Dienstag, 18. Februar 2014

Das erste Mal (2. Teil)

HINWEIS: Die blau-kursiven spanischen Fach-Begriffe
sind mit dem deutschsprachigen Lexikon des Stierkampfs verlinkt.

Wer das erste Mal einen Stierkampf besucht sollte gewisse Punkte bedenken

2. Teil: Vor dem Stierkampf
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von Philip de Málaga



Zeitig ankommen, lohnt sich

In Spanien beginnen zwei Dinge mit ziemlicher Pünktlichkeit. Die kirchlichen Messen und die corridas. Somit ist es empfehlenswert schon zeitig an der plaza de toros zu erscheinen. Und wer es sich einrichten kann sollte auch frühzeitig dort ankommen, allein schon deswegen um das einzigartige Ambiente ausserhalb der plaza geniessen zu können. Die anliegenden Restaurants, Bars und Cafeterías sind gefüllt mit aficionadostaurinos, welche sich voller Inbrunst der bevorstehenden corrida widmen. Da werden die letzten Auftritte der heutigen toreros analysiert, man tauscht sich über die ganaderías aus, man träumt von seinen Favoriten oder schimpft über Versager im ruedo. Man erinnert sich an grosse Momente in der tauromaquia, und die Erwartungen für diesen tarde de toros sind wie jedes Mal in der Regel recht hoch. Auch wenn unbekannte toreros antreten, oder welche, die vom Glück nicht gerade verfolgt werden, die Hoffnung unvergessliche Momente an diesem Nachmittag zu sehen zu bekommen manifestiert sich stets im Unterbewusstsein. Uns so trifft man sich im Vorfeld, erfreut sich dabei spanischer Delikatessen wie den Käse aus der La Mancha, Oliven aus Jaén oder den Serrano-Schinken und mit Bier, Sherry und Wein schmeckt gleich alles viel besser. Man ist nun vorbereitet, die toros können kommen.

Bei spanischen Delikatessen sich auf die corrida vorbereiten
Auch ein Blick auf das Publikum lohnt sich. Gerade in bekannten plaza de toros wie Madrid, Sevilla, Valencia und anderen zeigen sich Prominenz aus Politik, Wirtschaft und Kultur. Elegant gekleidet treten sie auf, bekennen sich als aficionados und man erkennt schnell, die toros sind ohne Frage ein gesellschaftliches Ereignis.

Vor den Toren der plaza selbst versuchen Wiederverkäufer ihre letzten entradas an den Mann zubringen. Offiziell dürfen sie dafür nicht mehr als zwanzig Prozent Aufschlag nehmen, aber gerade bei Touristen und wenn Startoreros antreten schnellen die Preise zügig in die Höhe.

Gelegentlich tummeln sich auch einige wenige antitaurinos im Umfeld der plaza und versuchen die Besucher von der corrida mit lauten Geschrei abzuhalten. Jedoch erreichen sie damit gar nichts, sind sie sowieso nur in einer bescheidenen Minderheit angetreten. Sie dürfen dieses nur mit behördlicher Genehmigung tun, und werden in der Regel durch Polizeieinheiten von den Besuchern der toros abgeschirmt. In Frankreich ist das Demonstrieren in der Nähe von plaza de toros per Gesetz verboten, da auch beim französischen Nachbarn die tauromaquia zum nationalen Kulturgut erklärt worden und somit zu schützen ist.

Es ist Zeit Platz zu nehmen

Es empfiehlt sich ungefähr zehn bis fünfzehn Minuten vor Beginn der Veranstaltung seinen Platz aufzusuchen. Zum einen, um sich erst einmal umzuschauen und zum anderen, im Falle, sollte die corrida schon begonnen haben, gibt es plazas, welche die Besucher während der lidia des ersten toros nicht zu ihren Plätzen lassen, damit andere Zuschauer nicht gestört werden können.

Hat man erst einmal die entsprechende puerta gefunden und die plaza de toros betreten, sollte man sich erst einmal ein almohadilla besorgen, ein Sitzkissen, denn zwei Stunden oder auch länger auf den steinigen asientos in den tendidos zu sitzen könnten unbequem werden.  

Wenn man seinen Platz eingenommen hat sollte man sich die Zeit nehmen, sich zu orientieren. Wenn etwas bei den toros so ganz unspanisch scheint, so ist es die Pünktlichkeit. So sollte man als erstes die grosse runde Uhr auszumachen, an welcher sich der Zeitablauf der corrida richten wird. Diese befindet sich in der Regel ganz oben, unter- oder oberhalb des Daches der andanada, dem obersten Rang, auf der Seite der sol.

Richtet man nun seinen Blick, von der Uhr aus auf die entgegengesetzte Seite des ruedos entdeckt man auf dem Dach die spanische Flagge, gegebenenfalls begleitet von lokalen Wimpeln. Etwas weiter unten, im ersten Rang, dem grada findet sich der palco presidencial. Von dort aus leitet der presidente mit seinen zwei asesores artístico die gesamte Veranstaltung.

In einigen plaza de toros gibt es noch einen palco real. Eine Ehrenloge, welche ausschliesslich für das spanische Königshaus und seine Gäste reserviert ist. Diese ist dadurch gekennzeichnet, dass die Brüstung mit einem dunkelroten Samttuch verziert ist, worauf sich das königliche Wappen befindet. Ist kein Vertreter des Königshauses anwesend, bleibt der palco während der corrida leer.
Etwas weiter links oder rechts vom palco presidencial befindet sich auf den obersten Plätzen die banda taurina, also jene Musikkapelle, welche mit den berühmten paso dobles das festejo taurino begleiten wird. Laut dem reglamento taurino ist die banda taurina so weit weg wie möglich von den corrales zu platzieren, damit die dort wartenden toros durch die Lautstärke der Musik nicht gestört werden.

Kommen wir wieder zurück zur Seite mit der Uhr. Unterhalb von ihr befinden sich jeweils rechts und links ein Zugang zum ruedo. Bei dem kleineren Tor handelt es sich um das toril, wodurch der toro das ruedo betritt. Durch das andere grössere portal, der puerta grande betreten die Akteure mit einem paseillo das Geschehen.

Links: Toril wo der toro eintritt. Rechts: Puerta grande wo die Akteure eintreten
Werfen wir noch einen Blick ins ruedo. Dieser hat in der Regel einen Durchmesser zwischen 45 und 60 Metern. Er wird von einer barrera mit einer Höhe von 1.60 Metern umgeben. Auf dem Sand befinden sich zwei Kreise, meistens in weisser Farbe, manchmal auch in rot. Diese dienen vor allem dem tercio de varas, also jenem Drittel der picadores. Die äussere Linie kann der picador überschreiten, sollte er aber nicht. Die Innenlinie zu überqueren ist ihm dagegen vollkommen untersagt. Denn Innenbereich nennt man medios, und vor allem toros bravos verstehen es sich in dieser Zone zu beweisen.

- Fortsetzung folgt

© Philip de Málaga

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