen sich Menschen dem toro entgegen. Das blutige Ritual ist schon über fünf Jahrhunderte Tradition in diesem Dorf. Seit 1980 ist es als Fest mit touristischem Interesse deklariert. 

Das Stiertreiben beginnt im Dorf und sollte festen Regeln folgen. Wenn das Tier die Brücke des Duero überquert und den Platz Cristo de Batallas erreicht hat, dürfen sich die Beteiligten Lanzenreiter und Fußgänger sich ihm in den Weg stellen, ihn umlenken, locken oder stoppen. Sie dürfen ihm allerdings keinen Schaden zufügen, so das reglamento

Noch dürfen sie dem toro keinen Schaden zufügen (Foto: mundotoro)

Kommt der Stier im Campo de Honor an, beginnt das Gemetzel. Das „Torneo de la Vega“. Die Reiter versuchen den Stier mit ihrer Lanze zu töten. Da es sich dabei nicht um geübte rejoneo Reiter handelt, ist das blutige, entwürdigende Schauspiel alles andere als ansprechend. In den Regeln heißt es, das die Reiter, oder auch die Fußgänger dem toro keinen unnötigen Schaden auf der Strecke zufügen dürfen. Auch darf, wenn der Stier am Boden liegt kein Stich mehr ausgeführt werden, der tapfere toro soll in Frieden sterben dürfen. Am Zielort wartet ein professioneller Töter, um das Tier mit einem Stich ins Genick zu töten – „apuntillar al toro“, wie es heißt. 

Der Todesstoss.
Auch dieses Jahr haben Tausende dagegen demonstriert, 84.000 Unterschriften wurden angeblich gesammelt und in Madrid präsentiert. Auch wenn SfA ein Pro Stierkampf Portal ist, muss ganz klar gesagt sein, das ich auch dagegen bin. Einen Stier so zu hetzen, so zu töten, hat nichts mit den encierros wie in Pamplona zu tun. Correbous , toros embolados, den sogenannten Feuerstieren, oder auch sonstige Spektakel dieser Art, lehne ich generell ab. Nichts gegen Jahrhundert alte Tradition, aber das unprofessionelles Töten muss ein Ende haben. Man kann den Stier auch, wie bei anderen Festen üblich, gewaltlos durchs Dorf treiben und ihm an Ende einem Profi (wie zum Beispiel einem rejoneador) gegenüber stellen. Es gibt ein Fest in einem anderen Dorf in Spanien, wo eine große Anzahl Reiter die Stiere durch die Straßen geleiten. Sie bilden praktisch einen Kokon um die Gruppe toros. Das finde ich schön und die Reiter können mit Recht stolz auf sich sein, denn das ist eine Kunst. Natürlich muss man objektiv sein. Wenn der toro de la vega nicht zum Spektakel ausgewachsen wäre, ginge es wahrscheinlich wesentlich gesitteter zu. Pamplona ist ein Beispiel, wie eine fiesta zu einem Multikulti-Besäufnis verkommen kann. Das hat nichts mehr mit Hemingways Erzählungen zu tun, das ist ein Mega Touristenrummel geworden. So läuft es nun auch in Tordesillas, was vermehrt die antitaurinos und fanatischen Tierschützer auf den Plan ruft. Dies zieht dann die Anwesenheit der Gegenpartei an und wird obendrein politisch auf das Gröbste ausgenutzt. 

Doch trotz allen Argumenten, die ich gegen diese Art taurinischer Feiern habe, geht mir das letzte Wort eines jungen Dorfbewohners nicht aus dem Kopf: „Was wollen denn all die Fremden hier, die gar nicht wissen, worum es geht?! Wenn es ihnen nicht gefällt, warum sind sie dann hier?" Eine sehr gute Frage…