Buchrezension über La muerte - Der Valenciakrimi von Jason Webster
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von Torodora Gorges
von Torodora Gorges
Ich weiß nicht mehr, in welcher Buchhandlung ich dieses
Taschenbuch vor etwa zwei Monaten liegen sah. Schwarz der Umschlag mit weißer
Beschriftung und einem unheimlich
anmutenden Foto von einem undefinierbaren haarigen Objekt, in einem roten
Quadrat das Logo des Verlags. Lange hatte ich keinen Krimi mehr gelesen. - Mit
dem Titel "La Muerte" und dem Hinweis auf Valencia, wo ich gerade im
März diesen Jahres wieder während der Feria de las Fallas war, assoziierte ich
einen Zusammenhang mit der fiesta de los toros. Ich kaufte das Buch quasi
unbesehen und legte es erst einmal zur Seite. Ich wollte es in meinen
Spanienurlaub im September mitnehmen.
José Tomás (Foto: mundotoro) |
Nach kurzem Blättern wurde ich jedoch
neugierig. Der Inhalt dreht sich tatsächlich um toros und toreros. - Ein torero wird ermordet, der
gerade nach jahrelanger Abwesenheit aus den ruedos zum ersten Mal wieder
aufgetreten ist, in seiner Lieblingsarena in Valencia. Der beschriebene
Protagonist, "Blanco" genannt, erinnert an die Vita des matadores de toros José Tomás.
Nur er hat es geschafft, die plaza wieder zu füllen mit einem "lleno".
Er wird gefeiert und verehrt. Natürlich bedient sich der Autor verschiedener torero-Biographien, um von seinem
Akteur "Blanco" ein lebendiges Bild zu vermitteln. Ich stellte
beim Lesen fest, dass mich die Story an sich gar nicht so sehr interessierte.
Obwohl, der Krimi ist spannend aufgebaut, Spuren werden ausgelegt: Der torero sei schwul gewesen - hat ihn ein lover getötet? Mord aus Leidenschaft versus
Tötung aus Geldgier oder Machthunger. Ist ein ganadero oder dessen Sohn
verwickelt in die Mordaffaire? Oder hat ein Kollegen-Rivale ihn beseitigen
wollen?
Ein volle plaza de toros in Valencia |
Ich muss bekennen, dass ich bisher noch nicht einmal Zeit
hatte, ein Drittel des Buches zu lesen. Aber ich bin dermassen angetan von der
Tatsache, dass hier ein Journalist und Schriftsteller, gebürtiger Amerikaner,
aufgewachsen in Deutschlang und England, jetzt in Spanien lebend, das Kunststück vollbringt, den mundo taurino als Hintergrund einer Kriminalgeschichte zu präsentieren, ohne
Oberflächlichkeit, ohne sich
vereinfachender Klischees zu bedienen. - Der Autor hat sich kundig gemacht.
Objektiv schildert er die Szene taurina, frei von Vorurteilen und Arroganz der "politisch
Korrekten". Er lässt taurinos
und antitaurinos zu Wort kommen, sie spielen ihre Rolle und die Positionen
werden deutlich. Respektiert werden beide Seiten. Ich nehme an, vielleicht
wünsche ich mir das aber auch einfach nur, dass der Autor selber kein antitaurino ist. Denn er scheint nicht zu den Journalisten zu gehören, die aus
"political correctness" auf Distanz zum Gegenstand ihres Schreibens
gehen.
Der presidente |
Da gibt es einen Polizeikommissar, der zunächst keine Ahnung
vom und eher eine ablehnende Haltung zum Stierkampf hat. Zufällig muss er aber am Nachmittag des
großen Auftritts von "Blanco" den Vorsitz als presidente bei der corrida einnehmen, und anschliessend
auch die Untersuchung des Mordes durchführen. Er kommt notgedrungen in Kontakt
mit dem mundo de los toros und toreros. Wie er mit Anhängern des
toten toreros, Verehrern, Kollegen
und der afición
generell umgeht, daneben sich auch mit den Gegnern
intensiv beschäftigen muss, ist
interessant zu lesen. Ich bin gespannt, wie der Hauptkommissar Max Cámara seine
kriminalistischen Ermittlungen weiter fortführt. Whodunit?
Jason Webster |
Ebenso neugierig aber bin ich darauf, ob der Autor Jason
Webster seine neutrale Haltung zur Welt des Stierkampfs bis
zur Auflösung des Kriminalfalls beibehält. Wie gesagt - ich habe das Buch noch
nicht bis zur Hälfte gelesen, aber ich bin sehr beeindruckt. Endlich einmal
jemand, der sich richtig Mühe gibt, sachliche Informationen zu verarbeiten. Für
dieses Buch hat sich der Autor in
die tradición taurina versenkt, er hat die Las Fallas studiert (und auch den unerträglichen Lärm dort
angemessen humorvoll beschrieben). - Er hat jedes seiner 24 Kapitel mit einem
klugen Zitat aus Literatur und Sprichwörtern überschrieben. Die Dreiteilung in tercio de varas, tercio de banderillas und tercio de la muerte spricht für eine
intensive Auseinandersetzung mit dem Thema Stierkampf.
Könnte sich in der Objektivität neben dem Kenntnisreichtum
des Schreibenden möglicherweise
eine verborgene Leidenschaft für den Gegenstand ausdrücken? ¿Quien sabe? Wer weiss es schon?