von Philip de Málaga
Gerade in Anbetracht der letzten Reportagen stellt sich doch mal die Frage nach dem
aficionado. Wann kann man sich als ein solchen bezeichnen? Was rechtfertigt eine solche Betitelung? Wie viel
afición ist dazu nötig. Reicht es aus in den
tendidos zu sitzen?
"Unter einem aficionado versteht man eine Person, welche enthusiastisch die fiesta de toro verfolgt und sie mit einer gewissen Intelligenz technisch erfassen kann. Ein aficionado sei auch jemand, der eine lidia durchführt ohne es professionell zu tun."
Wo beginnt sie, die Leidenschaft?
Wie man es auch immer definieren mag, ein Bezug zu den
toros wird vorausgesetzt. Wobei hier der
Cossío von zwei Gruppen unterscheidet. Dem Zuschauer, dem reinen Beobachter und demjenigen der mit den Tieren auch umgeht, wie zum Beispiel einen
aficionado práctico.
Keine Frage, wer mit einer
capa oder
muleta einem
res gegenüber gestanden ist, kann auf eine ganz andere Weise mitreden, als der, der es nur von den
tendidos aus her kennt. Er kann die persönliche Begegnung zwischen dem animalischen Instinkt, der menschlichen Intelligenz und der entsprechenden Gefahr mit einbringen.
Man geht hier von Formen des Wissens aus. Der persönlichen Begegnung mit den
toros und der Beobachtungsgabe. In beiden Fällen kommt dann noch der zeitliche Erfahrungsfaktor hinzu, sowie das angelesene Wissen.
Und gerade hierbei stellt sich die Frage, wie viel Zeit muss ich bei der nicht persönlichen Konfrontation mit dem Tier dafür aufbringen, um ein richtiger
aficionado zu werden? Muss ich mich täglich mehrere Stunden mit dem Thema auseinandersetzen und lesen, wie viel
orejas es in welcher
corrida gab? Was muss man gesehen, gehört und gelesen haben? Muss man den
Cossío mit seinen 30 Bänden besitzen?
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Sind es die Bücher die zur afición führen? |
Wie im normalen Leben, ist dies eine rein subjektive Entscheidung. Jeder setzt seine Prioritäten und kann diese auch nach Belieben vermischen. Und man kann Leidenschaften entwickeln ohne die Fähigkeit zu besitzen sie ausführen zu können. Zum Beispiel bei Opern. Nicht jeder hat die Stimme eines
Plácido Domingos, kann sich aber trotzdem sehr wohl an einem seiner Auftritte erfreuen. Und je mehr er gehört hat, umso mehr kann er vergleichen, analysieren und Wert schätzen. Nicht anders verhält es sich mit den
toros.
Immer wieder begegne ich Menschen die
corridas besuchen, sich ab und zu eine Zeitschrift wie
6toros6 besorgen, manchmal
TPT oder
Tendido Cero im Fernsehen verfolgen, aber die
toros sind eben nicht nur der
toros Inhalt ihres Lebens. Sie gehören dazu. Nicht mehr und nicht weniger. Und, wenn sie diesen begegnen entfacht sich eine gewisse Leidenschaft.
Es gibt auf der Welt dermassen viele Künste und Kulturen, welche es Wert sind, mit einer gewissen Aufmerksamkeit bedacht zu werden. Und nur weil sich jemand auch noch für eben diese anderen interessiert, sollte er als
aficionado de toros nicht abgewertet werden. Und dazu muss man nicht einmal Spanien verlassen. España hat gewiss mehr zu bieten als nur die fiesta nacional mit ihren toros. Flamenco, Kunst, Geschichte, kulinarische Köstlichkeiten ... die Liste ist recht lang.
Und nicht nur Spanien, wir leben in einer Welt mit einer Vielzahl von interessanten Gegebenheiten. Und ein Tag zählt nun einmal lediglich nur 24 Stunden. Da sind wir gezwungen Prioritäten zu setzen.
Hinzu kommt die Erkenntnis, man kann gerne zu den toros gehen, ohne sich selbst als ein
aficionado zu bezeichnen, so wie es der deutsche Kulturkorrespondent
Paul Ingendaay getan hat. (Siehe
SfA Taurozitat:
Stierkampf bietet eine mächtige Metapher für das Leben selbst)
Wenn es andere besser wissen
In Spanien war es lange ein gewisses Problem, dass so jeder
taurino in seiner eigenen Suppe löffelte. Es fehlte der gewisse Zusammenhalt. Oft war es sogar ein Gegeneinander. Erst das Verbot in
Barcelona brachte Bewegung in die Szene
taurina und man erkannte, erst wenn wir alle unsere Kultur gemeinsam vertreten und verteidigen macht alles zum einen mehr Sinn und man ist auch besser in der Lage diese
cultura taurina einem breiten Publikum besser zu vermitteln. Und so sind es mittlerweile die
maestros selbst, wie die bekannten
matadores de toros El Juli, J
osé María Manzanares,
Alejandro Talavante,
Morante de la Puebla oder
Enrique Ponce die sich für die
mundo de los toros und sogar recht erfolgreich einsetzen. Auch
empresarios sind dabei, zur
afición zu motivieren. Das kulturelle Angebot im Umfeld der
toros ist täglich am wachsen. Sei es in den Städten durch
museos taurinos, durch
clases prácticas in den
plaza de toros oder den Besuch von
ganaderías.
Dann gibt es die unterschiedlichen Betrachtungsweisen, zum einen zwischen Tier und Mensch und auf der anderen Seite die kulturellen, sozialen, gesellschaftlichen und historischen Aspekte, die bei der ersten Gruppe kaum auf Interesse stossen.
Leider lassen sich solche allgemeinen Differenzen auch im Ausland beobachten. So richtig an Zusammenhalt will es nicht gelingen. Da gibt es hier und dort
peñas taurinas, jeder will mehr wissen als die andere und näher am Geschehen sein, verschiedene Webseiten die vorwiegend an den eigenen Besucherzahlen orientiert sind, was ja auch irgendwie nachvollziehbar ist, aber auch hier fehlt es an einem gemeinsamen Vorgehen.
Wo liegt eigentlich das Interesse bei angehenden aficionados?
Bei
SfA stellen wir uns öfters die Frage, wie viel will der Leser eigentlich wissen? Wie viel Informationen möchte er täglich, wöchentlich oder gar monatlich erhalten. Welche Zeit kann und will er aufbringen um die Artikel zu lesen? Ist es für ihn interessant zu erfahren, wie viele
orejas ein
torero gestern wo auch immer bekommen hatte? Hinzu kommt die Kenntnis, wenn einer schon mal begonnen hat sich den
toros zu nähern, beginnt er auch die spanische Sprache zu erlernen, womit er sich viele Informationen aus erster Hand besorgen kann, wie zum Beispiel vom Portal
Aplausos,den
ganaderías oder
toreros selbst Da spielen dann deutsche Portale wie eben
SfA eher eine sekundäre Rolle.
Somit sei hier auch ein wenig der
SfA-Leser gebeten mitzuhelfen und und gebeten uns zu informieren, welche Informationen er bevorzugt er gerne lesen möchte. Was ist für ihn von Interesse? Und Interesse an der
tauromaquia ist da. Die Besucherzahlen bei
SfA zeigen es mit steigender Tendenz, wie auch beim deutschsprachigen Nachschlagewerk dem
Cossío en alemán, wo in drei Jahren an die 84.000 Begriffe nachgeschlagen worden sind.
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Täglich werden 70 bis 100 und mehr Begriffe nachgeschlagen!
Irgendwer muss sich ja dafür interessieren. |
Fazit: Auch im deutschsprachigen Bereich steigt das Interesse an den
toros. Das ist eine Tatsache! Zumindest will man mehr über dieses Thema erfahren. Ob man dann schliesslich zu einem
aficionado de toros wird steht auf einem anderen Papier. Aber eins lässt sich feststellen. Es braucht ein wenig Zeit. Beim Fussball hat man recht schnell den Überblick. Bei der
mundo de los toros dauert es etwas länger. Zu komplex, zu viele Faktoren, zu viel Geschichte und eine Begegnung der besonderen Art. Für viele etwas völlig Neues. Allein schon die Begegnung mit dem Tod, der stets präsent ist. Das macht dieses Spektakel in der modernen Gegenwart einzigartig. Eingebunden in Kunst, Kultur, Literatur ist es ein Teil des spanischen Lebens und etwas ganz Besonderes.
Gerade diese Tage erhielt
SfA von einer leidenschaftlichen
aficionada de toros, hat zahlreiche
corridas besucht, und ohne Frage eine Expertin zu über die
tauromaquia, hat darüber auch einiges geschrieben, kennt persönlich
toreros, ist Mitglied in einer
peña taurina folgende Nachricht: "
Deine täglichen Beiträge lese ich regelmäßig und mit Freude, natürlich schaue ich auch sonst, was in der Welt der Stiere so passiert. Allerdings ist mein Interesse derzeit etwas im Ruhezustand". Ein typisches Beispiel wie es zahlreichen nicht-spanischen aber auch spanischen aficionados so geht.
Die
mundo de los toros ist eine Welt für sich, aber eben nicht die Welt allein. Sondern ein spannender, aufregender wie vielseitiger Teil von ihr.