Montag, 10. Februar 2014

La suerte de Tancredo


von Philip de Málaga

Colin Ernst hat über diese suerte in ihrer Reportage "Mestelrich und die Route des Todes berichtet". Was sich mit diesem Manöver verbindet, welches gelegentlich mal verboten worden ist, SfA hat ein wenig recherchiert.
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Don Tancredo
Tancredo López Martín wurde am 29. Juni 1862 im Vorort Grao von Valencia geboren. Sein erstes Handwerk welches er erlernte war der eines Schusters. Doch die Arbeit füllte ihn  nicht aus und er beschloss Mauerer zu werden. Auch hier erfüllte das Übereinanderlegen von Backsteinen nicht unbedingt seine tiefsten Sehnsüchte. Und so wendete er sich einer völlig neuen Welt zu, der arte del toreo. Dort versuchte er sich vorerst als banderillero ohne sich gerade mit Ruhm zu bekleckern. Auf kleinsten improvisierten plazas in unbedeutenden Gegenden übte er sich mit vaquillas. Und mit der zeit gelang es ihm seinen Mut unter beweis zu stellen und seine Gelassenheit deutete an, dass er sehr wohl einiges erreichen könnte.

Doch mit den toros wollte es in Spanien nicht so richtig gelingen. So ging er nach Amerika, wo er unter anderem in Kuba antrat. Dort lernte er den mexikanischen torero José María Vázquez "Orizabeño" kennen, dem eigentlichen Erfinder der suerte de Tancredo. Zu jener Zeit hiess dieses Manöver noch suerte de cajón. Der torero aus Valencia war begeistert und gab nicht auf diese zu kopieren, obwohl Orizabeño bei einem toro mit gleich drei cornadas holte ums Leben kam.

Tancredo arbeitete hart an sich. An Disziplin, Mut und Ausdauer. Und so kleidete er sich in einem hellen Anzug und postierte sich in der Mitte des ruedos auf einen halben Meter hohen weissen Kasten und verschloss seine Arme um den matador de toros Pepe Hillo (1754 - 1801) zu imitieren. Die banderilleros wurden angewiesen das ruedo zu verlassen und sich bewegungslos im callejón aufzuhalten. Auch das Publikum wurde gebeten sich in silencio zu hüllen. Man konnte eine Stecknadel fallen hören.

Das toril ging auf, der toro preschte heraus, galoppierte diagonal durchs ruedo, knapp vorbei an Tancredo der auf seinem Sockel wie ein Denkmal verweilte. Immer wieder umrundete das res die menschliche Säule, ohne sie anzugreifen, doch stets ziemlich nah an ihm vorbei, was ein leichtes Raunen dem Publikum entlockte. Obwohl der toro gelegentlich andeutete, den lebenden wie unbeweglichen Sockel anzugreifen liess er in letzter Sekunde davon ab. Atemlos folgten die Zuschauer dem Spektakel. Nach einer gewissen Zeit zog sich Tancredo zurück und das Tier wurde der Arbeit der cuadrilla mit ihrem matador überlassen.

Die suerte de Tancredo
Ein neues Manöver wurde geschaffen und der maestro erhielt seinen Namen: Rey del Valor, der König des Mutes. Am 19. November 1899 trat er wieder in Spanien an, in Valencia. Mit den toros der ganadería Flores gelang es ihm auch hier zu triumphieren. Einen Monat später, am 30. Dezember 1899 überzeugt er das Publikum in Madrid. Von da hielt ihn nichts mehr aufhalten und alle grossen plaza de toros wie Zaragoza, Barcelona, Sevilla oder Málaga nahmen ihn unter Vertrag.

Bewegungslos auf dem Podest, das Geheimnis einer suerte de Tancredo
Seine erste cogida hatte Tancredo kurioserweise nicht einmal im ruedo, sondern in den corrales, wo er sich den toros mit einer weissen muleta blanca stellte. Aber ausser durch die Luft gewirbelt blieb er unverletzt.

Auch wenn er den toro nicht sieht, muss er bewegungslos verharren.
Weil Tancredo so erfolgreich war, versuchten ihn zahlreiche toreros zu imitieren, mit dem Ergebnis, dass sie fast alle in der enfermería landeten. Es fehlte einfach an dem Mut der Unbeweglichkeit. So wurde die suerte de Tancredo von der Regierung unter Juan de la Cierva 1908 verboten. Zwar wurde dieses Verbot nach einer gewissen Zeit wieder aufgehoben, doch jene suerte erlangte nie wieder die Popularität wie jenes eines Tancredos.

Obwohl auch spanische Philosophen wie José Ortega y Gasset ihm gedachten, Tancredo López Martín starb einsam und vergessen 1923 in einem Hospital in Valencia. Nach seinem Tod versuchten sich noch andere an seiner suerte, vor allem jene erfolglosen toreros welche auf der Suche des Triumphes waren, wie El Cojo Bonifa, Manuel Álvarez, El Arrongatito, El Fideísta und andere. Aber auch Frauen führten die suerte de Tancredo vor, unter anderem seine Ehefrau María Alcaraz welche unter dem Namen Doña Tancreda als Königen des Mutes antrat. 

LINKS: Don Tancredo mit Doña Tancreda, RECHTS: Doña Tancreda