Montag, 6. Juni 2016

El Pana, die Stiere, die Zigarren und der Tod (2. Teil)

Über einen Torero, der hungrig begehrte erfolgreich zu sein,
aber dem Neid seiner Kollegen über Jahre zum Opfer fiel.
Über den Tod des mexikanischen toreros "El Pana".
___________________________________________________________________






von Philip de Málaga
(Fotos von mundotoro, burladerodos, Tertulia "El Pana")


Das er, auch wegen der mangelnden Erfahrung kein Meister war, seine toros zu dominieren, wussten alle. Trotzdem beherrschte er das Zusammenspiel zwischen toro und torero. Er war ein Meister der Langsamkeit in seinen Bewegungen, verstand es mit tief gehaltener Hand die muleta so zu führen, dass aus Stier und Mensch pure Harmonie entstand. Zumindest konnte man dort etwas hinein interpretieren. Manchmal wirkte das Schauspiel zwischen den beiden Hauptakteuren wie in Trance aber immer wieder gelang es El Pana seine Leistung erfolgreich ins Publikum zu transportieren. Es ging schon gar nicht mehr um orejas, um Geld, um Triumphe, es ging um viel mehr. Um das "Seine", um das "Sein".
Ein langsam geführter derechazo
Zum "Sein" eines toreros gehört nicht nur die Begegnung mit dem toro  sondern die gesamte Philosophie des puren Lebens. Es zu geniessen, zu leiden, sich freuen, weinen, hadern, Momente der Einsamkeit, die traurigen Sequenzen bis hin hin zur Ekstase. Eine corrida ist ein Schauspiel des Lebens mit dem unausweichlichen Ende des Todes. Der torero ist ein Schauspieler, sollte es sein. Ein Darsteller der Realität, mit der Begegnung des Todes. Und kaum ein taurino verstand es sich dermassen in Szene zu setzen, wie El Pana. Und er zeigte es gerne, sprach auch darüber, wie über seine Gedanken und seine Handlungen vor einer tarde de toros. Der Dialog mit Gott, seine Zweifel wie die Sehnsucht zum Glauben gehörten dazu.
El Pana im Dialog
Ist es nicht so, dass wir aficionados dazu neigen, vor allem dann, wenn wir unserer afición viel zu intensiv wie leidenschaftlich nachgehen, und die Arbeit der toreros oftmals viel zu technisch, sogar von oben herab wirkend, analysieren? Und genau bei El Pana ist es anders. Nicht seine Technik kommt an, sondern das taurinische Herz wird angesprochen. Die Seele für die mundo de los toros gerät in Bewegung. Für viele aficionados neue Emotionen die begeistern.

Da kommt nun der Mann aus México. Im hohen Alter begreift die weltweite afición was an ihm verloren geht. Man stelle es sich vor, mit 64 Jahren trat er am 6. März diesen Jahres zum ersten Mal als espada único alleine gegen 6 toros 6 an. Eine corrida der Kontraste, wo alles geboten wurde. Von zwei toros devueltos bis zu den orejas, so kontrastreich wie sein Leben.

Und der Tag begann wieder gut, bis zum zweiten toro . . .

Schliesslich kommt der 1. Mai 2016. Eine corrida mixta in der mexikanischen plaza de toros von Ciudad Lerdo (Durango), wo er sich dem novillero Jesús Sotomayor in einem mano a mano stellte. Man setzt es ja geradezu voraus, diese corrida begann ebenfalls gut. Dos orejas. Und dann kam der Augenblick des französischen Brotes, ja, ausgerechnet ein toro (castaño claro und ojinegro) mit Namen Pan Francés begegnete El Pana, dem Panadero, dem Bäcker, und strafte ihn für seine mangelnde Erfahrung mit den toros. Im Galopp kam er daher, Pan Francés hatte seinen enemigo im Visier, El Pana wartet auf ihn an der barrera, der toro schnell, es dauerte nur den Buchteil einer Sekunde, das linke Horn des toros erwischte den matador, beförderte diesen mit einer voltereta in den Sand des ruedos, geradezu gnadenlos knallte er in den Sand hinunter. Da lag er nun, bewegungslos, 64 Jahre hinter sich, der letzte Schritt in seinem kontroversen Leben ist eingeleitet worden.



Die afición war schockiert. Die Medien auch. Sprachen von einer brutalen cogida, einem harten Sturz und Aufprall mit dem Genick im Sand der plaza. Man brauch auf die Dramaturgie der Verwundung, der cornada gar nicht erst eingehen, für El Pana kam genau das was zu erwarten war. Ein Auf und Ab der Gefühle, einen Bangen zwischen Hoffnung und Verlust, zwischen Leben und Sterben, ein Weg welcher den Tod zum Ziel hat. Schon die Ärzte prognostizierten nichts Gutes, gingen ein wenig auf Distanz, wollten den Hoffnungsschimmer nicht zerstören. Da halfen auch die Hilferufe einiger taurinos nichts mehr wie Suerte El Pana. Ihr Nichthinschauen über die Jahre hinweg, können sie damit nicht rechtfertigen. Und dann kam sie die Meldung, mit der mittlerweile doch viele schon gerechnet hatten.
________________________________________________________

"Der matador Rudolfo Rodríguez "El Pana"
verstarb um 18:45 am Donnerstag den 2. Juni 2016"

Dr. Francisco Preciado
________________________________________________________

Aber das Herz und die Seele von El Pana können sich freuen. Die letzten zehn Jahre, eine Zeit der Wiedergutmachung, der Menschlichkeitswerdung eines toreos, eines toreros, eine Lehrstunde für die Gemüter der afición.
Adiós maestro
Seien wir ehrlich, viele von uns haben von ihm wohl hier und dort etwas gehört, gelesen oder auf dem Bildschirm gesehen, ihn bestaunt und auch gelegentlich bewundert, aber die wahre Tiefe, die pure Dimension von diesem torero wurde nicht wenigen erst jetzt bewusst. Seine Ideen konnte er nur ansatzweise umsetzen, erst liess man ihn nicht und dann fehlte es ihm an Erfahrung und an Zeit. Nun brachte ihm sein letzter Auftritt den Ruhm für die Ewigkeit und die Tragödie des Endes zugleich.

Er möge in der Ewigkeit seinen Frieden finden, 
und genauso lang der afición im Gedächtnis bleiben.