Mittwoch, 28. September 2016

Die Tauromachie im Visier von künstlerischem Schaffen (2)

Ein Überblick mit der Frage, kann die Tauromaquia als gestaltende Kulturleistung gesehen werden?  
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von Philip de Málaga



In der Musik: 

Da kommt einem natürlich zuerst einmal der Paso Doble in den Sinn. Nicht umsonst kennt man Ohrwürmer wie España cañi von Pascual Marquina Narro (1873 – 1948). Und so wurden einige Paso Doble zu Nummer Eins Hits in Spanien. Wie zum Beispiel 1912 El gato montés von Manuel Penella Moreno (1880 – 1939). Oder 1924 das berühmte Valencia von José Padilla (1889 – 1960). 
Und was wäre die Opernwelt ohne Carmen von Georges Bizet (1838 – 1875), welche erst, nach dem Tod des Komponisten, bei der Wiederaufführung in Wien 1875 zu einem internationalen Erfolg wurde. 
"Carmen"
Das sich Literatur mit Musik verbinden kann zeigt hier der Llanto por Ignacio Sánchez Mejías mit dem Text von Federico García Lorca (1898 – 1936) und der Musik von Maurice Ohana (1913 – 1992). 
Auch im Flamenco sorgt der Stierkampf für viel Dramaturgie. Ob Gesang, Gitarre oder beides, in Spanien hat es viele bekannte Namen hervorgebracht, wie unter anderem den Sänger Pepe Marchena (1903 – 1976) oder den Gitarristen Manolo Sanlúcar (geb. 1943) der die Magie der tauromaquia mit seiner bekannten Tauromagia (man achte auf das „gia“ statt dem „qìua“) umsetzt. Nicht umsonst ersetzen Flamencomusiker bei besonderen Stierkämpfen den Paso Doble. 

Im Tanz:


Wo Musik ist kann auch getanzt werden. Und da holt uns zunächst der Paso Doble wieder ein. Und werden nicht die Schritte eines toreros und seine Bewegungen nicht öfters mit der von Balletttänzern verglichen? Nichts versinnbildlicht heute mehr den Stierkampf auf der ganzen Welt als dieser Tanz im 2/4 Takt (ursprünglich im 3/4Takt). Seit 1963 gehört er sogar zum Pflichtprogramm der lateinamerikanischen Tänze.

Aber nirgends findet der Stierkampf soviel theatralischen Ausdruck wie beim Flamencotanz. Die ernsthaften bis verzerrten Gesichter, die gespannten Körperhaltungen und die kontrollierten Bewegungen bis hin in das kleinste Detail spiegeln alle Dramatik einer Corrida de toros wieder. Auch öfters mal in Deutschland zu sehen der aus Sevilla stammende Israel Galván (geb. 1973) mit seinem 2004 entstandenen Programm „Arena“. Hier stellt der Tänzer alles selber dar: Den toro, den matador de toros, den banderillero und auch das Leben und den Tod, und zu der Choreographie ließ er sich durch die Zeichnungen „La Tauromaquia“ von Francisco Goya inspirieren. Von Kunst zu Kunst.
Die tauromaquia mit Musik und Literatur tänzerisch dargestellt. Auch das gibt es. Die Poesie Llanto por Ignacio Sánchez Mejías von Federico García Lorca (1898 – 1936) wurde im Jahr vom andalusischen Flamenco Ballet umgesetzt und aufgeführt.
Torodora Gorges, SfA-Leser bestens bekannt, geht auf die Poesie über den tragischen Tod des toreros Sánchez Mejías von Lorca ganz besonders auf ihrer Seite torodoro ein.
Im Film:

Erstaunlich dass bei soviel Dramaturgie, so vielen Tragödien, der Stierkampf beim Film nie so richtig den Durchbruch schaffte. Das liegt wohl auch daran, dass mit dem Medium Film eine sehr breite Masse angesprochen wird, und mit der mundo de los toros eben wohl nicht der angestrebte Gewinn zu finden sei. Hollywood & Co. trauten sich an dieses Thema nicht ran. Doch ein kleiner mexikanischer Junge namens 
Leonardo schaffte es 1956 in dem Film „Roter Staub“ tausende von jungen Zuschauern zum Weinen zu bringen, als sein toro Gitanillo begnadigt worden ist. 

Und noch jemand traute sich in den Vereinigten Staaten an die toros ran. Na ja, zumindest einen toro. Walt Disney verfilmte 1939 das Buch Ferdinand der Stier, wofür er einen Oscar erhielt. Der erste Oscar für die mundo de los toros.
Und in Spanien? Ein paar Billigproduktionen, oft mit Coplaeinlagen vermischt, für den eigenen Markt – das war es eigentlich auch schon.  


Nur der spanische Regisseur Pedro Almodóvar (geb. 1951) wagte den Sprung mit der Thematik des Stierkampfs auf die internationale Bühne. Und mit Erfolg: „Matador“ aus dem Jahre 1986 mit Antonio Banderas. 
2002 gab es sogar einen Oskar für den vielgerühmten Film „Sprich mit ihr“, wo eine Stierkämpferin im Zentrum des Geschehens steht. Der zweite für die mundo taurino.
Dann war wieder Stille. Und erst 2008 wird die internationale Filmgemeinde gleich mit zwei Stierkampfproduktionen überfallen: Im November 2008 wurde in den Vereinigten Staaten der Dokumentarspielfilm „The matador“ mit einem „echten“ matador de toros, dem populären David Fandila „El Fandi“ aufgeführt. 
Und Hollywood mischte sich wieder ins Geschehen und mit Oscarpreisträger Adrian Brody der den legendären Torero Manolete verkörpert, welcher 1947 von dem Miura-Stier Islero in Linares getötet worden ist, sowie der spanischen Schauspielerin Penélope Cruz als seine große Liebe, wollte man grosse Ziele erreichen. Vielleicht sogar den dritten Oscar?  Grosses Kino wurde angekündigt, doch an Passion sollte es wohl fehlen. Manolete - Blut und Leidenschaft:
Und für Dezember erwartet die afición einen Film aus Südamerika, dort wo die toros einen wichtigen Bestandteil bei den fiestas zu Pfingsten spielen:


Fortsetzung folgt!