Donnerstag, 29. September 2016

Wenn Trump zum Stier wird ...




von Peter Winkler


Die matadora Hillary Clinton begegnet in der Plaza de toros Hofstra in Hempstead dem toro Nummer 001 Donald Trump mit einem Gewicht von 90 Kilo, Jahrgang 1946, von der ganadería der Republican Party. Die corrida wurde weltweit live im Fernsehen übertragen.
Die corrida stelle in ihrem Ablauf ein Abbild des Lebens dar, so bezeichnet es Rainer Bischof in seinem Buch Heilige Hochzeit. Überhaupt erkennen vor allem intellektuelle aficionados de toros, wie Vargas Llosa, Joaquín SabinaRafael Alberto Arieta oder Antonio Gala, in einer wahrhaftigen corrida de toros eine Reflexion der Gegenwart. Oder wie wir gerade vor ein paar Tagen bei SfA lesen konnten, einen runder Spiegel der Menschlichkeit.

So werden auch in verschiedenen Medien immer wieder gerne Vergleiche oder Parallelen zwischen dem Geschehen im ruedo bei einer corrida und der Realität gezogen. Gerade diese Tage konnte man so etwas in der Neuen Zürcher Zeitung lesen.
"Ein Stierkampf stellt in seinen besten Szenen die rohe, ungestüme Kraft des Tieres der intelligenten Eleganz des körperlich unterlegenen Matadors entgegen. Die Parallelen dazu waren in der ersten Fernsehdebatte zwischen den amerikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump und Hillary Clinton unübersehbar. Trump machte gleich zu Beginn klar, dass Angriff und Nachsetzen seine taktische Option war: Er kommentierte fast alles, was seine Gegenspielerin sagte, er unterbrach sie, warf ein, schnaufte und gestikulierte." 
"Nach gut einem Drittel des eineinhalbstündigen Duells wirkte Clinton dem Ansturm nicht mehr gewachsen. Sie verzichtete oft darauf, das Wort, das ihr eigentlich zustand, zurückzufordern. Sie schien kein Mittel zu finden, um sich überhaupt noch Gehör zu verschaffen." 
"Doch mit der Zeit, als Trump in seinem ungebremsten Sturmlauf mehrmals Chancen verpasste ... wandelte sich langsam das Bild. Das Clinton den New Yorker Immobilienmogul weitgehend machen liess, schien immer mehr System zu haben: Sie liess den Stier seine Energie verbrauchen. Sein steter Angriff wirkte zunehmend wie triebhaftes Nörgeln, statt Kraft und Überlegenheit zu verströmen. Er verrannte sich, liess sich von Clinton hierhin und dann dorthin locken und beging schliesslich kapitale Fehler." 
"Sie nutzte den ungestümen Schwung des Angreifers aus, um ihm - scheinbar ohne grosse Anstrengung - harte Schläge zu versetzen."

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Quellennachweis:

Ein Duell wie ein Stierkampf von Peter Winkler, Neue Zürcher Zeitung vom 27.9.2016